Die Psychologie war lange Teildisziplin der Philosophie, bis sie sich im 20. Jhdt. mit Anspruch auf empirische Objektivität von der Philosophie los sagte.
Was ist Psychologie im Unterschied zur Philosophie? Psychologie, etymologisch abgeleitet aus dem Griechischen von psyche (Seele) und logos (Lehre), hat dem Begriff nach die Psyche, die Seele selbst, zum Gegenstand. So ist es nicht verwunderlich, wenn sich die Psychologie mit der menschlichen Seele, mit subjektiven Fragen menschlichen Daseins beschäftigt. Sind aber Fragen nach Sinn und Bedeutung eigenen Lebens, nach einem gelingenden Leben nicht gerade Fragen der Philosophie? Wie lässt sich der Unterschied von Philosophie und Psychologie dennoch verständlich machen?
Psychologie als moderne Wissenschaft von der menschlichen Seele
Betrachtet man Psychologie als eine eigene Disziplin, als Einzelwissenschaft mag man ihren Beginn auf Anfang des 20. Jahrhunderts mit dem klassischen Behaviorismus J. B. Watsons und der Psychoanalyse Sigmund Freuds datieren. Als solche entstand sie im Zuge der empirischen Wissenschaften, die man als effektiv und objektiv ansah. Die Psychologie als junge Wissenschaft versuchte sich mit empirischen Statistiken, quantifizierbaren Aussagen ebenfalls einen allgemeingültigen wie objektiven Anspruch zu verschaffen. So ermöglichte die empirische Psychologie Grundregeln und Gesetzmäßigkeiten subjektiven Seins in Form von Verhalten zu erforschen und objektiv abzusichern. Psychologie erhebt damit den Anspruch, allein objektivierbare, das heißt beobachtbare Aussagen über die menschliche Seele zu treffen. Dadurch löste sich die Psychologie von der Philosophie und erhob mit ihren Krankheitskatalogen einen objektiven Anspruch, weil die subjektive Individualität ausgeblendet wird.
Der Unterschied zwischen Philosophie und Psychologie
Der Unterschied von Psychologie als Einzelwissenschaft zur Philosophie zeigt sich in dem empirisch objektiven Ansatz Schließlich verzichtet die klassische Psychologie (Psychoanalyse, Behaviorismus) im Gegensatz zur Philosophie auf die Reflexion subjektiver Kräfte im Menschen; sie distanziert sich von individuellen Erklärungen, um nicht dem Vorwurf einer Scheinwissenschaft zu erliegen. Als sei jede Person einem Objekt vergleichbar, entwickelt die Psychologie standardisierte Behandlungsmethoden anhand von Krankheitssymptomen. Die Philosophie hingegen glaubt das eigene Leben, den Weg zum glücklichen Dasein in den Fähigkeiten menschlicher Subjektivität zu entdecken. Deshalb dürfen subjektive Ressourcen eines Individuums nicht ausgeblendet werden, wenn es um das Verständnis der menschlichen Psyche geht.
Die Philosophie als Geschichte der Psychologie
Die humanistische Psychologie in Form einer kognitiven Wende, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstand, orientierte sich zusehends an den inneren kognitiven Kräften und Fähigkeiten der menschlichen Seele. Dadurch würdigte die humanistische Psychologie die Bedeutung der philosophischen Frage nach der menschlichen Subjektivität. Die griechische Antike lehrte bereits, dass der Mensch als Subjekt die Fähigkeit zur Selbstverwirklichung besitzt. So ist der Aspekt subjektiver Reflexion und eigener Weltanschauung maßgeblich für die Kunst guter Lebensführung. Die Geschichte der Psychologie als menschliche Seelenlehre ist im Grunde die der Philosophie, als der Mensch begann, sein eigenes Sein zu hinterfragen. Aristoteles entwickelte schließlich als erster einen systematischen Begriff der menschlichen Seele. Entsprechend schreibt der amerikanische Psychologiehistoriker Robert I. Watson:
„Plato lived and worked before psychology began to emerge as a separate field. […] The first to develop a systematic psychology was Aristotle, who may therefore be regarded as the first philosophical psychologist” (Watson, Robert I.,1978).
Der historische Beginn der Psychologie oder die Substanzlehre Aristoteles
In seinen „Peri Psyches“, (von der Seele, lateinisch: de anima) beschreibt Aristoteles die Seele allgemein als „Lebensprinzip“ (De anima ). Die Psyche erklärt Aristoteles mit Hilfe seiner Substanzlehre. Substanz ist für Aristoteles Seiendes, das durch Materie und Form erklärbar ist. Materie beschreibt den wandelbaren Stoff, und der Form verdankt das Seiende seine Gestalt. Die Psyche beschreibt nun die Substanz des Lebens, weil es an ihr liegt, ob Materie belebt (organisch) oder unbelebt (anorganisch) ist. Die menschliche Psyche stellt nach Aristoteles die höchste Form von Seele dar, weil sie die Fähigkeit zur Vernunft bedeutet. So können Menschen reflektieren, ihr eigenes Leben hinterfragen und bestimmen. So liegt es beim Menschen, von seiner Vernunft Gebrauch zu machen.
Psychologie – die moderne Philosophie?
Die Geschichte einer systematischen Psychologie beginnt also mit der Philosophie Aristoteles. Weil der Mensch nicht nur einen Körper, sondern auch eine Seele besitzt, stehen ihm eigene geistige Ressourcen zur Verfügung. Somit gehört es zum Grundvermögen der menschlichen Seele durch Reflexion und Bewertung die eigene Einstellung, die eigene Wahrnehmung verändern zu können. Psychologie als Beschäftigung mit menschlicher Subjektivität und der Kunst gelingender Lebensführung bedeutet, der philosophischen Frage nach dem Sein des Menschen und seinen subjektiven Möglichkeiten nachzugehen. Wenn aber Psychologie von beobachtbaren, äußeren Ursachen ausgeht und die subjektiven Ursachen ignoriert, hat sie nichts mehr mit Philosophie gemein.