Galeone, Bark und Brigg – Segelschiffe führen wirklich merkwürdige Namen. Aber diese Bezeichnungen haben durchaus ihren Sinn, man muss sie nur verstehen.Ein Paradebeispiel für einen Schiffsnamen ausländischer Herkunft ist die Barke: Die alten Griechen bezeichneten ein im Ägyptischen Nildelta weitverbreitetes Fluss- und Küstenboot mit großem Segel und Ruderantrieb (langsam und flach, aber geräumig und zuverlässig) als „Baris“. Im Lateinischen wurde daraus „Barca“, im Französischen „Barque“ und im Deutschen „Barke“.
Karavelle, Galeone Kraweel (um 1200 – 1500 n. Chr.)
Die Karavelle, das erste wirklich für den Atlantik taugliche Segelschiff Europas (Kolumbus segelte mit sihr nach Amerika) entstand im 12.Jahrhundert in Portugal und erhielt seinen Namen, weil es aus „Carvalho“ – Buchenholz – gebaut wurde. Die Karavelle war ein zwei- bis dreimastiges Segelschiff mit Lateinsegeln und verfügte über einen Rumpf, dessen Planken nicht mehr wie bis dato üblich übereinander lappten (wie Dachziegel), sondern glatt eingefügt waren (wie Mauersteine), was die Fahreigenschaften bedeutend verbesserte.
Die Galeone, Rückgrat der frühen Atlantikfahrt, der Silberflotten und der spanischen Armada hat ihren Namen (vermutlich!) vom „Galiot“ erhalten – jener balkonartigen Plattform mit Brüstung, die sich direkt über dem Bug befand und sich hervorragend zum Lotsen und Ausschauen handelte. Später wurde hieraus ein zweites Deckshaus, ein zusätzlicher Lagerraum oder eine Batterie für leichtere Geschütze, bis schließlich das vordere Kastell geschaffen wurde, das ein solches Schiff in eine regelrechte Festung verwandelte: Die Galeone hatte je nach Herkunftsland und Einsatz viele Gesichter.
Die Kraweel, niederländischer Zeitgenosse der Hanse-Kogge hatte mit der namensgebenden Karavelle im Grunde nur eins gemein: Die „Kraweel-Beplankung“ aus glatt ineinander eingepassten Hölzern bedeutete denselben Entwicklungssprung wie zuvor in Südeuropa. Da die Holländer das Wort „Karavelle“ bzw. „Carvalho“ nicht aussprechen konnten, wurde daraus „Kraweel“
Brigantine, Brigg und Pinasse (um 1500)
Wörtlich aus dem Italienischen übersetzt heißt Brigantine „Schiff eines Kämpfenden“ – und das war im Mittelmeer nichts anderes als ein Piratenschiff. Später wurden kleine Kriegsschiffe so genannt, und irgendwann blieb der Name an jenem Zwitter hängen, der wegen seiner völlig unterschiedlich getakelten Masten auch „Schonerbrigg“ genannt wird, die Segeleigenschaften beider Schiffstypen auf sich vereint – und deshalb tatsächlich oft und gern von Freibeutern genutzt wurde.
Eine Brigg ist ein Zweimaster mit Rahsegeln und mehreren Stagsegeln im Vorschiff. Im Englischen wurden kleinere Kriegsschiffe, egal mit welcher Takelage, mit zwei Masten als „Brigantine“ bezeichnet. Als sich daraus der Rahsegel-Zweimaster entwickelte, nannte man ihn kurz „brig“ – während das Lehnwort „brigantine“ auf den Mischtyp aus Brigg und Schoner übertragen wurde
Seinen Namen erhielt die in der Ostsee weitverbreitete Pinasse, weil sie in der Regel aus dem Holz der Kiefer (Lat. pinaceae) gebaut wurde – einem Nadelbaum, der in Pommern, Dänemark und Schweden ganze Wälder bildete. Die Pinasse war eine Art Ostsee-Variante der Galeone.
Kutter und Schoner (um 1600)
Was heute eher als geruhsam vor sich hin tuckernder Fischdampfer bekannt ist, war um 1700 ein seetüchtiges Segelschiff im Kleinformat, aber mit eigener Bewaffnung und unerhört flink. Die „Wellenschneider“ (engl. Cutter) waren vor allem bei Schmugglern beliebt, bis die königlichen Behörden eigene Kutter bauten. Manche Kutter dienten sogar regulär als Späh- und Botenschiffe in der Royal Navy.
Die Schoner ließ es nie schonend angehen. Diese Segler entstanden in Neuengland (USA), wo „to scoon“ jene Bewegung beschreibt, die ein übers Wasser hüpfender Stein vollführt. Die ersten „Scooners“ waren kleine, aber äußerst wendige und schnelle Schiffe mit zwei Masten, deren Takelage nicht nur aus herkömmlichen Rahsegeln, sondern zum Teil auch aus den damals neuartigen „Gaffel-Segeln“ bestand. Aus den frühen Schonern ging der „Klipper“ hervor, der aber zumeist unter Rahsegeln fuhr. Währenddessen wurde „Schoner“ ein Synonym für Schiffe, die nur oder hauptsächlich mit Gaffelsegeln getakelt waren: Sie waren schnell und benötigten weniger Bedienung als Rahsegler. Das einzige je gebaute Schiff mit sieben Masten, „Thomas W. Lawson“, war ein Schoner.
Klipper, Bark und andere Windjammer (um 1800)
Die Klipper – schnelle, flinke Segelschiffe – entstanden in Amerika als Weiterentwicklung der „Schoner“ sowie der französischen „Lugger“ und wiesen ein extrem dünnes Unterwasserschiff mit konvexen (d.h. nach innen gewölbten) Spanten und scharfem Kiel auf – mit anderen Worten, ihr Rumpf „schnitt“ (engl. To clip) durchs Wasser wie ein Rasiermesser („clipper“). Klipper wurden überall dort eingesetzt, wo ein schneller Liniendienst über weite Entfernungen nötig war.
Der Name Bark leitete sich aus dem Französischen „Barque longue“ (Große Barke) ab. Mit diesem Begriff bezeichneten die Engländer einen Schiffstyp, der ursprünglich aus dem Küstenfahrzeug „Barke“ heraus weiterentwickelt worden war, irgendwann aber nichts mehr mit ihm gemein hatte. Als um 1800 die „echte“ Dreimastbark aufkam (Zwei Masten Rahsegel, Dritter Mast Schratsegel), änderte sich die Aussprache in „bark“ und fand so den Weg in die Deutsche Seemannssprache.
Auch wenn jedermann bei diesem Wort an heulende Winde und jammernde Töne denkt, hat der Begriff Windjammer nichts mit dem deutschen Wort „jammern“ (klagen, weinen) zu tun. Im Englischen bedeutet „to jam“ dasselbe wie „streichen“ oder „drücken“ (das englische Wort „jam“ für Marmelade lässt sich wörtlich mit „Aufstrich“ übersetzen). Windjammer sind also Schiffe, die sich „in den Wind drücken“ bzw. vom Wind vorwärts gedrückt werden – der Anblick prall gefüllter Segel an drei oder mehr Masten macht dieses Wortspiel nur zu verständlich.