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Ferrum phosphoricum: Schüßler Salz Nr. 3 in der Schwangerschaft?

Apotheker empfehlen Ferrum phosphoricum (Eisen-(II)-phosphat) während der Schwangerschaft und Stillperiode. Deckt Ferrum phosphoricum D12 den Eisen-Bedarf?

„Marmor, Stein und Eisen bricht“, doch gerade während der Schwangerschaft ist der Körper auf Eisen erpicht: Wachsen Zellen auf die Schnelle, benötigt jede Zelle den Mineralstoff Eisen an Ort und Stelle – Menschen, Tiere und Pflanzen benötigen das Spurenelement Eisen für das Zellwachstum. Viele Bio-Katalysatoren (Enzyme) des Stoffwechsels benötigen den Mikronährstoff Eisen als Co-Faktor. Zum Beispiel verschiedene Synthese-Enzyme unseres Erbmaterials (DNA), einige Enzyme des Zitronensäure-Zyklus und der mitochondrialen Atmung in unseren Zellkraftwerken (Mitochondrien). Pflanzen fallen bei einer Eisenmangel-Chlorose durch die vergilbten Blätter auf, dagegen zeigen Mensch und Tier bei Blutarmut als Symptome eine blassere Haut – durch Probleme beim Sauerstofftransport kommt es zur schnelleren Ermüdung.

Apotheker empfehlen Ferrum phosphoricum während der Schwangerschaft

Eine Zielsetzung der Berufsordnung für Apotheker in Österreich ist es, „das bestehende wissenschaftliche Ansehen durch laufende Fortbildung der beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten zu bewahren und auszubauen.“ Die Früchte der pharmazeutischen Wissenschaft genießt man zum Beispiel als lesender Kunde im Gesundheitsmagazin „Die Apotheke“. Dort empfiehlt eine Apothekerin und „ausgebildete“ Mineralstoff-Expertin im Artikel „Eisenphosphat für den Notfall“ das Schüßler Salz Nr. 3 Ferrum phosphoricum als „bewährtes“ Mittel für die „Anwendung bei erhöhtem Eisenbedarf während der Schwangerschaft, Stillperiode und in der frühkindlichen Entwicklung.“

Der Körper verliert täglich etwa ein Milligramm Eisen

Marmor, Stein und Eisen bricht, der menschliche Körper behält sein Eisen nicht – täglich verliert jeder Mensch etwa ein Milligramm Eisen: Ständig schilfern mit Eisen beladene Zellen der Haut ab, ständig verlieren wir Zellen aus der Schleimhaut des Magen-Darm-Trakts, oder das Eisen geht durch Mikro-Blutungen flöten. Durch die Menstruationsblutung verlieren Frauen natürlich noch mehr Eisen als Männer: Bei menstruierenden Frauen schätzt man den täglichen Eisenverlust je nach Stärke der Blutung auf etwa 0,5 bis 1,3 Milligramm pro Tag. Eine Schwangerschaft führt zusätzlich zu einem erhöhten Eisenbedarf, man kalkuliert bei schwangeren Frauen je nach Gesamtkörpereisenbestand etwa 2,5 bis 3,2 Milligramm pro Tag. Erst nach den Wechseljahren haben Frauen keinen zusätzlichen Eisenbedarf mehr als Männer. Diese Eisenverluste müssen durch das Eisen in der aufgenommenen Nahrung ausgeglichen werden.

Frauen benötigen während der Schwangerschaft täglich etwa 30 Milligramm Eisen

Das Eisen aus unseren Lebensmitteln nehmen wir Menschen hauptsächlich aus dem Zwölffingerdarm und oberen Leerdarm auf. Hier gibt es so genannte Kationen-Transporter für zweiwertige Metalle, hier wird zum Beispiel das zweiwertige Fe2+-Kation aus dem Eisen-(II)-phosphat (Ferrum phosphoricum) aufgenommen, jedoch nicht das dreiwertige Fe3+-Kation aus dem Schneckenkorn. Um den erhöhten Eisenbedarf von etwa 2,5 bis 3,2 Milligramm pro Tag ausgleichen zu können, müssen schwangere Frauen allerdings etwa das Zehnfache an Eisen aus der Nahrung zu sich nehmen – hier spielt die so genannte Bioverfügbarkeit des Eisens eine Rolle, sowie die komplexe Regulation des Eisen-Stoffwechsels. Laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfehlen deshalb die Fachgesellschaften für Ernährung (DGE, ÖGE, SGE, SVE) während der Schwangerschaft eine tägliche Eisenzufuhr von 30 Milligramm pro Tag. Nach der Nationalen Verzehrsstudie (NVS II) erreichen nicht alle Frauen die empfohlene Eisenaufnahme (siehe Grafik).

30 Milligramm Eisen – 0,00000000025 Milligramm Ferrum phosphoricum

Die Mineralstoff-Experten aus der Apotheke empfehlen „bei erhöhtem Eisenbedarf“ das Schüßler Salz Nr. 3 Ferrum phosphoricum (Eisen-(II)-phosphat). In seinem Buch „Eine abgekürzte Therapie“ schrieb der Arzt Wilhelm Schüßler: „Ferrum phosphoricum, Silicae, Fluorcalium verabreiche ich in der 12. Verreibung.“ Eine 250 Milligramm schwere homöopathische Tablette der Stufe D12 enthält nach den Decimalpotenzen pro Tablette rund 0,00000000025 Milligramm Eisen-(II)-phosphat. 30 Milligramm Eisen-(II)-phosphat entsprechen 12 Milliarden Schüßler-Salztabletten Ferrum phosphoricum D12. Allerdings empfiehlt der Biochemische Bund Deutschlands (BBD) zum Beispiel gegen „die Eisenmangel-Anämie“ auch die Stufe D3. Über solch hohe Dosierungen bemerkte Schüßler: „Der Satz „Viel hilft viel“ beruht auf einem traditionellen Irrtum“, jedoch entsprechen 30 Milligramm Eisen-(II)-phosphat nur noch 120 Tabletten Ferrum phosphoricum D3. Ganz nach Schüßlers „traditionellen Irrtum“ bestehen heutzutage Eisenpräparate gegen Eisenmangel aus Eisen-(II)-Sulfat, die übliche Dosierung beträgt bis zu 100 Milligramm pro Tag – eine Schüssel voller Schüßler Salze der Stufe D3.

Homöopathische Ärzte zweifelten schon immer

Das sich Ferrum phosphoricum als „bewährtes“ Mittel für die „Anwendung bei erhöhtem Eisenbedarf“ eignet, zweifelten selbst homöopathische Ärzte schon vor über einem Jahrhundert an. So bemerkte Dr. R. Stäger im Jahr 1898 in der Zeitschrift des Berliner Vereines homöopathischer Aerzte: „Wenn Schüssler und seine Schüler das Eisen in grossen Gaben verabreichen würden, könnte ich begreifen, dass sie die in dem Hämoglobin des Blutes fehlende Eisenmenge ersetzten; aber sie nehmen ja hierzu blos eine 6. oder gar 12. Verdünnung. Ihre Theorie ist daher absolut falsch.“

Für Ferrum phosphoricum gibt es keinen Wirksamkeitsnachweis

Über einhundert Jahre nach Dr. Stägers Kritik dürfen nach dem deutschen Arzneimittelgesetz (AMG) Schüßler Salze ohne Wirksamkeitsnachweis verkauft werden. Mangels therapeutischen Wirksamkeitsnachweis stellte Stiftung Warentest fest: „Biochemie nach Schüßler ist zur Behandlung von Krankheiten nicht geeignet.“