Frauensprache dient Beziehungen, Männersprache Informationsaustausch. In der Kommunikation zwischen Frauen und Männern kommt es oft zu Missverständnissen, da sie verschiedenen Ziele verfolgen: Konsens und Konflikt.
Als hätte man es ahnen können: Bei Männern sind sie dicker, länger und größer. Die Rede ist von Stimmbändern und Resonanzraum. Dies ist der Grund dafür, dass Männerstimmen in der Regel tiefer sind als Frauenstimmen. Macht man sich auf den Weg, etwas über geschlechtsspezifische Sprachmuster zu erfahren, mutet dies als einzig zuverlässige und belegbare Aussage an. Sprachwissenschaft, Genderforschung, Psychologie und Biologie bewegen sich ansonsten eher im Bereich von Tendenzen. Und die Tendenz lautet: Frauen sprechen anders als Männer. Es muss aber gleich gesagt werden, dass es Frauen gibt, die einen männlichen Sprachstil an den Tag legen und Männer, die sich eher eines als weiblich bezeichneten Sprachmusters bedienen, und das nicht nur beim Christopher Street Day.
Erklärungsansätze sind bisher ebenso vage und wohl nicht voneinander isoliert zu betrachten. Biologische Erklärungsansätze, wie sie jüngst die Neuropsychologin Louann Brizendine in ihrem Buch „Das weibliche Hirn: Warum Frauen anders sind als Männer“ darlegt, besagen, dass Hormone und die unterschiedliche Anzahl von Nervenzellen für unterschiedliche Sprachstile verantwortlich sind. Sozialpsychologische Ansätze behaupten, Sprachmuster seien angelernt. Jungs werden dabei auf Unabhängigkeit und Durchsetzungsvermögen, Mädchen auf Harmonie und Mitgefühl erzogen, und dies spiegele sich in der Kommunikation wieder. Die Ansätze gehen sogar soweit, den weiblichen Sprachstil als Form einer unterprivilegierten Sozialgruppe innerhalb einer patriarchalischen Gesellschaft anzusehen (Linke/Nussbaumer/Portmann: Studienbuch Linguistik. 3.Aufl. Tübingen. 1996).
Frauen schaffen mit Sprache Nähe, Männer Distanz
Im Studienbuch Linguistik ist zu lesen, dass Frauen häufig kürzere Sätze, dafür aber mehr Verben verwenden. Der Satzbau der Schriftsprache entspreche oft dem der gesprochenen Sprache. Dagegen tendierten Männer bei schriftlichen Arbeiten zu einem komplizierteren Satzbau mit Nebensätzen. Die eher alltagstaugliche Sprache der Frauen wird dahingehend interpretiert, dass Frauen gern eine „Sprache der Nähe“ verwenden, die auch in offiziellen Situationen Vertreter einer Gruppe als Individuen erreichen will. Dahingegen verwenden Männer lieber eine „Sprache der Distanz“, die ihre Überlegenheit unterstreichen möchte.
Die Tendenz, bei Frauen einen kooperativen, konsensorientierten Sprachstil und bei Männern einen leistungs- und konfliktorientierten Stil festzustellen, wird auch deutlich in dem Bestseller von Allan und Barbara Pease: „Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken.“ Vieles wird hier aus dem Urzustand heraus erklärt, dass die Frau in der Höhle mit anderen Frauen zusammen für die Kinderaufzucht zuständig und auf Harmonie und Kooperation angewiesen war und somit auf die Fähigkeit, Stimmungen und Emotionen richtig deuten zu können. Männer hingegen waren auf ihren Jadgzügen eher auf Informationsaustausch angewiesen und bemüht, ihre Überlegenheit zu signalisieren und ihren Status in der Gruppe durchzusetzen. So sei als Resultat der weibliche Sprachstil mehr emotional, der männliche eher nüchtern und sachlich.
