Entspannen mit Tönen und Klängen. Kleine Einführung in Klangtherapie und Klangmeditation. Heilen mit Musik und Klang hat lange Tradition. Doch braucht es weder Priester noch Schamanen, um die entspannende Wirkung von Tönen und Klängen für sich zu entdecken.
Nada Brahma – die Welt ist Klang. So lauten das bekannte indische Sprichwort und ein Buchtitel von Joachim Ernst Berendt. Der renommierte Musikjournalist und Jazzer galt Insidern als „Pabst des Hörens“ und war Autor zahlreicher Standardwerke zum Thema wie „Das dritte Ohr“ (Rowohlt Verlag, Hamburg). Doch dass Töne und Klänge heilsame Wirkung haben, wussten schon die alten Kulturvölker. Auch in der Bibel heißt es schließlich: Am Anfang war das Wort. Die meisten Schöpfungsgeschichten erzählen davon, dass die Welt aus Klang geboren wurde. Die moderne Astrophysik untermauert diesen Mythos mit ihrer Theorie vom Urknall.
Zur Geschichte der Klangtherapie
Für die praktische Anwendung waren Schamanen, Priester und Heilerinnen zuständig. Es gab noch keine Trennung zwischen Religion, Heilkunst und Musik. Überliefert sind eine Reihe von Ritualen und Instrumenten. Rhythmisches Trommeln der Indianer Nordamerikas oder das tiefe Brummen der Didgeridoos bei den australischen Aborigenes sind heute noch bewährte Methoden, sich in Trance zu versetzen. Heilwirkung wird sowohl tibetischen Klangschalen nachgesagt als auch der indischen Musik mit ihren Gongs, Zimpeln und Sithar-Klängen. Ob monotoner Sing-Sang oder das Rezitieren heiliger Mantras – auch die menschliche Stimme selbst kann als Instrument dienen, um sich in einen entspannten oder gar entrückten Zustand zu versetzen. Das gilt vor allem für den Obertongesang, der auch in Deutschland zunehmend bekannt wird. Von der Heilwirkung der Obertonmusik erzählt ein mit dem Oskar nominierter Spielfilm. „Die Geschichte vom weinenden Kamel“ zeigt wie die Klänge der mongolischen Pferdekopfgeige bei einer Kamelstute den Milchfluss anregen und damit das Überleben ihres Fohlens sichern. Erwiesen ist, dass Kühe mehr Milch geben bei klassischer Musik.
Zur Wirkung von Tönen und Klängen
Jeder Gegenstand, jedes Lebewesen hat seine persönliche Frequenz, welche durch Resonanzwirkung zum Mitschwingen gebracht werden kann. Dies verdeutlicht der Versuch mit zwei Gitarren, die exakt gleich gestimmt sind. Stellt man sie einander gegenüber und zupft eine beliebige Saite bei dem einen Instrument an, schwingt die zweite Gitarre mit. Der Schweizer Autor Hans Cousto beschreibt in seinem Buch „Die Oktave“ den Vorgang des Hörens als Resonanzphänomen („Das Urgesetz der Harmonie“ erschien im Verlag Simon & Leutner, Berlin). Auch Farben schwingen in verschiedenen Frequenzen, denen Töne zugeordnet werden können, zum Beispiel C für Grün und E für Violett. Doch im Gegensatz zum Auge nimmt das menschliche Ohr einen weit größeren Frequenzbereich war, der etwa zehn Oktaven umfasst.
Für Cousto ist Hören ein ganzheitlicher Vorgang. Nicht nur Ohr und Trommelfell, sondern unser ganzer Körper, die Organe und jede Zelle schwingen mit. Je nach Tonhöhe wirken Klänge beruhigend, stimulierend oder irritierend. Man denke nur an die schaurige Musik alter Gruselfilme oder moderner Horrorthriller, die auch ohne passende Bilder Gänsehaut erzeugt. Resonanz kann drastische Auswirkungen haben. Schall schädigt nicht nur Wale – deren empfindliches Ortungssystem durch den Krach von Schiffsschrauben zerstört wird – sondern auch Menschen. Lärm macht krank. Bei einem Geräuschpegel von über 120 Dezibel nimmt das Gehör irreversibel Schaden. Infraschall kann bei empfindlichen Menschen Angst auslösen. Erzeugt werden solche Töne, deren tiefe Frequenzen für uns unhörbar sind, zum Beispiel von Generatoren.
