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Feines Wurzelgemüse – Heilpflanze und kulinarischer Genuß: Wurzeln – Rezepte und Historie

Klettenwurzel

Jedes Gemüse hat seinen Ursprung, seine Geschichte. Wurzeln finden diesen auch in der Phytotherapie und zudem als feine Beilage für gesunde Küche: Feine Wurzelrezepte.

Als Wurzelgemüse werden küchensprachlich essbare, nährstoffreiche Speicherwurzeln zusammengefasst, die botanisch als Rüben gelten. Knollen- und Wurzelgemüse gehören in Deutschland zu den beliebtesten Gemüsearten.

Sie können gekocht, gebraten, eingelegt oder roh verzehrt werden. Dazu gehören unter anderem Karotten, Knollensellerie, Kohlrabi, Rote Bete, Schwarz- und Zuckerwurzeln, Speise- und Steckrüben, Pastinaken, Petersilienwurzeln, Rettich und Radieschen.

Aber auch weniger bekannte, heilkräftige Pflanzenwurzeln sind kulinarische Köstlichkeiten:

Klettenwurzel – Arcticum lappa

Die wild wachsende Klette dürfte jedermann kennen: Sie hat Blätter wie Elefantenohren, eine mächtige Pfahlwurzel, Blütenkörbchen mit vielen Widerhaken und gehört – entsprechend – zu der Familie der Korbblütler. Auch essbare Klettenwurzel wird sie genannt, Igelblume oder Haarreißer – vermutlich aufgrund ihrer recht anhänglichen Wirkung…

Weniger bekannt allerdings ist ihre hervorragende Heilwirkung oder das köstliche Wurzelgemüse: In Ostasien gibt es eine Zuchtform als Gemüsepflanze, in Japan wird sie sogar in Plantagen angebaut, denn die Wurzel, die in lockeren Böden stockgroß werden kann, hat einen kräftigen und nussigen Geschmack. In Asien darf sie in keiner Suppe fehlen, wird frittiert, mit Seetang, Karotten und anderem Gemüse in Sesamöl geschmort und mit Ingwer und Soja gewürzt. In Russland wird aus Klettenwurzel und Sauerampfer ein Mus zubereitet, sogar die Blätter der Klette werden dort verwendet, in Suppe und Brei – allerdings haben diese einen sehr bitteren Geschmack.

Feine Wurzelgemüse und ihre Geschichte

Bei den Germanen und Kelten galt die Klette als Bärenpflanze. Diese sind besonders groß, wie beispielsweise auch der Wiesenbärenklau, besonders heilkräftig und besonders behaart. Von den Germanen wurde sie somit dem Gott Donar oder Thor geweiht, ähnelten beide sich doch in der Statue. Da sie so mit dem Donnergott in Verbindung gebracht wurde, nannte man sie in Norddeutschland auch „Donnerblatt“ und hängte die Wurzel bei Gewitter am Dachgiebel auf.

Dank ihrer Behaarung traute man der Klette ebenfalls zu, den Haarwuchs zu fördern. Noch heute gibt es Klettenwurzelöl käuflich zu erwerben; allerdings tut es nicht einzig den Haaren gut, sondern hilft zudem bei Rheuma und Gelenkerkrankungen, Ausschlägen und anderen Hautreizungen. Die ganze Pflanze wirkt Galle treibend, der Tee wirkt bei Gicht, Syphilis und reinigend auf Haut und Nieren, auch gegen Pilze und Bakterien, sodass ein Aufguss äußerlich zur Behandlung von Akne und Eiterbeulen verwendet werden kann, innerlich zur Ausleitung. Das Wurzelpulver hilft bei chemischen Vergiftungen und Hauttuberkulose. Moderne Forschungen bestätigen gar, dass alle Teile der Pflanze bei Krebs unterstützend wirken.

Die Klettenwurzel ist sehr nahrhaft, enthält Vitamin C, Biotin, Eiweiß, die Vielfalt aller B-Vitamine und auch E, dazu Mineralien wie Kali, Schwefel, Kieselsäure und Mangan; die Kohlehydrate bestehen vor allem aus Inulin. Klettenwurzeln keimen und wachsen schnell, brauchen viel Platz und einen lockeren Boden, Sie sind widerstandfähig und können bereits im Herbst des ersten Jahres geerntet werden. Eben diese allerdings ist eine wahre Herausforderung: Die dicken Wurzeln können bis zu einem Meter in den Boden ragen, sind zudem äußerst zerbrechlich.

