Frühlingsgefühle sind eine vermehrte Produktion von bestimmten Hormonen – oder vielleicht eher die Sinneseindrücke des Frühlings, die einfach gute Laune machen?
Jeder kennt das, irgendwann einmal hat man den Winter satt. Mal abgesehen davon, dass manche Leute den Winter an sich nicht mögen, reicht es auch denen irgendwann, denen Schnee und klirrende Kälte nichts ausmacht – denn es kommt die Sehnsucht nach wärmenden Sonnenstrahlen und blühenden Wiesen. Im Frühjahr verliebt man sich leichter, man ist glücklicher und zufriedener. Das denken zumindest die meisten, da man doch angeblich Frühlingsgefühle bekommt! Doch gibt es diese denn überhaupt?
Frühlingsgefühle in der Natur
Die Tierwelt erwacht, sobald es wärmer wird, alles kriecht, krabbelt und springt auf die Wiesen und in die Sonne – ob Hase, Reh, Sperling oder Eidechse. Und natürlich beginnt mit dem warmen Wetter und der allmählich wieder reichlich werdenden Nahrung bei vielen Arten die Paarungszeit. Allerdings hat dieses Verhalten nicht nur etwas mit Instinkt zu tun, sondern durch die erhöhte Produktion von Hormonen, die durch das Sonnenlicht und die Wärme verursacht wird. Hierzu gehören die Hormone Dopamin und Serotonin, die wegen der Auslösung von Euphorie und guter Laune auch Glückshormone (Endorphine) genannt werden. Da sich Tiere im Winter häufig in Höhlen oder anderen dunklen Verstecken aufhalten, die Tage kurz sind und die Sonnenstrahlen schwach und hinzu die Kälte kommt, bewirken die Sonne und die schwindende Kälte im Frühjahr eine erhöhte Produktion der Glückshormone.
Außerdem bewirkt die erhöhte Sonneneinstrahlung, dass das Hormon Melatonin sinkt, welches für die Regelung des Schlafverhaltens zuständig ist, und bei geringerer Produktion sinkt auch der Schlafbedarf. Auch Östrogen und Testosteron wird ausgeschüttet, so dass es – wenn man alle Wirkungen der Hormone betrachtet – zur geschäftigen Aktiviät, Glücksgefühlen und zum Sexualtrieb in der Tierwelt kommt. Auch bei Naturvölkern, die den Umweltbedingungen und dem Wetter ausgesetzt sind, kann man die gleichen Phänomene feststellen.
In der zivilisierten Welt
Die Frage, ob die Umstellung von der dunklen, kalten Jahreszeit auf die helle und warme Frühlingszeit Einwirkungen auf den Hormonspiegel der Menschen hat, wird von Wissenschaftlern heftig diskutiert. Dass die selben Phänomene wie in der Tierwelt nach den dunklen skandinavischen Wintern oder bei den Eskimos auftauchen, ist nachvollziehbar. Aber kann man die heutige, zivilisierte und modernisierte Welt mit Licht und Wärme das ganze Jahr hindurch mit dem Leben in der Natur vergleichen? Hier zwei unterschiedliche Meinungen von Wissenschaftlern im Bereich der Endokrinologie (Wissenschaft der Hormone).
Martin Reincke, Sprecher der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie, ist der Meinung, dass eine derartige Umstellung des Hormonhaushalts im Frühling beim Menschen nicht oder besser gesagt nicht mehr vorkommt. Durch die heutige Lebensweise des Menschen ist ein Wechsel der Jahreszeiten durch geheizte Räume und ständige Beleuchtung kaum mehr auszumachen. Reincke zufolge würde sich so die Hormonproduktion selbst beim Übergang von Winter zu Frühling nicht verändern. Die „Frühlingsgefühle“ seien ihm zufolge in der heutigen Zeit eher psychischen Ursprungs, das heißt, dass die Menschen sich auf den Frühling freuen und wegen Sinneseindrücken ihre gute Laune den Glückshormonen zuschreiben.
Günter Stalla vom Münchner Max-Planck-Institut hingegen ist der Meinung, dass im Frühjahr sehr wohl mehr Endorphine und Sexualhormone ausgeschüttet werden und dass das Sonnenlicht mehr Einwirkungen auf den Hormonspiegel hat, wie Reincke sagt.
Egal durch welche Ursache – Frühlingsgefühle sind immer etwas schönes
Wem man nun glauben will – auf jeden Fall freuen sich die Menschen nach wie vor auf den Frühling. Vielleicht werden sich die Wissenschaftler in den nächsten Jahren einig, in wie weit der Mensch ähnliches Verhalten wie die Tierwelt aufweist. Sicher ist, dass sich die Menschen auf die Wärme und das Erwachen der Tier- und Pflanzenwelt freuen, was man natürlich auch daran sieht, dass sofort Massen von Menschen in die Stadtparks und auf die Spazierwege strömen, wobei auch immer ein paar küssende Pärchen auf Bänken dabei sind. Das könnte natürlich von den Hormonen kommen – aber die leichte Bekleidung spielt wohl auf jeden Fall eine Rolle…