Über das Wesen wahrer Freundschaft. Um glücklich zu sein, brauchen wir gute Freunde. Dazu müssen wir aktiv sein. Vertrauen, Offenheit und Ehrlichkeit entwickeln sich aber nicht von allein.
Glücksratgeber haben Hochkonjunktur. Ein Ratschlag findet sich in fast allen Büchern: Um glücklich zu sein brauchen wir Freunde. „Freundschaften und die Wärme einer Familie sind wie ein Nährboden, auf dem Glück gedeiht“, schreibt zum Beispiel Stefan Klein in seinem Bestseller „Die Glücksformel“. Soziale Bindungen steigern die Lebenszufriedenheit und beeinflussen dadurch sogar die Lebenserwartung positiv, meinen Forscher.
„Boston Legal“ und das Ideal der Freundschaft
Wer die exzellente US-Serie „Boston Legal“ kennt, weiß um die Faszination einer wahren, tiefen Freundschaft, die sogar Gegensätze überwindet. Wir lieben die Anwälte Denny Crane (William Shatner), erzkonservativer Republikaner und den liberalen Alan Shore (James Spader) dafür, dass sie ganz unterschiedliche Typen mit ganz unterschiedlichen Meinungen sind, aber trotz zahlreicher Konflikte ihre Freundschaft liebevoll pflegen und kultivieren. Dieser Aspekt ist ein wesentliches Erfolgsgeheimnis der Serie.
24 Millionen Mal Freund gesucht
Einen guten Freund, der auch in Krisenzeiten zu einem hält, wünscht sich wohl jeder. Bei Google finden sich für den Eintrag „Ich suche Freunde“ 24 Millionen Ergebnisse. Die Sehnsucht ist also groß. Gleichzeitig zeigt es aber auch, dass wir uns offenbar oft schwer damit tun, echte Freunde zu finden. Der Autor Martin Hecht schreibt: „Der Bruch von Bindungen ist die soziale Grunderfahrung unserer Zeit.“ Aber gerade in einer Gesellschaft von Individuen ist die Sehnsucht nach Gemeinschaft und Vertrautheit besonders stark. Entsprechend gilt eine echte Freundschaft neben der Partnerschaft als höchst erstrebenswert.
Vertrauen, Offenheit, Ehrlichkeit sind Basis einer Freundschaft
Aber was macht eine echte Freundschaft aus? Freunde nehmen Anteil an unserem Leben. Sie sind Zuhörer und Ratgeber, sie sagen uns auch Wahrheiten, die vielleicht weh tun, uns aber als Persönlichkeit weiterbringen. Sie haben Verständnis, auch wenn sie anders denken oder handeln würden als wir. Sie akzeptieren uns mit unseren Schwächen und Fehlern. Freunde sind vertraut, wir können mit ihnen über Dinge reden, die wir mit Partnern oder Familienangehörigen nicht besprechen können.
Zeit und Anteilnahme sind wichtig
Klingt gut. So sieht das Ideal aus. Doch es bedarf einiger Anstrengungen, damit es Wirklichkeit wird. Wir müssen etwas investieren: Zeit und persönlichen Einsatz. Freundschaft setzt Mut zur Offenheit voraus. Nur wer das Risiko eingeht, sich zu öffnen und sich zu offenbaren, Schwächen zeigen kann und die Maske fallen lässt, kann Vertrauen schaffen und echte Freundschaft erleben.
Dafür braucht es Toleranz und die Bereitschaft den anderen zu verstehen. Dazu gehört Anteilnahme. Wir müssen uns auf den anderen auch emotional einlassen und bereit sein, Freud und Leid mit ihm teilen. Das ist wie das Ehegelöbnis: in guten wie in schlechten Zeiten. Das heißt da sein, wenn man gebraucht wird, sich mit den Nöten des anderen auseinandersetzen, zuhören und auch konkret helfen, wenn es möglich ist.
Eine Freundschaft ist nicht auf Nutzen ausgerichtet
Aber eine Freundschaft darf keine Einbahnstraße sein. Freunde begegnen sich auf Augenhöhe und bemühen sich gleichermaßen um den anderen. Das emotionale Geben und Nehmen sollte ausgeglichen sein.
Eine Freundschaft ist gewissermaßen Selbstzweck und richtet sich nicht nach dem Nutzen aus. Es geht nicht darum, durch den anderen irgendwelche persönlichen Vorteile zu erreichen. Es geht um den anderen Menschen an sich, nicht um seine für uns nützliche Funktion. Auch Neid- und Konkurrenzgefühle haben in einer Freundschaft nichts zu suchen.
Eine funktionierende Freundschaft setzt Aktivität voraus, wir müssen uns darum kümmern. Sie ist verlässlich und verbindlich. Nur dann kann sie von Dauer sein. Dazu müssen wir sie pflegen. Wem das nicht gelingt, muss sich neue Freunde suchen – und das ist ein mühsamer Prozess mit ungewissem Aufgang.