Volle Replikation und synthetische Replikation mit Hilfe von Swaps sind die wichtigsten Strategien, mit denen ETFs Aktienindizes abbilden. Ein Vergleich voll replizierender und Swap-basierter Indexfonds.
Einfach, transparent, flexibel – so möchte der Fondsanbieter Lyxor die Abkürzung ETF erklärt wissen. Obwohl das Kürzel doch für Exchange Traded Funds steht, Börsengehandelte Fonds also – und obwohl der Aufbau und die Funktionsweise der Fonds ganz so einfach dann doch nicht sind.
Die börsengehandelten Indexfonds gibt es schließlich in einer Vielzahl von Varianten: Sie bilden Aktienindizes aus aller Herren Länder ab, sie konzentrieren sich auf Immobilienwerte oder sogar auf Rohstoffindizes. Anleger können mit ihnen sogar auf fallende Kurse spekulieren. Flexibel? In jedem Fall. Einfach, transparent? Vielleicht.
Die Einfachheit endet aber dann, wenn Experten beginnen, darüber zu diskutieren, wie genau ein ETF die Abbildung eines Index am besten bewerkstelligt. Soll er die Methode der vollständigen Replikation nutzen? Oder doch lieber Swaps? Die Frage spaltet die Lager, und während die Experten streiten, stehen Laien nur da und wundern sich: Replikation? Swaps?Wie-funktioniert.com erklärt, was dahinter steckt – und welche Vorteile die beiden gängigsten Methoden, einen ETF aufzubauen, bieten.
So funktionieren voll replizierende ETFs
Ein ETF, der die Strategie der vollen Replikation („Full Replication“) nutzt, hält tatsächlich alle Aktien in seinem Bestand, die zu einem Index gehören – und bildet dabei auch exakt die Gewichtung der verschiedenen Werte im Index nach. Ein voll replizierender DAX-ETF hält also exakt 30 Aktien. Und wenn die Deutsche Telekom im DAX ein Gewicht von 7,78 Prozent hat (wie am 13. März 2009), dann investiert auch der voll replizierende ETF zu 7,78 Prozent in Aktien der Deutschen Telekom.
Wenn sich die Zusammensetzung eines Index ändert, weil Unternehmen ihn verlassen und andere sie ersetzen, dann zieht der ETF nach. Dies wird Rebalancing genannt – der ETF passt seine Zusammensetzung der des Index an, den er abbildet. Er bringt sein Portfolio wieder ins Gleichgewicht.
Vorteile und Nachteile voll replizierender ETFs
Das Verfahren ist am besten geeignet für große Indizes, in denen die Aktien nach Marktkapitalisierung gewichtet werden. Problematisch ist es dann, wenn ein Fonds einen Index mit kleinen Aktien abbildet, die nicht in großen Mengen gehandelt werden. Ein Nachteil können zudem die bei dieser Methode entstehenden Kosten sein: Ein voll replizierender ETF, der den amerikanischen Index S&P 500 abbildet, muss 500 verschiedene Aktien halten – und bei Änderungen im Index möglicherweise in großem Umfang Aktien kaufen und verkaufen. Dabei fallen aber Gebühren an.
Ein Vorteil der vollen Replikation ist, dass es kein Kontrahenten-Risiko gibt wie bei ETFs, die Swaps nutzen (siehe unten). Der komplette Fonds besteht tatsächlich aus Aktien, die ein Sondervermögen darstellen. Zudem können voll replizierende Fonds einen Index genauer abbilden als solche Fonds, die etwa nur einige repräsentative Aktien aus einem Index halten (Representative-Sampling-Strategie).
Die größten Anbieter von voll replizierenden ETFs in Deutschland sind der Marktführer Barclays Global Investors mit seinen Ishares-Fonds und ETF-Lab, eine Tochter der Sparkassen.
So funktionieren Swap-basierte ETFs
Die am weitesten verbreitete Alternative zur vollen Replikation ist die synthetische Replikation, die zum Beispiel Lyxor ETF und die Deutsche Bank mit ihren db x-trackers nutzen. Vereinfacht ausgedrückt funktioniert diese Strategie so: Ein ETF hält zwar Wertpapiere, aber nicht diejenigen aus dem Index, den er abbilden will. Dies kann dazu führen, dass ein DAX-ETF keine einzige deutsche Aktie enthält, dafür aber sehr viele japanische. Dieses Beispiel ist nicht aus der Luft gegriffen: Der den DAX abbildende ETF von db x-trackers hielt dem Halbjahresbericht der Fondsgesellschaft zufolge am 30. Juni 2008 tatsächlich ausschließlich japanische Aktien.
Die nächste Frage liegt auf der Hand: Wie um alles in der Welt kann ein Fonds voller japanischer Aktien die Performance des DAX exakt abbilden? Die Antwort darauf sind Swaps. Swap ist das englische Wort für Tausch, und hinter dem Begriff verbergen sich moderne Finanzinstrumente, mit deren Hilfe der Fondsmanager die Performance seiner eigenen Wertpapiere gegen die des abgebildeten Index tauscht.
Anders ausgedrückt: Swaps sind Vereinbarungen, bei denen zwei Vertragspartner sich verpflichten, bestimmte zukünftige Zahlungsströme untereinander zu tauschen. Im Fall des DAX-ETF tauscht der Fondsmanager also zum Beispiel die Performance seines japanischen Aktienkorbes gegen die exakte Performance des deutschen Standardwerte-Index.
Vorteile und Nachteile synthetisch replizierender ETFs
Gesellschaften, die auf synthetische Replikation setzen, führen als Argumente dafür vor allem geringere Kosten und eine genauere Abbildung des Index (in der Fachsprache: einen geringeren Tracking Error) ins Feld. Schließlich garantiert der Vertragspartner im Idealfall exakt die gewünschte Performance – und dafür muss der Fondsmanager nicht einmal Aktien kaufen und verkaufen, um Veränderungen im Index nachzuvollziehen. Auch eine Börsenumsatzsteuer, wie es sie in England mit der Stamp Duty gibt, stellt für synthetisch replizierende ETFs kein Problem dar – sie kaufen einfach keine englischen Aktien, selbst wenn sie den englischen Leitindex FTSE 100 abbilden.
Die Schattenseite der synthetischen Replikation ist, dass Swaps derivative Finanzinstrumente sind – und die genießen bei vielen Anlegern seit der Finanzkrise keinen guten Ruf mehr. Zudem gibt es bei Swaps das Risiko, dass der Kontrahent ausfällt, der Vertragspartner des Fonds also. Allerdings ist der Anteil von Swaps am Nettoinventarwert (NAV) eines Fonds durch die Richtlinien der Europäischen Fondsregulierung auf höchstens zehn Prozent begrenzt. Zudem verweisen die Fondsgesellschaften auf die hohe Bonität ihrer Swap-Partner: Lyxor ETF swappt mit seiner Muttergesellschaft, der französischen Großbank Société Générale, bei den db x-trackers ist der Vertragspartner die Deutsche Bank selbst. Und die kann schließlich nicht pleite gehen.
Oder?