Kurz- und Weitsichtige haben die Qual der Wahl
Früher mussten Menschen mit mangelnder Sehschärfe eine Brille tragen. Heute können sie zu Kontaktlinsen greifen – oder sich die Augen lasern lassen.
Bei der umgangssprachlich „Weitsichtigkeit“ genannten Übersichtigkeit handelt es sich um einen so genannten axialen Brechungsfehler des Auges, bei dem der Augapfel im Verhältnis zur Brechkraft seiner optischen Einrichtung zu kurz beziehungsweise die Linse zu wenig gekrümmt ist. Kurzsichtigkeit heißt auch Myopie (von griechisch myein, „die Augen schließen“, und opia, „Sicht“). Kurzsichtige Menschen sehen weit entfernte Objekte aufgrund eines optischen Abbildungsfehlers schlechter als nahe gelegene. Sie besitzen meist einen zu langen Augapfel und/oder eine zu starke Brechkraft des dioptrischen Apparats der Augen. Das Ausmaß der Fehlsichtigkeit wird in Dioptrien angegeben. Für die meisten Formen gibt es keine ursächliche Behandlungsmöglichkeit. Durch das Tragen von Hilfsmitteln wie Kontaktlinsen oder Brillen wird der Brechungsfehler korrigiert. Eine chirurgische Korrektur ist in vielen Fällen ebenfalls möglich – heutzutage meistens mit Hilfe eines Lasers. Doch alles hat seine Vor- und Nachteile.
Idee für Kontaktlinsen schon 1636
Kontaktlinsen schwimmen auf einem feinen Tränenfilm und liegen nicht direkt auf der Hornhaut des Auges auf. Man unterscheidet zwischen harten und weichen Kontaktlinsen. Der französische Philosoph René Descartes beschrieb die Idee einer Linse, die direkt auf dem Auge getragen wird, bereits im Jahre 1636. Ende des 19. Jahrhunderts wurden die ersten so genannte Skleralschalen aus Glas hergestellt. Mit dem Einsatz von Acrylglas ab etwa 1939 und der Reduzierung des Durchmessers wurden Tragezeiten von zehn bis zwölf Stunden pro Tag möglich. Wie die Glaslinsen waren sie sauerstoffundurchlässig. Als Erfinder der harten cornealen Kontaktlinse gilt Heinrich Wöhlk, als Erfinder der weichen Hydrogel-Linsen Otto Wichterle.
1976 kamen die ersten sauerstoffdurchlässigen, harten Kontaktlinsen auf den Markt. Durch Weiterentwicklung der Kunststoffe weisen heutige hochgasdurchlässige, hartflexible Linsen eine etwa zwei- bis siebenmal höhere Gasdurchlässigkeit als weiche Kontaktlinsen auf. Der Durchmesser liegt bei etwa 10 Millimetern. Sie schwimmen beweglich auf einem Tränenfilm. Daher bergen sie ein geringeres Risiko der Schädigung des Auges, da das Auge besser mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt werden kann.
Weiche Kontaktlinsen (seit 1971) sind flexibel und passen sich der Form der Hornhaut an. Der Durchmesser liegt zwischen 12 und 16 Millimetern. Durch die fast direkte Haftung auf der Augenoberfläche sitzen sie fester im Auge, wodurch sich das Verlustrisiko, beispielsweise beim Schwimmen, reduziert. Viele Menschen finden das Tragegefühl angenehmer als das harter Kontaktlinsen. Das Risiko von Schädigungen des Auges infolge von Ernährungsstörungen, Ablagerungen auf der Linse, Sauerstoffmangel oder Schadstoffen im Wasseranteil der Linse ist aber höher als bei harten Linsen.
