In den Tropen beidseits des Äquators rund um den Globus ist die Artenvielfalt in enormer Gefahr. Der WWF sieht noch eine Chance, sie zu retten.
Tropische Drinks, tropische Bikini-Schönheiten, tropische Wälder. Das Wort Tropen löst jede Menge aufregender und sinnlicher Assoziationen aus. Doch wo dieses tropische Paradies eigentlich liegt, wissen die wenigsten. Der Begriff Tropen kommt aus dem Griechischen: tropai heliou steht für Sonnenwendegebiet.
Er bezeichnet die Gebiete zwischen den nördlich und südlich des Äquators liegenden Wendekreisen der Sonne. Innerhalb dieses – auf einem Globus sichtbaren – Gürtels, der etwa 40 Prozent der Erdoberfläche umfasst, steht die Sonne zu bestimmten Zeiten des Jahres ganz oder fast ganz im Zenit, also so gut wie senkrecht über dem Boden.
Tropischer Regenwald wächst von Indonesien bis zur Karibik
Aufgrund der vor allem in den äquatorialen Bereichen intensiven Sonneneinstrahlung (Jahresmittel rund 25° bis 28° Celsius), die zu einer starken Verdunstung besonders über den tropischen Ozeanen führt, wirken die Tropen entscheidend auf den Wärme- und Wasserhaushalt des Systems Erde-Atmosphäre ein. Tägliche Regenschauer bringen im Mittel 1.500 mm bis zu mehreren Metern Niederschlag jährlich.
Und nur hier wächst der tropische Regenwald: In Sri Lanka, Burma, Malaysia, Indonesien, den Philippinen und Neuguinea, in der afrikanische Guinea-Zone, im Kongo-Becken und an der Ostseite von Madagaskar, von Südmexiko bis Panama und dem größten Teil der karibischen Inseln, im Amazonasbecken und den südöstlichen Küstenregionen Brasiliens.
Tag der Artenvielfalt für die „grüne Lunge des blauen Planeten“
Der tropische Regenwald hat eine enorme Biodiversität. Er weist mehr als 100 Baumarten pro Hektar auf, die in drei bis fünf „Baumstockwerken“ wachsen. Das oberste besteht aus 50 bis 60 Meter hohen Baumriesen, das mittlere aus 30 bis 40 Meter hohen Bäumen, deren Kronen ein geschlossenes Dach bilden; das untere, zum Teil Jungwuchs, erreicht 15 Meter. In dieser „grünen Lunge des blauen Planeten“ leben mehr als 50 Prozent aller auf der Erde vorkommenden Tier- und Pflanzenarten.
Sie sind noch nicht alle bekannt, und es ist davon auszugehen, dass mit dem schon vernichteten Regenwald auch eine riesige Zahl von noch unbekannten Arten ausgerottet worden ist. Der amerikanische Insektenkundler Terry Erwin nebelte im Jahr 1982 die Krone eines Tropenbaumes mit Insektengift ein. Bei der Untersuchung seines Fangs stellte er fest, dass allein auf diesem Baum 600 verschiedene Insektenarten gelebt hatten.
Tropischer Regenwald bedeckte vor 2.000 Jahren noch etwa elf Prozent der Landfläche der Erde oder rund 16 Millionen km². Zu Beginn des 21. Jahrhunderts schätzte man sieben Millionen km². Die jährliche „Entwaldungsrate“ liegt lauf WWF seit den 90-er Jahren weltweit durchschnittlich bei knapp einem Prozent des Gesamtbestandes; das sind 15 Millionen km² (die halbe Größe Deutschlands) oder umgerechnet 6.000 Bäumen pro Minute.
Auf Sumatra werden jede Stunde 32 Fußballfelder gerodet
Wenn in diesem Tempo weiter gerodet wird, ist der Regenwald bis zum Ende dieses Jahrhunderts so gut wie vernichtet. Allein in der Provinz Riau auf der indonesischen Insel Sumatra werden jeden Tag 560 Hektar gefällt – 32 Fußballfelder pro Stunde. Die Folgen spürt die ganze Welt, und vor allem die einheimische Bevölkerung: 1989 hat Thailand jeglichen Holzeinschlag verboten, nachdem sintflutartige Regenfälle entwaldete Berghänge weg spülten und hunderte Menschen umkamen.
Viele Standorte im Tropenwald sind reich an Bodenschätzen. Deren oftmalige Gewinnung im Tagebau bedeutet meist eine unkontrollierbare Gefahr mit katastrophalen Risiken für den Wald und seine Bewohner – finanziert von der Weltbank. Ebenso werden die Bäume für eine unersättliche (auch europäische) Papierindustrie und die äußerst gewinnträchtige Palmölindustrie gefällt.
Margarine und Kosmetika schaden der Biodiversität
Aus letzterer wird das begehrte Öl zur Herstellung von Margarine, Gebäck, Speiseöl, Kosmetika, Waschmittel und Chemikalien gewonnen. Der Handel mit Tropenhölzern öffnet mit seinen für den Holzeinschlag notwendigen Straßen oft erst die sonst unzugänglichen Wälder und schafft damit die Infrastruktur für (Soja-)Plantagen, Brandrodung, Viehzucht und Landspekulationen.
Eine besondere Gefahr droht durch die Stromerzeugung. Da das Gefälle der Flüsse meist niedrig ist, müssen riesige Flächen aufgestaut werden. So mussten für den 1991 fertig gestellten Tucurui-Staudamm in Brasilien 2.500 Hektar Tropenwald überflutet werden, das ist knapp die fünffache Fläche des Bodensees; 25.000 Menschen wurde aus ihrer Heimat vertrieben. Da die Wälder für die Flutung meist nicht gerodet werden, entstehen unter den tropisch-heißen Bedingungen riesige, lebensfeindliche Faulseen, die auf Jahre die Umwelt belasten.
Die wertvollsten Tropenwälder könnten laut WWF noch gerettet werden, die dafür notwendigen Schritte müssten aber heute schon eingeleitet werden. Fachleute gehen davon aus, dass sich nach genügend langen Zeiträumen wieder eine dem ursprünglichen Zustand ähnliche Vegetation einstellen würde. Ob hierzu aber 200 Jahre genügen oder 1.000 Jahre benötigt werden, ist unbekannt.