Klettenbrot (kulinarisch)

Zunächst sollte ein Brotteig, ganz nach eigenem Dünken, hergestellt werden, der ungefähr zwei Kilogramm wiegen möge. Diesem füge man vier geschnittene Klettenwurzeln und ein wenig Paprikapulver hinzu, knete die Masse gründlichst durch, forme sie zu Stecken oder Brötchen und lasse sie über dem offenen Feuer oder im Ofen (35 Minuten) backen.

Knollenziest – Stachys siebodi, S. tuberifera, S. affinis

Der Knollenziest gelangte erst 1887 von Ostasien nach Frankreich und kam dort als Feingemüse zu raschem Erfolg. Die vier bis sechs Zentimeter langen Knollen – unterirdische Ausläufer, die sich an ihren Spitzen verdicken – sind perlmuttfarben und eignen sich roh geraspelt zu Wintersalaten, als Gemüsebeilage zu Fleisch. Der Geschmack erinnert an eine Mischung aus Haferwurzel, Kartoffel und Artischocke, die Haut ist so zart, dass sie nicht entfernt werden muss. In China, Korea und Japan werden die Rhizome roh gegessen oder gedünstet – aber auch uns ist der Gebrauch des Knollenziest nicht fremd, wurde in Europa doch bereits in vorchristlichen Zeiten sein Verwandter, der Sumpfziest, als Wildgemüse gesammelt.

Speise und Arznei

Schon früh galten die Ziest-Arten als Heilpflanzen: Das Wort Ziest kommt aus dem Slawischen und bedeutet „rein“. So gilt er als reinigend und wundheilend, wird in England gar Wundwurz genannt. Innerlich soll er gegen Blutungen helfen, als Tee bei Geschlechtskrankheiten und die Germanen nutzten Ziest gar als Allheilpflanze.

Als „Berufskraut“ wurde der Ziest in der Klostermedizin auch gegen „Berufungen“ (Verzauberungen) genutzt, war später als „Herba siderites“ in den Apotheken offiziell und wurde ähnlich wie der Heilziest für Bäder, Umschläge oder als Aufguss bei Verschleimung, Magenkatarrh, Gelbsucht, Nieren- und Blasenleiden und Unterleibsbeschwerden verwendet.

Äußerlich ähnelt der Knollenziest den Minzen und wird ähnlich wie die Saatkartoffel in den Boden gelegt und mit Kompost gedüngt. An sonnigen, nährstoffreichen Standorten vermehren sich die Knollen, die im Spätherbst ausgegraben werden können.

Gebratener Knollenziest mit Brennesseln (kulinarisch)

Man nehme 600 Gramm Knollenziest, gründlich gewaschen und gegebenenfalls gebürstet, 200 Gramm frische, gezupfte Brennesseln, 4 EL kaltgepresstes Olivenöl, 1 TL gemahlenen Koriander und einen halben TL Vanillepulver, 100 ml Rahm und Kräutersalz.

Das Olivenöl möge nun erhitzt werden, um Koriander und Kräutersalz anzurösten. Der Knollenziest sei hinzuzugeben, auf kleiner Flamme zu garen. Die Brennesselblätter werden nun hinzu gefügt und kurz mitgebraten. Nun dient der Rahm dem Ablöschen; das Gemüse möge heiß serviert werden.

Löwenzahn – Taraxacum officinae

Die ausgegrabenen, gewaschenen und in Stücke geschnittenen Wurzeln (Vorsicht, nicht mahlen, elektrische Geräte sind hier wenig brauchbar) in Butter anbraten, mit Gemüsebrühe, Soja und Knoblauch dünsten, bis die Wurzeln weich sind. Salz und Sesam dazufügen, mit sauer Sahne binden. Wirkung wie genannt, zudem hervorragend zu allen Wildgerichten.

Löwenzahnkaffee (kulinarisch)

Die Wurzeln des Löwenzahns ergeben einen Kaffee-Ersatz, der zu Kriegszeiten Verwendung fand, obendrein aber durchaus schmackhaft ist: In einer Pfanne oder auf dem Backblech geröstete Wurzeln anschließend luftdicht aufbewahren. Vor Gebrauch mahlen, ein Teelöffel Pulver pro Tasse. Aufgrund der Bitterstoffe nicht zu lange ziehen lassen.