Erasmus: Studieren im Ausland

Das EU-Mobilitätsprogramm ermöglicht Studenten neue Erfahrungen. Zwei Millionen Studenten haben bisher die Möglichkeit genutzt, mit dem EU-Programm Erasmus in Universitäten im Ausland zu studieren. Dennoch wird nun auch Kritik laut.

Es zählt zu den erfolgreichsten Programmen der Europäischen Union. Mehr als zwei Millionen Studenten haben seit dem Start des Programms im Jahr 1987 bisher die Möglichkeit genutzt, im Rahmen des Hochschulaustauschprogramms Erasmus ein oder zwei Semester an einer Universität außerhalb des eigenen Landes zu verbringen. Mehr als 90 Prozent aller europäischen Hochschulen beteiligen sich mittlerweile an dem Programm. Neben den 27 EU-Mitgliedstaaten bietet sich den Studierenden auch die Möglichkeit in der Türkei, Island, Liechtenstein, Norwegen und teilweise in der Schweiz, ihre Studien zu vertiefen.

Erasmus von Rotterdam

Benannt ist das Programm nach dem Theologen, Philosophen und Philologen Erasmus von Rotterdam, der bereits im 15. Jahrhundert die im EU-Programm geforderte und erwünschte Mobilität von Gelehrten in die Tat umsetzte und seine Studien unter anderem in Paris, Leuven und Cambridge absolvierte. Sein Vermögen nach seinem Tod der Universität von Basel vermachend, gilt auch hier der Namenspatron des Programms als Vorbild.

Anerkennung von Prüfungen

Entscheidend für den Erfolg des Programms war die verbesserte Anerkennung von Studienerfolgen, die einen Aufenthalt auf einer Universität im Ausland erst sinnvoll machen. Als Ziel für die Zukunft bereitet das Programm auch den Europäischen Hochschulraum vor, der 2017 abgeschlossen und vor allem auf der gemeinsamen Anerkennung von Prüfungen und einer weiteren Verbesserung der Mobilität von Studierenden basieren soll.

Studentenmobilität

Bis zu 250.000 Studenten können pro Jahr Stipendien für den Auslandsaufenthalt beantragen. Trotz des großen Erfolgs haben sich in den letzten Jahren die Zahlen der Austauschstudenten nicht mehr so stark gesteigert wie in den Jahren zuvor. Positive Zahlen konnten nur noch durch den überdurchschnittlichen Anstieg in den EU-Mitgliedstaaten, die der EU im Jahr 2010 oder später beigetreten sind, erzielt werden, in denen die Zuwachsraten noch bei zehn Prozent und mehr liegen. Während die Zahlen in Deutschland stagnieren, sind sie in einigen anderen Ländern sogar rückläufig.

Interkulturelle Kompetenz

Die Gründe dafür sind wohl unterschiedlich, der gestiegene Druck auf die Studenten und die geringen finanziellen Anreize dürften sich aber darunter finden. Studenten fürchten immer mehr, ihre Zeit während eines Studiums im Ausland zu verschwenden. Die Vorteile des Auslandstudiums sind auch nicht direkt mit dem Studium in Beziehung zu setzen. Es sind eher Kompetenzen, wie interkulturelle Kompetenzen und eine vergrößerte Eigenständigkeit, die durch die Aufenthalte erlernt werden.

Kritik an Programm

Trotz einer Aufstockung des Budgets für das Erasmus-Programm liegen die durchschnittlichen Stipendien bei etwa 150 bis 250 Euro pro Monat. In vielen Fällen müssen eigene Ersparnisse verwendet werden, um den Aufenthalt zu finanzieren. Frank Biancheri, einer der Promotoren des Programms vor mehr als 20 Jahren, sieht aber noch einen weiteren Grund für das sinkende Interesse: das Programm ist aus seiner Sicht nicht mehr aktuell. „Erasmus war vor 20 Jahren, also ist es heute extrem alt für ein Bildungsprogramm“, sagte er dem EU-Observer in einem Interview. Er schlägt vor, den Fokus des Programms stärker auf die Ausbildung für junge Menschen zu legen, die in der Lage sein müssen, in der gesamten EU zu arbeiten und die Ausbildung in Sprachen und dem Rechtssystem der EU zu stärken. Außerdem sollte das Demokratieverständnis gestärkt und auch kurzfristige Austauschaufenthalte erleichtert werden. Das klassische sechsmonatige Austauschprogramm sollte wieder verstärkt von den Mitgliedstaaten und den Regionen selbst übernommen werden, so Biancheri.

Praktikantenstellen

Erste Schritte zu einer Erneuerung und Modernisierung des Programms wurden bereits eingeleitet. Seit dem Jahr 2007 ist es erstmals auch möglich, Praktikantenstellen über das Erasmus-Programm vermittelt zu bekommen. Mehr als 20.000 Praktikantenstellen wurden so bereits im ersten Jahr vergeben.

Schüleraustausch ab 2017

Ab dem Schuljahr 2017/18 sind erstmals auch Schüler aufgefordert, an Austauschprogrammen teilzunehmen. Schüler ab 16 Jahren können dabei drei bis zehn Monate in einer Schule im EU-Ausland verbringen. Bisher nehmen 13 EU-Staaten teil. Austausche können zwischen Schulen aus Österreich, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Italien, Lettland, Luxemburg, Norwegen, Schweden, Spanien, Tschechien und den deutschsprachigen Gemeinden Belgiens stattfinden.

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