Als erste Menschen wandern Florian und Beatrix Weichselbaum aus Linz die Donau entlang. Von der Quelle im Schwarzwald bis zur Mündung im Schwarzen Meer.
In ihrem Blog, den sie ebenso fleißig jeden Tag mit Informationen füttern, wie sie Schritte entlang der Donau tun, sprechen sie von 4,5 Millionen Schritten die nötig sein werden, um von der Quelle bis zur Mündung zu kommen. Florian und Beatrix Weichselbaum aus Linz waren natürlich schon länger von Europas größtem Strom fasziniert. Doch der Plan war eigentlich ein anderer. In ihrer Lebensmitte wollten beide ihre Bilanz ziehen und ihre Beziehung vertiefen, erneuern oder einfach neu definieren. Dazu erschien ihnen der Jakobsweg geeignet. Problem:
Jakobsweg kann ja jeder
Die kurze Route durch Nordspanien stellt für das Paar keine Herausforderung dar. Zu touristisch ist der Jakobsweg, überall Pilgerunterkünfte und überlaufen ist er spätestens seit den Büchern von Paolo Coelho und Hape Kerkeling. Und: Sie wollten etwas tun, das vor ihnen noch niemand tat. So fand das Ehepaar Weichselbaum heraus, dass vor ihnen noch niemand die Donau entlang gewandert ist. Zumindest wäre eine solche Wanderung noch nicht dokumentiert worden. Jakobswegwanderer dagegen finden sich wie Sand in den Dünen der Donau mit Berichten in Zeitschriften, dem Internet und im Fernsehen.
Die innere Einkehr, die Ruhe, der Rhythmus der vielen Schritte – das sind die Gründe für eine Pilgerwanderung und nicht unbedingt das Ziel einer Kathedrale in Santiago de Compostella. Eine solche Kathedrale scheint es im Donaudelta nicht zu geben. Doch sollte es dort eine vergleichbare Kirche geben, so werden Beatrix und Florian in ihrem Blog darüber berichten und damit mehr als nur ihren erweiterten Freundeskreis informieren. Die beiden nehmen ihre 5 bis 6-monatige Wandertour auch als Auszeit und Vorbereitung für ihren neuen Lebensabschnitt, in dem sie als Biolandwirte ihre Existenz bestreiten wollen.
Die Donau
Von den Quellen der Donau (Brigach und Breg bringen die Donau zu Weg) bis zum Donaudelta am Schwarzen Meer sind etwa 3.000 Kilometer zurückzulegen. Bei einem Reisetempo von 30 Kilometern am Tag käme man also auf 100 Wandertage. Florian und Beatrix haben ein bisschen mehr eingeplant, weil man ja nie weiß, ob man nicht doch eine interessante Begegnung hat, einen unbekannten aber geschichtsträchtigen Ort findet oder aber krank wird, neue Schuhe braucht oder nur einfach mal Pause braucht. Deshalb hat das Paar am 24. August bereits Tag 121 auf dem Rucksack.
Schon Anfang Juli sprachen sie davon, dass ihre Füße inzwischen eine Nummer größer geworden seien. Sichtbares Zeichen der Anstrengungen unterwegs. Von Blasen an den Füßen wollen beide nicht sprechen. Viel lieber von ihren vielen interessanten Begegnungen und Eindrücken. Die Donau fließt durch neun Staaten und verbindet damit Kulturen, Sprachen und Menschen miteinander. In Bela Crkva (Weißkirchen) machten sie eine solche Begegnung mit Milan Belobabic, der im städtischen Archiv arbeitet und sie für zwei Nächte beherbergte. Für Beatrix war diese Begegnung auch deshalb wertvoll, weil ihr Vater in dieser „letzten Stadt des 19ten Jahrhunderts“ geboren war und wie viele Donauschwaben nach dem Zweiten Weltkrieg sein Zuhause verlassen musste. Beatrix konnte in alten Karten blättern und die Adresse suchen und wurde vom besten Tourist-Guide der Stadt flugs vor dem Haus ihrer Ahnen abgesetzt.
Anschließend ging es in die Nera, Nebenfluss der Donau. Eine Tour durch den Fluss zu einer einsamen Lagune im Grenzgebiet Serbiens und Rumäniens war dann nur noch ein weiteres Highlight auf der monatelangen Wanderung. Gleichzeitig gibt die Erwähnung der Erlebnisse in Bela Crkva Auskunft über das Potential des Flusses – die Donau ist wirklich schon lange das Band mit dem Menschen in Europa sich verbinden. Bereits im neunten Jahrhundert sind Handelsverbindungen zwischen Regensburg und dem Schwarzen Meer urkundlich nachgewiesen. Aber erst heute machen sich Menschen aus Mitteleuropa auf den Weg donauabwärts, um einen anderen Zugang zu sich selbst zu finden.