Absoluten Schutz vor Reifendefekten gibt es beim Radfahren nicht – oder doch? Sehen Sie, wie man sich vor Plattfüßen schützen kann.
Der Fahrradreifen hat Aufgaben, die nicht einfach zu bewältigen sind. Als Teil der rotierenden Masse am Laufrad soll er natürlich möglichst leicht sein und gut rollen. Man erwartet weiter eine lange Lebensdauer und gute Haftung bei Nässe, Schmutz und Glätte. Schließlich soll er preiswert und nahezu pannensicher sein. Um mit den wohl bekannten Worten der Überraschungs-Ei-Werbung zu reden: „Das sind ja drei Sachen auf einmal. Das geht nun wirklich nicht!“ Man sollte daher als Radfahrer wissen, welcher Anforderung besondere Gewichtung zuzumessen ist, und dann den Pneu nach seinen Stärken auswählen. Sucht man dauerhaft betriebssichere Reifen, die nicht so leicht oder am besten überhaupt nicht die Luft verlieren, so bieten sich dem Radfahrer verschiedene Möglichkeiten, seinem Wunsch nahe zu kommen.
Aber das vorab: „Unplattbar“ ist ein Werbebegriff des Reifenherstellers Bohle, also für die Marke Schwalbe. Alle Luftreifen können von Fremdkörpern durchdrungen werden, sie müssen nur groß und massiv genug sein – das räumt auch besagter Hersteller ein. Reifendecken in Erstausrüsterqualität können bei richtigem Luftdruck und bei regelmäßiger Kontrolle auf eingefahrene Fremdkörper lange und zuverlässig ihren Dienst verrichten. Möchte man sich zuverlässig gegen Fremdkörper wie Dornen, Glasscherben und scharfkantigem Streugut, die in Herbst und Winter wieder verstärkt auf Straßen und besonders auf Radwegen umherliegen schützen, so führt an höherwertigen Reifen kein Weg vorbei.
Pannenschutz durch dichtes Gewebe
Die Dichte des Karkassengewebes eines Reifens, angegeben in TPI oder EPI (Threads per inch/ Ends per Inch = Fäden pro Zoll) spielt eine maßgebliche Rolle bei der Durchstichsicherheit. Mehr Fäden, also eine höhere TPI-Zahl weist auf ein dichteres Gewebe und/ oder auf mehrere Gewebelagen hin. Jedoch kann man die Fadendichte nicht unendlich steigern, da bei einer gewissen Fadenstärke nicht mehr Fäden auf eine definierte Fläche passen. Meist verwenden die Hersteller etwa 50 bis 60 TPI pro Gewebelage bei den gängigen Reifen im Preisbereich von 15,- € bis 20,- € (UVP der Hersteller).
Pannenschutz durch Einlagen im Reifen
Sicherer sind Reifen mit eingearbeiteten Einlagen aus Nylongewebe. Diese Pannenschutzgürtel sind extrem engmaschig und dicht geknüpft. Sie sollen aufgrund der Festigkeit und Dichte des Gewebes Fremdkörper abhalten und bei nur gering höherem Gewicht noch sehr gut rollen. Der zusätzliche Pannenschutz bringt diese Reifen in den Preisbereich von etwa 25,-€. Der augenblicklich pannensicherste Fahrradreifen mit Luftschlauch besitzt eine in die Reifendecke eingearbeitet Schutzeinlage ,bei Schwalbe Smart-Guard genannt, aus hochelastischem Spezialkautschuk. Die Einlage befindet sich unter der Lauffläche des Reifens und misst etwa 5 mm in der Stärke. Da die meisten Fremdkörper diese Größe nicht aufweisen, bleiben sie, ohne Schaden anzurichten im elastischen Schutzgürtel stecken. Schwalbe und Continental, als bekannte Hersteller bieten diese Reifen unter dem Namenzusatz PLUS für beinahe alle Reifengrößen und Einsatzzwecke für 30,- € bis 35,- € an. Dieser Pannenschutz macht den Reifen etwa 250g bis 300g gegenüber einem ungeschützten Vergleichsmodell schwerer. Weiter muss man anerkennen, dass eine elastische Einlage den Rollwiderstand des Reifens erhöht, was aber im Verhältnis der beim Radfahren auftretenden Gesamtwiderstände immer noch als gering zu beurteilen ist.