Kontaktlinsen konsequent pflegen
Die regelmäßige sachgerechte Reinigung der Linsen ist unerlässlich. Linsen können nämlich schnell zur Brutstätte von Bakterien werden. Die Tränenflüssigkeit der Hornhaut wird mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt. Sie transportiert auch Ausscheidungen und Schmutz ab. Die Kante des Augenlids wirkt dabei wie ein Scheibenwischer. Wer Kontaktlinsen trägt, behindert diese Funktion. Das Risiko für Infektionen steigt. Daher müssen Kontaktlinsen regelmäßig gepflegt werden.
Die Brille hat Vor- und Nachteile
Der Vorteil der Brille, begrifflich abgeleitet von dem Kristall Beryll (sie wurde Ende des 13. Jahrhunderts in Italien erfunden), liegt hier klar auf der Hand: Sie liegt nicht direkt auf der Hornhaut beziehungsweise dem Tränenfilm des Auges auf und kann es daher nicht mit Bakterien infizieren. Für viele Menschen sind Brillen eine Alternative zu Kontaktlinsen. Sie gelten generell als Zeichen von Intelligenz und Intellektualität. Der Reinigungsprozess einer Brille ist einfacher zu handhaben als der von Kontaktlinsen. Zahlreiche Brillenträger sagen auch, dass sie Kontaktlinsen nicht vertragen – und deshalb lieber zur Brille greifen. Allerdings: Beim Sport besteht die Gefahr, eine Brille zu beschädigen. Beim Wasser-, insbesondere Schwimmsport, sind Brillen unpraktisch.
Und dann wäre da noch die Frage zu klären, ob eine Brille die Attraktivität des Trägers negativ beeinflusst. Nach einer Studie des Allensbach-Instituts aus dem Jahr 2005 sind 89 Prozent der Brillenträger und 81 Prozent der Nicht-Brillenträger der Meinung, dass dies nicht der Fall ist. Allgemein scheint die Akzeptanz und Attraktivität der Brille seit den 1970-er-Jahren gestiegen zu sein.
Ist das Lasern der Augen eine Alternative?
Eine Augenlaserkorrektur erfolgt ambulant. Der Lasereinsatz selbst ist schmerzfrei und dauert nur wenige Sekunden. Nach einer Lasik-Behandlung beispielsweise können die Patienten in der Regel schon kurz nach dem Eingriff wieder scharf sehen. Ziel aller Operationsmethoden (von radialer Keratotomie bis hin zu Lasik) ist, die zentrale Hornhaut gezielt zu verändern, um so die Lichtbrechung zu beeinflussen. Bei Kurzsichtigkeit wird die Hornhaut abgeflacht. So wird einfallendes Licht schwächer gebrochen. Im Idealfall kommt so der Brennpunkt der optischen Einrichtung des Auges wieder auf der Netzhaut zu liegen.
Kliniken, die Augen lasern, vermelden oft Erfolgsraten von über 95 Prozent. Sie beziehen dieses aber auf einen Bereich von ±1 Dioptrien und erfassen auch nicht die Risiken, wie Einschränkungen des Dämmerungs- und Nachtsehens, Glanzeffekte, eingeschränkte Sehleistung oder Blendungen nachts beim Autofahren. Es kann zu kurz- bis langfristiger Über- oder Unterkorrektur kommen. Eine gestörte Wundheilung kann zu Komplikationen führen. Patienten klagen später des Öfteren über trockene Augen.
Die Chance der Laserbehandlung für den Patienten ist die Korrektur von Fehlsichtigkeiten des Auges. Im besten Fall erreicht man Normalsichtigkeit und kann ohne Hilfsmittel wie Brille oder Kontaktlinse leben. Auf der anderen Seite bestehen die normalen Risiken einer Operation, wie zum Beispiel Infektionen als auch bleibende Einschränkungen am Auge.
Die Technik wird ständig weiter entwickelt. Da das Risiko von Sehbeeinträchtigungen nach einer Laserbehandlung auch von individuellen Risikofaktoren (etwa der Dioptrienzahl, flacher Hornhaut oder der Pupillengröße) beeinflusst wird, sollte dieses bei jedem Patienten individuell abgeschätzt werden.