Der maßvolle Genuss von Alkohol ist gesellschaftlich anerkannt. Daher fällt es lange Zeit außerordentlich schwer zu erkennen, wo die Grenze zwischen Genuss und Missbrauch überschritten wird. Häufig ist es so, dass der Missbrauch nahezu gleichzeitig innerhalb der Familie und am Arbeitsplatz auffällt. Der Alkoholkranke hat immer öfter eine Fahne und ebenso häufig eine mehr oder weniger schlüssige Erklärung dafür. Er schafft es dennoch, so überzeugend zu wirken, dass Kollegen und Familie es zunächst dabei belassen. Dieses Verhalten rührt aus der Hoffnung, sich doch geirrt zu haben. Doch es dauert nicht lange, bis Kollegen die ersten Unregelmäßigkeiten decken und die Familie beginnt, sich in ihrer Ungewissheit unwohl zu fühlen.
Die Auswirkungen des Alkoholmissbrauchs in der Partnerschaft
In der Partnerschaft wird relativ schnell klar, dass der Alkoholkonsum das Maß des Üblichen verlassen hat. Der Trinkende nimmt seine Verantwortlichkeiten nicht mehr wahr und der Partner sieht sich gezwungen, diese Aufgaben zu übernehmen. Behördenangelegenheiten, Bankgeschäfte oder Elternsprechtage, diese und andere Dinge werden einfach nicht mehr erledigt. Der Partner wird, ohne es zu wollen, in die Rolle des Co-Abhängigen gedrängt. Da auch der Alkoholkonsum zu Hause immer mehr zunimmt, wird dies zu einem ständigen Streitthema, bis der Abhängige beginnt, sein Trinken zu verheimlichen. Er legt sich Depots an, von denen der Partner in der Regel lange Zeit nichts ahnt. Wenn dann irgendwann klar wird, dass solche Depots bestehen, beginnt der Partner, diese zu suchen, wird oft fündig und vernichtet die Bestände. Dies führt zu einem Kreislauf von immer wieder neuen Verstecken, Suchen, Finden und Streit. Körperliche Vernachlässigung und Aggressivität runden das Bild ab.
Kinder von Alkoholkranken
Kinder erleben den alkoholkranken Elternteil immer mehr als nicht mehr respektabel. Grundlose Wutausbrüche auf der einen und absolutes Verwöhnen auf der anderen Seite machen Kindern Angst. Es bestehen keine verlässlichen Regeln mehr. Kinder erleben den Alkoholiker als unzuverlässig und damit als nicht Ernst zu nehmen. Dazu kommt das Problem des Partners, der immer mehr versucht, auszugleichen. Damit wird der zweite Elternteil inkonsequent und ebenfalls als unzuverlässig erlebt. Der nicht trinkende Elternteil redet aber auch nicht mit den Kindern über das Problem, um sie vermeintlich zu schützen, und so entsteht auch hier ein ungesunder Kreislauf. Völlig hilflos und auf sich allein gestellt, reagieren Kinder auf diese Situation unterschiedlich. Die einen ziehen sich völlig zurück, während die anderen renitent werden. Beide Verhaltensweisen ziehen sehr häufig nachhaltige Störungen in der Entwicklung nach sich.
Die Wahrnehmung von Freunden und Bekannten
Im Freundes- und Bekanntenkreis bleibt die Veränderung der betroffenen Familie nicht verborgen. Anfänglich ist es nur der erhöhte Alkoholkonsum bei Feiern, der auffällt. Dazu kommt nach einer gewissen Zeit das veränderte Verhalten des Paares untereinander. Schließlich findet ein Rückzug statt. Einladungen werden aus den unterschiedlichsten Gründen nicht mehr angenommen und es werden auch keine Einladungen mehr ausgesprochen. In der Regel ist zu diesem Zeitpunkt klar, worin das Problem besteht. Freunde und Bekannte reden zwar untereinander darüber, finden jedoch keinen Weg, das Paar oder einen der Partner anzusprechen. Dies ist einerseits in der Befürchtung begründet, eventuell doch einen falschen Verdacht zu hegen und andererseits auch die Scheu vor der Alkoholkrankheit selbst. Die Wenigsten kommen auf die Idee, dass Selbsthilfegruppen nicht nur dem Alkoholkranken und seinem Partner helfen könnten, sondern dass sie selbst zu dem betroffenen Kreis gehören, der sich Hilfe holen kann.
Alkoholmissbrauch am Arbeitsplatz
Der Missbrauch von Alkohol zieht sich quer durch alle Abteilungen innerhalb eines Betriebes. Das Problem findet sich in den Auswirkungen und im Umgang damit. Der Alkoholkranke kommt immer häufiger zu spät, kann seine Arbeit nicht mehr verantwortlich verrichten, hat offensichtliche Probleme damit, Arbeitsanweisungen zu verstehen und umzusetzen und sucht immer öfter Plätze auf, von denen er denkt, dass er dort ungestört Alkohol zu sich nehmen kann. Besonders gefährlich ist es, wenn der Jenige Maschinen bedienen oder Fahrzeuge führen muss. Auch wichtige Entscheidungen können nicht mehr getroffen werden. Wird er auf die Defizite angesprochen oder sogar auf eventuellen Alkoholmissbrauch angesprochen, streitet er im Brustton der Überzeugung alles ab. Bei den ersten Auffälligkeiten wird er sogar noch bemüht sein, sein Verhalten unter Kontrolle zu bekommen. Dies gelingt im Laufe der Zeit jedoch immer schlechter. Es kommt zu Abmahnungen und letztendlich zur Kündigung.
Gibt es den richtigen Umgang mit einem alkoholkranken Menschen?
Diese Frage kann nicht allgemein gültig beantwortet werden. Die Familien, die Arbeitssituationen und die sozialen Kontakte eines alkoholkranken Menschen sind so unterschiedlich wie die Menschen an sich. Dennoch finden sich immer wieder Parallelen. Die Scheu beispielsweise, den Abhängigen konkret anzusprechen und vor allem auch Ausreden gar nicht erst zuzulassen, ist beinahe in allen Bereichen gegeben. Auch die Übernahme von Verantwortlichkeiten durch andere Personen wie Partner oder Kollegen findet sich immer wieder. Immer wieder steht die vermeintliche Hilfe für den alkoholkranken Menschen im Vordergrund. Kaum jemand bringt es übers Herz, dem Kranken Hilfe zu verweigern. Dass es die falsche Art Hilfe ist, bemerken die Beteiligten meist erst viel zu spät. Hilfen für den richtigen Umgang können Selbsthilfegruppen und Suchtberatungsstellen geben. Gehören Kinder zu einer Familie, kann es tatsächlich auch ratsam sein, deren Verhalten zu beobachten. Kinder haben weniger Vorbehalte und stellen dem Abhängigen zum Beispiel Fragen gerade heraus.