Durch unvollständige Verwesung sind im Faulschlamm des Jurameeres besonders gut erhaltene Fossilien entstanden. Das Sedimentgestein enthält auch brennbares Kerogen.
Fossilien aus dem süddeutschen Posidonienschiefer genießen Weltruhm. Die Fundstücke, vor allem aus Holzmaden und Umgebung, sind außergewöhnlich gut erhalten: Nicht nur komplette Skelette wurden freigelegt, teilweise sind auch Gewebestrukturen oder Abdrücke von Weichteilen erkennbar.
Ein subtropisches Meer bedeckte Süddeutschland
Grund dafür sind die besonderen Bedingungen, unter denen die jahrmillionenalten Abbilder entstanden. Vor rund 190 Millionen Jahren war Süddeutschland vom Jurameer überflutet, einem subtropisches Gewässer mit Temperaturen von 20 Grad und mehr. Seine oberen Wasserschichten waren reich an Sauerstoff und Leben. Hier tummelten sich Fische und Tintenfische, Saurier, Krokodile und allerlei Kleintiere, hier wuchsen Korallen und Seelilien.
Am Meeresboden bildete sich Faulschlamm
Die weniger bewegten tieferen Wasserschichten waren jedoch sauerstoffarm. Deshalb verwesten tote Tiere, die nach unten zum Meeresboden sanken, nicht, sondern verfaulten nur unvollständig. Von oben kam ständig neues, organisches Material nach, so dass sich eine Schicht Faulschlamm bildete und immer weiter verdichtete. Sie wurde nicht mehr aufgewühlt, da keine Aasfresser und andere Tiere in dem lebensfeindlichen Milieu unterwegs waren. Die Kadaver wurden durch den Druck von oben zwar verdichtet und plattgedrückt – deshalb sind zum Beispiel viele Ammoniten nur als zweidimensionales Bild erhalten. Aber die Skelette von Tieren blieben oft komplett unzerstört, ebenso zeichneten sich manchmal Weichteile im umgebenden Material ab.
Kalkablagerungen und Pyrit
Durch chemische Vorgänge lagerte sich teilweise Kalk an den Kadavern an und schützte sie vor Verformung; Calciumphosphat zeichnet an manchen Stellen die Strukturen von Bindegewebe oder Muskeln nach. Bei den Fäulnisprozessen entstand auch giftiger Schwefelwasserstoff, der unter anderem mit Eisen reagierte: So entstand Pyrit, auch Katzengold oder Schwefelkies genannt. Dieses Mineral findet sich in Form zahlreicher Knollen im Posidonienschiefer, es hat auch den Abdrücken vieler Ammoniten ihren metallisch-goldenen Glanz gegeben. Ammoniten, die in ihrer Form an Schnecken erinnern waren übrigens Kopffüßer, also Tintenfischen ähnlich.
Aus Plankton wurde Kerogen
Geologisch gesehen ist Posidonienschiefer gar kein Schiefer, sondern ein Sedimentgestein, das allerdings ähnliche wie Schiefer gut in Schichten spaltbar ist. Der Name Posidonienschiefer geht auf die Muschel Posidonomya bronni zurück, die in ihm besonders zahlreich gefunden wurde.
Gelegentlich wird das Gestein auch als Ölschiefer bezeichnet. Es enthält zwar kein Erdöl, aber brennbares Kerogen. Dabei handelt es sich um einen energiereichen, bitumenähnlichen Kohlenwasserstoff, der bei den Fäulnisprozessen mit organischem Material wie Plankton entstanden ist. Er ist die Ursache dafür, dass Schieferhalden unter bestimmten Bedingungen in Brand gesteckt werden können. Auf verschiedenen Abbaufeldern der Schwäbischen Alb kam es zu teilweise lang anhaltenden Schwelbränden.
Mehr als 3 500 Tote beim „Unternehmen Wüste“
In Deutschland wurde vor allem gegen Ende des zweiten Weltkriegs versucht, Treibstoff aus Posidonienschiefer zu gewinnen. In mehreren Konzentrationslagern auf der Schwäbischen Alb mussten ab 1944 rund 15 000 Häftlinge unter unmenschlichen Bedingungen Schiefer abbauen, zermahlen und in Meilern verschwelen. Mehr als 3 500 Menschen kamen dabei in den letzten Kriegsmonaten um. Ein Museum in Bisingen im Zollernalbkreis dokumentiert die Geschichte des „Unternehmen Wüste“ und des dortigen KZ.