Wohnungslärm ist störend und potentiell gesundheitsschädlich. Doch zu einer Flucht durch Umzug muss es gar nicht erst kommen. Wozu gibt es Lärmschutz?
Lärm in der Wohnung hat viele mögliche Ursachen. Eindringender Straßenlärm, partywütige Nachbarn, Fließgeräusche in Rohren und Leitungen, musizierender Nachwuchs, oder auch selbst verursachter Krach. All dies wären keine ernstzunehmenden Ursachen, würden die lärmerzeugenden Schallquellen effektiv auf ihren Entstehungsort begrenzt.
„Schluckspechte“ gegen Eigenlärm
Die unmittelbarste Lärmquelle ist der Hausherr oder die Hausdame selbst. Es muss nicht das Anbrüllen des Telefons seins, wenn sich am anderen Ende die schwerhörigen Urahnen ums Wohlergehen erkundigen. Bereits Sprechen in normaler Lautstärke kann unangenehm sein, wenn die Wände einen Widerhall geben. Verantwortlich hierfür sind glatte Wandflächen, auf die der Sprechschall trifft und zurückgeworfen wird, sofern er nicht durch einen Gegenstand im Raum abgefangen wird. Damit ist man schon bei der Lösung angelangt, nämlich dem Ausstatten von Zimmern mit Möbeln, Teppichen, Bildern, wer es luxuriöser mag: Gobelins, Stehlampen usw. Entgegen der glatten Wand sind diese Gegenstände zumeist uneben und porös und entpuppen sich hierdurch als wahre Schallschlucker (Absorber), da der Schall gebrochen und zum Großteil innerhalb der Poren zurückreflektiert wird. Bei dieser Art der Schalldämpfung – das Fachgebiet der Raumakustik – wird die Schallenergie nach und nach in Wärme umgewandelt.
Die Masse macht´s
Gegen von Außen eindringenden Lärm hilft die pure Masse. Je unerschütterlicher eine Lärmbarriere ist, umso weniger wird sie durch von Außen auftretenden Schall in Wallung versetzt und gibt daher nach Innen kaum Schallwellen weiter. Angesprochen ist nun die Schalldämmung, mit der sich die Bauakustik befasst. Gegen Straßenlärm empfiehlt sie folgerichtig dicke Scheiben, für aus dem Haus in die Wohnung gelangenden Krach hingegen dicke Türen. Ansonsten sind massive Wände selbstverständlich der Grundpfeiler der Schalldämmung. Türen und Fenster kann man gegebenenfalls in Abstimmung mit dem Vermieter austauschen. Schwierig wird es aus baustatischen Gründen mit Wänden, die man nicht ohne weiteres beschweren darf. Bis zur Decke reichende Schränke sind das Zauberwort und falls sie wie beim Zauberer Merlin mit tausenden Büchern gefüllt sind, dann wird die selbst geschaffene Bibliothek wahrlich zu einem Hort der Ruhe.
Die biegsame Alternative
Interieur nimmt Platz weg und macht alleine aufgrund Lärmschutz wenig Sinn, zumindest wenn es dadurch unwohnlich wird. Pure Masse ist zum Glück nicht unbedingt der Königsweg. Man stelle sich vor, ein Haus sei nur aus Metall gebaut und ein anderes aus Gummi. In welchem wird wohl bei gleicher Schallbelastung und gleicher Masse des Baustoffs der bessere Lärmschutz vorliegen? Richtig, in der „Gummizelle“. Folglich kann auch mit weniger Masse der gleiche Effekt erzielt werden, wenn die Dämmmaterialien elastisch sind. Entgegen steifer Materialien, die den im rechten Winkel auftretenden Schall auch im rechten Winkel weitergeben, geben biegsame Stoffe den Schall im spitzen Winkel nur in Nähe der Fläche ab, da sie sich durch den einwirkenden Schall zu einer Welle verformen. Hingegen vibrieren die unelastischen Stoffe wie ein Instrument und absorbieren im Übrigen den Schall schlechter. Auch die Elastizität von relativ unelastischen Dämmplatten kann verbessert werden, wenn diese zum Beispiel gerillt werden. Am vorteilhaftesten ist die Verwendung elastischer Dämmung von vorne herein.