Pannenschutzband
In ähnlicher Weise funktioniert auch das als Anitplatt bekannte Pannenschutzband. Für etwa 10,- € bekommt man zwei Rollen davon, und kann diese dann selbst zwischen Reifen und Schlauch einlegen. Eine Rolle wiegt etwa 90 g und deckt die gleiche Breite ab, wie es die Kautschukeinlage bei den Plus-Reifen tut. Unter diesen Aspekten erscheint ein Pannenschutzband besser, da günstiger und leichter zu sein. Allerdings verursacht es zusätzliche Reibung zwischen Reifen und Schlauch, lässt das Rad also weniger agil rollen. Wer nur kürzere Strecken fährt oder es nicht eilig hat, ist mit diesem Pannenschutz bestens versorgt.
Pannenschutzflüssigkeiten und Pannenspray
Vom Prinzip ganz anders ist der Einsatz von Pannenschutzflüssigkeiten anzusehen. Während man bei den Reifendecken versucht Fremdkörper vom empfindlichen Luftschlauch fernzuhalten, so kann man Pannenschutzflüssigkeit prophylaktisch verwenden, um bei Durchstichen die Luft im Schlauch zu behalten. Grundsätzlich unterscheidet man zwei unterschiedliche Arten von Pannenschutzflüssigkeiten. Rein mechanisch arbeitende Flüssigkeiten enthalten kleine Partikel oder Fasern als Dämmstoff, um ein Loch einfach zu verstopfen. Solche Flüssigkeiten kann man fast unbegrenzt lang im Schlauch umherfahren. Allerdings besteht die Gefahr, dass beim Nachpumpen die Fasern aus dem Loch gedrückt werden. Auf Latex basierende Flüssigkeiten verfestigen sich, wenn sie mit der Luft in Berührung kommen und verschließen so kleinere Löcher zuverlässig und dauerhaft. Allerdings halten sich diese Flüssigkeiten wegen des Lösungsmittels meist nur drei Monate und riechen stark nach Ammoniak. Zum Abdichten des Schlauches muss der Ventileinsatz entfernt und etwa 50 g der Flüssigkeit eingefüllt werden. Erst wenn der Reifen rotiert, beginnt der Pannenschutz zu wirken. Je nach Hersteller liegen die Gebinde Schutzflüssigkeit zwischen 8,- € und 12,- €. Neben den Pannenschutzflüssigkeiten existieren auch Pannenschutzsprays, die man einfach am Ventil ansetzt und in den defekten Schlauch sprüht. Da sie aber eher als Reparaturspray anzusehen sind, erfahren sie hier keine weitere Beachtung.
Absoluter Pannenschutz
Abschließend sei noch ein pannensicherer Fahrradreifen angeführt, der nicht platt gehen kann, da er ohne Luft auskommt. Die Firma Greentyre vertreibt diese Kunststoffringe in verschiedenen Farben. Der Reifen aus Polyurethan-Schaum wird mittels eines Reifenklebers natürlich ohne Felgenband auf der Felge fixiert und soll nach Herstellerangaben ähnlich gute Laufeigenschaften wie ein Reifen mit Luftschlauch aufweisen. Ermöglicht wird das durch unterschiedlich harte Kunststoffmischungen. allerdings erschien es dem Verfasser bei einer Probefahrt so, als ob er auf seinem hartplastik-bereiften Kinderroller unterwegs sei. Wer aber unempfindlich genug ist, oder das Fahrgefühl von Luftreifen nicht mag, findet mit den Schaumstoffringen um etwa 25,- € den absolut pannensicheren Fahrradreifen.
Wenngleich, wie aufgezeigt, ein Fahrradreifen nicht alle Anforderungen ausreichend gut befriedigen kann, so kann der Vielfahrer oder Berufspendler dennoch eine robuste und pannensichere Bereifung erstehen, die ihn sicher und zuverlässig viele Kilometer fahren lässt, solange er bereit ist seine sportlichen Ambitionen herunter zu schrauben.