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Drei Stufen der Wahrnehmung

Der Wahrnehmungsprozess läuft in mehreren Phasen ab.

Die Aufgabe der Wahrnehmung besteht darin, den Input äußerer Energiequellen über die Sinnesorgane aufzunehmen und zu geordneten Perzepten zu organisieren. Unter einem Perzept versteht man das, was wahrgenommen wird. Es ist also weder der physikalische Gegenstand, der sichtbar ist, noch ist es dessen Abbild in einem Rezeptor. Es handelt sich um das erfahrene Ergebnis des gesamten Wahrnehmungsprozesses. Der Wahrnehmungsprozess beinhaltet viele einzelne Schritte, die meist unbewusst ablaufen. Die psychischen Vorgänge bei der Wahrnehmung sind das Zusammenfügen, Urteilen, Schätzen, Erinnern, Vergleichen und Assoziieren und anderes. Der gesamte Prozess der Wahrnehmung läuft in drei Stufen ab.

Die erste Stufe: das sensorische Empfinden

Auf der ersten Stufe wird physikalische Energie, wie zum Beispiel Licht oder Schallwellen, in eine neurale Aktivität verwandelt. Hierbei findet eine Verschlüsselung der Informationen statt. Es werden Reize ausgewählt und bestimmte Transformationen durchgeführt. Die Zellen der Netzhaut betonen zum Beispiel Grenzlinien und Helligkeitsunterschiede. Die Gehirnzellen entnehmen den Ganglienzellen der Netzhaut bestimmte Informationen über Merkmale des wahrgenommenen Gegenstandes.

Die zweite Stufe: das Wahrnehmen

Während es in der ersten Stufe darum ging, den Input aus der Außenwelt aufzunehmen, geht es nun darum, diesen wahrzunehmen. Die Wahrnehmung meint hierbei einen Prozess der „inneren Präsentation“ eines Gegenstandes. Die „innere Präsentation“ wird aus dem Gegenstand und aus einem erfahrenen beziehungsweise erlebten Perzept des äußeren Reizes gebildet. Man kann bei der zweiten Stufe von einer Beschreibung sprechen. Die äußere Umwelt wird also konkret beschrieben. Die äußeren Reize werden in erkennbare Muster und Formen umgewandelt, so dass der Wahrnehmende das Objekt erkennen kann. So werden zum Beispiel drei Linien, die das Gehirn erkannt hat, als Buchstabe „A“ oder als Dreieck identifiziert. Diese Erkennung richtet sich nach dem Kontext und welche Informationen von diesem aufgenommen werden können. Auf dieser Stufe finden auch die Prozesse der Schätzung statt. Die Größe, der Umfang, die Entfernung, die Lokalisierung etcetera werden hier eingeschätzt. Die Schätzungen berufen sich allerdings auf Erfahrungen, die in der Vergangenheit gemacht worden sind. Bereits erworbenes Wissen wird also mit aktuellen Informationen der Sinnesorgane gekoppelt.

Die dritte Stufe: das Klassifizieren

Die erkannten Eigenschaften eines wahrgenommenen Gegenstandes werden in bereits bekannte Kategorien eingeordnet. So werden runde Objekte beispielsweise in die Kategorien „Bälle“, „Münzen“, „Uhren“ und anderes eingeteilt. Bei menschlichen Gestalten differenziert man beispielsweise in „bekannt“ oder „unbekannt“ beziehungsweise in „Freund“ oder „Feind“. An dieser Stelle sei angemerkt, dass zwischen der zweiten und der dritten Stufe keine eindeutige Trennung möglich ist, da die beiden Prozesse meist ineinander verwoben ablaufen. Auf der theoretischen Ebene ist eine Differenzierung dennoch möglich. Die Wahrnehmung beruht auf einer Kombination von sensorischen Informationen und klassifizierten Merkmalen. Die Klassifikation beruft sich auf in der Vergangenheit erworbenes Wissen, welches der Unterteilung der Merkmale dient.

Die Wahrnehmung ist sehr komplex

Das obige Schema der drei Stufen stellt nur eine vereinfachte Form der Wahrnehmung dar. Die menschliche Wahrnehmung ist noch viel komplizierter beziehungsweise komplexer, als das obige Modell darstellt. Es spielen verschiedene Wahrnehmungsgesetze eine Rolle sowie die Theorie der Selektion und subjektiven Interpretation. Die Wahrnehmung ist ein menschlicher Mechanismus, der den gesamten Menschen betrifft und nicht nur auf die Sinnesorgane beschränkt ist. Alte Informationen werden mit neuen gekoppelt, um so neue Muster herstellen zu können, die wiederum als Grundlage für neue Koppelungen dienen. Auf diese Weise ist der Prozess der Wahrnehmung ein theoretisch unendlicher Kombinierungsprozess von neuen mit alten Erfahrungen.