Männer denken lauter, Frauen denken laut
Aus diesem Ansatz heraus wird auch erklärt, dass Frauen laut denken, nämlich um somit ihr Umfeld aus Höflichkeitsgründen an ihren Gedanken teilhaben zu lassen. Für Frauen bedeutet Reden Beziehungen zu ihren Mitmenschen zu pflegen. Dementsprechend signalisieren sie Antipathie durch Wortkargkeit, die leider oft von so manchem Mann in der Annäherungsphase fälschlicher Weise als Schüchternheit ausgelegt wird.
Männer führen innere Monologe und teilen lediglich die Ergebnisse ihrer Grübeleien mit. Für sie bedeutet Reden schlicht den Austausch von Informationen. Das laute Denken des weiblichen Geschlechts führt bei den handlungsorientierten Männern zu Stress, da sie sich genötigt fühlen, Lösungen anbieten zu müssen. Dabei möchten Frauen keine Lösungen, die sie dann häufig als Bevormundungen missverstehen. Sie wollen einfach nur die Aufmerksamkeit ihres Gegenübers und das Gefühl von Nähe.
Zwei Hirnhälften im Konsens oder eine im Konflikt
Ein eklatanter Unterschied ist, dass Männer über kein spezifisches Sprachzentrum im Hirn verfügen. Reden sie, ist die gesamte linke Hirnhälfte aktiv. Bei Frauen ist ein Sprachzentrum der linken vorderen Hirnhälfte, als auch ein Sprachzentrum der vorderen rechten Hirnhälfte aktiv und zusätzlich die Hörfunktionen. Frauen können sich so an mehreren Gesprächen gleichzeitig beteiligen, ohne den Faden zu verlieren. Männer können nur eines: entweder reden oder zuhören.
Männer unterbrechen einander, wenn sie aggressiv werden oder sich behaupten wollen. Frauen unterbrechen einander, um Interesse am Gespräch zu signalisieren und ihr Gegenüber zu bekräftigen. Unterbricht eine Frau nun einen Mann beim Reden, wird so eine positiv motivierte Handlung als negativ aggressiver Eingriff missgedeutet. Ein kleines Missverständnis, dass nicht selten vorm Scheidungsrichter endet, der in dem Fall als einziger ausreden darf.
Sind Frauen Quasselstrippen?
Reden Frauen tatsächlich mehr als Männer? James Pennebaker, Leiter der psychologischen Fakultät der Universität Texas sagt in einem Interview mit der WELT, das es keine groß angelegte Studie gebe, in der die Unterhaltungen einer großen Anzahl von Personen über einen längeren Zeitraum systematisch festgehalten wurde. Es gibt Studien, die es einmal belegen und Studien, die es widerlegen. Man kann allerdings sagen, dass Frauen mehr nonverbale Kommunikationsmittel einsetzen, also mehr Gestik und Mimik und mehr Tonhöhen verwenden.
In Gesprächen in gemischten Gruppen ist eher die Tendenz festzustellen, dass Frauen weniger lange Redebeiträge haben als Männer, öfter unterbrochen werden und seltener die Gesprächsthemen bestimmen. Frauen tendieren mehr zu Ich-Aussagen („Ich finde…“, „Ich glaube…“), während Männer mehr verallgemeinern („Das ist halt so.“) Außerdem verwenden Frauen eher Tag-Questions, also Formulierungen, die die Gesprächspartner mehr einbeziehen und andere Meinungen zulassen („Nicht wahr?“, „Oder nicht?“, „Finde ich halt.“)
Man kann abschließend sagen, dass es nicht verwundert, dass es oft zu Missverständnissen in der Kommunikation zwischen Frauen und Männern kommt. Ob dies nun biologisch oder soziologisch zu erklären ist, mit Hormonen oder einem eingeprägten Rollenbild zusammenhängt; Wichtig ist es, sich der Unterschiede bewusst zu sein, um sie auflösen zu können. Finde ich halt. Oder nicht?