Zwischenräume schaffen
Einleuchtend ist, dass ein Zimmer als Puffer zu der Lärmquelle einen Großteil des Lärms zurückhalten hilft. Was für große Räume zutrifft, gilt auch aus demselben Grund im kleineren Maßstab, also wenn eine Wand aus mehreren Zwischenwänden besteht, die im gewissen Abstand zueinander stehen. Durch die so geschaffenen Hohlräume werden Luftkammern geschaffen, so dass der Körperschall, den die erste Wandschicht abgibt, erst einmal in Luftschall umgewandelt wird, bevor dieser bei Auftritt auf die andere Wand wiederum zu Körperschall wird, um letztlich durch die Umwandlungen und teilweise Schluckung im Zwischenraum deutlich abgeschwächt von der zweiten Wand abgestrahlt zu werden. Ähnlich wie eine zweite Wand wirken Bücherschränke und eignen sich auch unter diesem Aspekt zum Schallschutz. Als zweckmäßig erweist sich zusätzlich eine schalldämpfende Beschichtung der Rückseite der inneren Wand des zu schützenden Raumes, wodurch die Dämmung durch Dämpfung verstärkt wird.
Schwimmender Boden und hängende Decke
Ansonsten bewirkt die Verlegung vom „schwimmenden Estrich“ auf einer in Mineralwolle oder anderem Dämmstoff eingeschlossenen Luftdecke eine Luftbarierre hinsichtlich des Schutzes vor Lärmquellen aus unteren Stockwerken. Umgekehrt werden die Nachbarn vor eigenem Trittschall geschützt, also dem Körperschall, der beim Auftreten oder Fallen von Gegenständen entsteht. Vor Trittschall aus dem oberen Stockwerk hilft eine hängende Decke, die unterhalb der eigentlichen Decke angebracht ist und im Idealfalle aus schallabsorbierenden Materialien besteht. Bei Fenstern schafft die Doppelglasverglasung Zwischenräume. Im Falle durch den Vermieter gebundener Hände können schwere Vorhänge und dicke Teppiche eine wirksame Alternative sein, dann allerdings als Schallabsorber wirkend.
Schallbrücken meiden
Geschaffene Zwischenräume erfüllen ihren Nutzen am effektivsten nur dann, wenn die Außenwände keine Verbindung aus festen Materialien aufweisen. Verstrebungen zwischen Wänden, mit dem Estrich verbundene Querbalken und Dergleichen wirken als Brücken für den Körperschall und müssen daher gemieden werden. Nur relativ weiche, biegsame Materialien kommen als Stabilisatoren in Frage. So haftet der Estrich auch nicht an den Seitenwänden, sondern ist seitlich von der abgebogenen Mineralwolle umschlossen, schwimmt quasi in einer Wanne. Dämmstreifen, auf die Zwischenwände gestellt werden, werden nicht festgeschraubt oder angenagelt, sondern angeklebt. Hängende Decke werden durch Federn mit der eigentlichen Decke befestigt.
Lärmschutzkabine Marke Eigenbau
Alle Maßnahmen vereint würden in einer Art Raum im Raum münden, der durch Materialien und Hohlräume, die als Schallbarrieren und -Absorber wirken, von dem äußeren Raum entkoppelt ist. Nach diesem Prinzip werden Tonstudios gebaut, die bekanntlich vor äußeren Lärmquellen abzuschirmen sind, aber freilich auch hinsichtlich ihrer Lärmemission hohen Standards genügen müssen. Solche Standards wird man mit den oben genannten Maßnahmen sicherlich nicht erreichen können, zumal in Mietwohnungen Umbauten kaum infrage kommen. Dennoch: Werden alle zur Verfügung stehenden Mittel konsequent ausgeschöpft, ist eine selbst geschaffene „Lärmschutzkabine“ alles andere als utopisch.