2002 ist eine sagenhafte Puppe auf dem Markt erschienen, angefertigt von dem Puppendesigner Robert Tonner nach dem Vorbild des erfolgreichen Models Melissa Miller.
Melissa Miller (USA), ca. 40 Jahre alt, wiegt bei einer Größe von 1,80 m etwa 86 kg und trägt Konfektionsgröße 44. Sie wurde als erstes „full-size“ Modell von dem Kosmetikkonzern Revlon unter Vertrag genommen und zweimal von dem People Magazine unter die 50 schönsten Menschen des Jahres gewählt.
Die Emme-Puppe hat eine Message
Die nach dem Muster des Models kreierte, 40 cm große Puppe, soll, ganz im Gegenteil zu Barbie, die nur einen verschwindend geringen Teil der Frauen repräsentiert, junge Mädchen dazu motivieren, ein gesundes Verhältnis zu ihrem Körper herzustellen. Britische Psychologen haben herausgefunden, dass die Identifizierung mit der überschlanken Mattel-Puppe mit der Wespentaille und dem unnatürlich voluminösen Busen das Selbstbewusstsein von Mädchen nachhaltig beeinflusst und zu Essstörungen führen kann. Bereits Fünfjährige sollen betroffen sein. Dem möchte Melissa Miller, die neben ihren Aktivitäten als Beauty-Fernsehhost und Autorin in Essstörungs-Organisationen engagiert ist, entgegenwirken. Sie sieht die Puppe sowie die eigene Präsenz in der Öffentlichkeit als wichtige Botschaft für Nicht-Dünne in Hinsicht auf ein gutes Selbstwertgefühl.
Emme ist zu teuer
Die Kreation von Emme war, gerade im Anbetracht des „Schönheits“-Terrors und seiner Manifestation in lebendigen Kleiderhaken als Models, die sich von Watte und Papiertaschentüchern ernähren, in size 0 passen und in jungen Jahren dem Hungertod erliegen, eine geradezu revolutionäre Idee. Trotzdem konnte die Puppe sich noch nicht effektiv gegen Barbie, die schon ihren 50. Geburtstag feiert, durchsetzen. Es wurden auch erst 6 000 Exemplare der Melissa-Miniatur hergestellt. Der Grund hierfür ist ihr stolzer Preis. Eine Puppe kostet zwischen 100 und 125 Euro. Für mehr Popularität ist demnach eine Preissenkung unerlässlich.
Das Idealbild wurde nur ausgetauscht
Melissa hat Recht, Mädchen brauchen neue Vorbilder. Doch Emme wird in diesem Zusammenhang vorgeworfen, vorherrschende Ideale nur zu ersetzen anstatt sie zu dekonstruieren. Schließlich wurde sie nach dem Bild einer weißen Frau und dazu noch einer, bis auf die Maße im normativen Sinne, makellosen Schönheit angefertigt. So werden sich dunkelhäutige, behinderte, schwarzhaarige, indogene, asiatische,… Mädchen und geschweige denn Jungs nicht durch sie repräsentiert fühlen. Sicherlich, eine einzige Puppe kann nicht die reale Vielfalt wiedergeben. Immerhin hat sie es geschafft das Repertoire an Idealen zu erweitern. Viel zu optimistisch ist auch die Hoffung, dass es ihr eines Tages gelingen sollte, ihre realitätsferne Konkurrentin aus dem Weg zu räumen.
Wir brauchen mehr Puppen!
Um die Hierarchie und die entsprechende Diskriminierung aufgrund von Äußerlichkeiten abzubauen und die Instrumentalisierung von Frauenkörpern abzuschaffen, müssen noch Milliarden von Puppen, die an tatsächliche Menschen als Vorbilder angelehnt sind, „geboren werden“. Eine Marktlücke, die eine ehrenwerte Aufgabe und zugleich eine große Chance für PuppendesignerInnen darstellt.