Möglichkeiten der Therapie mit Tönen und Klängen
Eine Grenze zwischen Therapie und Meditation zu ziehen, fällt schwer. Unterschiede verschwimmen, die Übergänge sind fließend. Bei einer Klangtherapie erreicht der Patient fast immer einen meditativen Zustand. Und wenn wir uns mittels Klängen und Tönen in Entspannung versetzen, hat dies natürlich heilsame Wirkung auf Körper, Geist und Seele. Besonders die Wirbelsäule ist ein idealer Resonanzboden. Doch auch die Hauptenergiezentren des Körpers, die sogenannten Chakren, lassen sich durch Töne anregen oder beruhigen. Im Fachhandel gibt es Kassetten und CDs mit passender Musik sowie den „Urtönen“, für die J.E. Berendt die Eigenschwingung der Planeten in den hörbaren Bereich transformiert hat. Die Zusammenhänge sind frappierend. Der Physikprofessor und Entdecker der Biophotonen Fritz Albert Popp konnte die Übereinstimmung des Resonanzmaximums der menschlichen DNS mit der 66. Oktave der Erdrotation nachweisen. Wie im Großen, so im Kleinen – das gilt auch für Sauerstoffatome, deren Protonen und Neutronen in einer Dur-Tonleiter schwingen.
Meditation mit Tönen und Klängen
Dabei unterscheidet man zwei Ansätze. Sehr bequem ist es natürlich, sich von Musik und Klängen sanft „berieseln“ zu lassen. Für manche Menschen ungewohnt, aber noch eine Spur wirkungsvoller ist selbst zu singen und zu klingen.
1) Passive Behandlung mit Tönen und Klängen
Gongs und Klangschalen sind beliebte Instrumente, die heilsame Wirkung von Klängen zu nutzen. Vorsicht geboten ist bei sehr großen Gongs. Stellt man sich in unmittelbare Nähe so wird die Schwingung unangenehm stark bis schmerzhaft empfunden. Die Wirkung von Klangschalen kann noch vertieft werden, wenn man diese direkt auf den Körper stellt. Genau umgekehrt verfährt die Klangtherapie mit dem Sandava-Monochord. Hier liegt der zu Beschallende auf einem Instrument, dessen Saiten unter dem hölzernen „Klangtisch“ angebracht sind. Sie sind alle exakt gleich gestimmt. Somit werden beim Anzupfen die Obertöne hörbar. Dieser ungewohnte Klang vermittelt meditative Ruhe bis hin zu einem Gefühl der Schwerelosigkeit. Anfängliche Verspannungen und Energieblockaden werden gelöst, Wärme erfüllt den ganzen Körper. Eine einfachere Variante sind chinesische Klangkugeln. Bei jeder Bewegung werden die Akupunkturpunkte auf der Handfläche stimuliert.
2) Die eigene Stimme ertönen lassen
Man summt in verschiedenen Tonhöhen, bis man seinen „Eigenton“ findet. Das ist jener Ton, bei dem sich das Gefühl einstellt, der ganze Körper würde mitschwingen. Es fällt leichter diese Schwingung wahrzunehmen, wenn man dabei die Hand auf die entsprechenden Körperstellen oder darüber hält. In der Stimmbildung kennt man das Singen verschiedener Vokale in unterschiedlichen Tonhöhen. Am wirksamsten ist die Übung im Stehen. Man beginnt mit einem tiefen U, das den Füßen und dem Becken zugeordnet ist. Über O (Bauch), A (Herz), E (Hals) vokalisiert man immer höher bis zum I (Kopfton). Wer um die Lage der Chakren weiß, konzentriert sich dabei auf diese Energiezentren. Und wer es fernöstlich mag, summt bei den Übungen ein OM, das wohl bekannteste aller Mantras. Wirkungsvoll sind auch sogenannte Brummsteine, die man als Attraktion auf Gartenschauen oder in manchen Stadtparks finden kann. Der Hohlraum im massiven Gestein vertieft die Eigenschwingung des Körpers um ein Vielfaches. Möchte man noch tiefer eintauchen in ungewohnte Klangwelten, empfiehlt es sich Obertongesang zu erlernen, etwa bei Miroslav Großer.