Die verschiedenen Aspekte einer Fastenkur. Beim Fasten stand früher die Religion im Vordergrund. Heute spielt die medizinische Anwendung eine größere Rolle. Über den Sinn und die Risiken von Fastenkuren.
Von der katholischen Kirche werden verschiedene Möglichkeiten der vorübergehenden Enthaltsamkeit angeboten, aber auch evangelische Christen interessieren sich für jährlich stattfindende Fastenkuren.
Eine Maßnahme, um den kirchlichen Geboten nachzukommen und zusätzlich etwas für den Körper zu tun, ist das jährlich wiederkehrende „Fasten für Gesunde“ nach der Lehre von Dr. Otto Buchinger.
Diese stellt drei wesentliche Aspekte, das Heilfasten zur Selbstfindung, die soziale Dimension und die Beziehung zu Gott in den Mittelpunkt. Bei den täglichen Treffen werden biblische Geschichten betrachtet und es wird für geistige Kraft, Einsicht und Verständnis gebetet.
Der geistige Aspekt des Fastens und der philosophische Hintergrund
„Beim geistigen Fasten soll die Seele wieder frei von Ballast werden, der den Menschen an seiner Lebendigkeit hindert“, so definiert der evangelische Pfarrer Helmut Müller in Sigmaringen die religiöse Bedeutung des Fastens. Die Philosophie dahinter sei, dass der Mensch eine Einheit aus Seele, Körper und Geist bilde. Somit habe das Fasten im geistigen Bereich seine Wurzeln. Im Prozess des Fastens werde der Mensch von Außen nach Innen sensibler für psychische und emotionale Eindrücke. Auch die Augen bzw. die visuelle Wahrnehmung können in das Fasten mit einbezogen werden.
Ganzheitliches Fasten nach Dr. Buchinger
Dr. Christian Kuhn, Chefarzt der Buchinger Klinik in Überlingen, behandelt entsprechend der Methode „Heilfasten nach Dr. Otto Buchinger“.
Eine gründliche Darmreinigung mit Glaubersalz und ableitenden Wickeln geht richtigem Fasten voraus, während bei der eigentlichen Kur Wert auf Bewegung und Entspannung gelegt wird. Massage und Krankengymnastik können flankierende Maßnahmen sein. Einzelgespräche und Gruppentherapie sorgen für seelischen Tiefgang. Zum Verständnis der körperlichen Vorgänge wird eine Einführung in die Vollwerternährung gegeben.
Individuelle Nachsorge verhindert ein Abgleiten in die alten Gewohnheiten. Der freiwillige Verzicht auf feste Nahrung für eine begrenzte Zeit bewirkt innere regenerierende Reinigung. Dr. Kuhn ist davon überzeugt, dass beim richtig durchgeführten Fasten kein Hunger entsteht und die volle körperliche Tüchtigkeit erhalten bleibt. Es sollte eine selbst gewonnene Einsicht zum freiwilligen Verzicht auf Nahrung vorhanden sein, ebenso der Wunsch sich innerlich zu reinigen. Freude an der Bewegung, Hinwendung zur Ruhe und Besinnung gehören genauso dazu. Der äußere Rahmen, den die Klinik bietet, nämlich Abgeschiedenheit, Ruhe und Stille, begünstigt den Reinigungseffekt des Körpers. Das erste Fasten in einer kleinen Gruppe zu erleben, erleichtert die Umstellung.
Einmal Ruhepause auch für den Darm
Das Heilfasten für Gesunde müsse klar von dem der Kranken unterschieden werden, empfiehlt Kuhn. Letztere sollten nur unter Anleitung eines Arztes fasten. Dieser sei in der Lage, die Heilkrisen richtig zu deuten und könne sofort die notwendigen Maßnahmen ergreifen. Tägliche Einläufe könnten in diesen Fällen den Gesundungsprozess beschleunigen. Entgiftung und Entschlackung üben auf den Kreislauf, das Nerven- und Stoffwechselsystem erfahrungsgemäßbeine positive Wirkung aus.
Eine Ernährungsberaterin warnt vor unsinnigen Hungerkuren
Heike Riester, Ernährungsberaterin bei der AOK Sigmaringen, weiß, dass der Körper bei einem zeitweisen Verzicht auf Essen auf den Hungerstoffwechsel umschaltet. Der Organismus greift seine Energiereserven an. Wenn Kinder, Kranke und Normalgewichtige zu lange fasten, können die Energiereserven des Körpers angegriffen werden, was einen bedrohlichen Abbau von Muskeleiweiß zur Folge haben kann. Fastenkrisen mit Schwindelgefühl und Schweißausbrüchen, Erschöpfungszuständen und Kopfschmerzen seien oft unliebsame Begleiter, so Rieser. Ganz zu schweigen von einem Blutdruckabfall oder Gichtanfällen.
Viele Übergewichtige fasten um ihr Gewicht zu reduzieren. Auf Dauer haben sie damit keinen Erfolg, denn die Gewichtsabnahme beruht auf Wasserverlust und einem Abbau von Muskelmasse. Dies kann zu einer ständigen Gewichtszu- und -abnahme führen, als Jojoeffekt bekannt. Für die Ernährungsberaterin ist es im Hinblick auf das Ziel sinnvoller, auf Dauer seine Ernährungsgewohnheiten auf eine vitaminreiche Kost umzustellen und sich körperlich regelmäßiger zu betätigen.