Viele Menschen führen ein Leben in Heimen und in Vergessenheit. Sie leiden an der häufigen und schwerwiegenden psychiatrischen Erkrankung Schizophrenie.
Rosa ist 52 Jahre alt. Morgens wird sie von den Pflegekräften geweckt, sie erhält ihr Frühstück im Aufenthaltsraum, wo wie jeden Tag am Nachbartisch ein lautstarker Kampf um die Zigaretten entbrennt. Vormittags besucht sie manchmal die Gymnastik im Therapieraum, meistens legt sie sich aber noch mal ins Bett und wartet auf das Mittagessen. An das Gebrüll ihrer Mitbewohner hat sie sich längst gewöhnt. Sie verbringt den Nachmittag im Gemeinschaftsraum und ärgert sich über das Personal, das sich lautstark darüber unterhält, wo Rosa diesmal wieder 2000 Euro geklaut hat. Die Beschwerde bei der Heimleiterin bewirkt wie gewöhnlich nichts, diese reagiert verständnisvoll, versichert ihr aber, sie habe sich verhört.
Halluzinationen sind für Rosa trauriger Alltag
Doch für Rosa sind diese Stimmen Realität. Im 21. Lebensjahr – kurz nach ihrem Abitur – wurde ihr die Diagnose Schizophrenie gestellt, nachdem sie im Zug einen fremden Mann angegriffen und verletzt hatte. Sie glaubte gehört zu haben, wie er sie beleidigte.
Symptome verhindern ein normales Leben
Entgegen der weitläufigen Meinung ist Schizophrenie keine seltene Krankheit. Jeder 100. erleidet im Laufe seines Lebens eine mehr oder weniger ausgeprägte schizophrene Episode. Viele Psychosen heilen unentdeckt wieder aus, doch einige Patienten verlieren durch einen immer schlechter werdenden Verlauf jegliche Selbstständigkeit im Leben. Diese Menschen werden von zahlreichen verschiedenen Symptomen gequält. Depressive Verstimmtheit unterbrochen von nicht nachvollziehbarer Heiterkeit, Wahnideen und Halluzinationen, verwirrtes Denken und Gedankeneingebungen sind nur einige wenige Symptome, die bei einer Schizophrenie auftreten können.
Für das Leben der Betroffenen sind diese Symptome verheerend, soziale Kontakte und Freundschaften zerbrechen, die Kranken beginnen sich zu isolieren und verlieren nicht selten ihren Job.
Ungeklärte Ursachen erschweren die Behandlung
Die Ursache der Schizophrenie ist bis heute nicht geklärt. Verschiedene Theorien sind im Fokus der Wissenschaft, vermutet wird zum einen ein Überschuss des Transmitters Dopamin im Gehirnstoffwechsel, zum anderen aber auch eine höhere Empfindlichkeit der betroffenen Menschen gegen äußere Einflüsse, die sog. Vulnerabilität (Verletzlichkeit). Bewiesen werden konnte bis jetzt keine der Theorien. Bekannt ist nur folgendes: Liegt in der engeren Verwandtschaft bereits eine Erkrankung vor, erhöht dies die Wahrscheinlichkeit, selbst eine Psychose zu erleiden, erheblich. Die gute Nachricht ist, ca. zwei Drittel der Betroffenen können vollständig oder zumindest soweit geheilt werden, dass sie am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. Doch für ein Drittel endet das Leben in einem Pflegeheim.
Fazit: Ein Leben in Einsamkeit
So erging es auch Rosa. Ihre damalige Beziehung zerbrach während der zahlreichen Psychiatrieaufenthalte. Rosas Eltern sind inzwischen verstorben, zu ihren beiden Geschwistern hat sie nur unregelmäßigen Kontakt, da sie diese in der Vergangenheit oft um Geld gebeten hatte. Ihre Ansprechpartner sind inzwischen hauptsächlich ihre Mitbewohner, das Pflegepersonal und eine Anwältin, die ihre gesetzliche Betreuung übernommen hat. Manchmal wird Rosa ihr Schicksal bewusst, sie trauert um das Leben, dass ihr nicht vergönnt war und weiß, dass sie in diesem Pflegeheim ihr einsames Leben auch beenden wird.