Die meisten Arbeitnehmer lassen sich bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ein qualifiziertes Zeugnis ausstellen.
Die nachfolgend genannten Anforderungen sollten bei dieser Form des Zeugnisses grundsätzlich erfüllt sein:
· Fehlerfreiheit,
· Druck auf Geschäftspapier,
· Beschreibung der Tätigkeit,
· Hinweise zum Arbeits- und Sozialverhalten.
Die Länge des Zeugnisses richtet sich u. a. nach der Betriebszugehörigkeit. Ein Personalchef würde innerhalb eines Bewerbungsprozesses sicherlich ein Zeugnis negativ bewerten, das trotz über 10-jähriger Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers lediglich eine knappe DIN A4-Seite lang ist.
Ein Zeugnis soll wohlwollend formuliert, aber auch wahrheitsgemäß sein. Aus diesem Grunde werden selbst negative Aussagen positiv formuliert. Im Folgenden einige Beispiele:
· „Wir lernten sie als umgängliche Kollegin kennen“ heißt in Wirklichkeit: Die meisten Mitarbeiter sahen die Kollegin am liebsten von hinten.
· „Er war stets bemüht, seine Arbeit termingerecht fertig zu stellen.“ Das heißt im Klartext, dass er zwar bemüht war, die Bemühungen aber nicht von Erfolg gekrönt waren.
· „Er zeigte Verständnis für seine Arbeit“ steht für eine mangelhafte Arbeitsleistung.
· „Ihre gesellige Art war sehr geschätzt“ bedeutet, dass die Mitarbeiterin ein Alkoholproblem hatte, welches insbesondere auf Betriebsfeiern deutlich zu erkennen war.
· „Für die Belange der Belegschaft zeigte er ein großes Einfühlungsvermögen“ soll heißen, dass der Kollege während der Arbeitszeit den Damen nachgestellt hat.
· „Er war ein tüchtiger Mitarbeiter und wusste sich gut zu verkaufen“ umschreibt die Tatsache, dass derjenige ein unangenehmer, wichtigtuerischer Mensch war, dessen Arbeitsleistung weit hinter der Leistung seines Mundwerks zurückblieb.
Vorsicht ist auch bei der Erwähnung von Selbstverständlichkeiten geboten. Wenn die Pünktlichkeit eines Arbeitnehmers als beispielhaft herausgestellt wird oder die Betonung darauf liegt, dass ein Buchhalter die vier Grundrechenarten in besonderem Maße beherrscht, ist dies lediglich ein Hinweis darauf, dass außer Selbstverständlichkeiten nichts Besonderes von dem Mitarbeiter zu erwarten war.
Um ein Zeugnis als gut oder sehr gut beurteilen zu können, sollten die sogenannten Leerstellen mit Wörtern wie „stets“, „jederzeit“ oder „überdurchschnittlich“ gefüllt werden. Der Satz „Sie erledigte die ihr übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“ wäre eine sehr gute Bewertung. Fehlen die vorgenannten Attribute, handelt es sich lediglich um eine befriedigende oder ausreichende Arbeitsleistung. Ähnliches gilt für Adjektive wie „häufig“ oder „meist“.
Die Führung wird meist mit dem Standard-Satz „Ihr/Sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Mitarbeitern, Kollegen [und externen Ansprechpartnern] war stets einwandfrei/vorbildlich“ beschrieben. Hierbei ist insbesondere die Reihenfolge zu beachten. Die Vorgesetzten sollten grundsätzlich immer zuerst genannt werden. Werden die Kollegen oder Mitarbeiter vor den Vorgesetzten genannt, ist dies ebenfalls als Kritik an der Führung des Arbeitnehmers zu verstehen.
Auch der Schlussformel kommt mehr Bedeutung zu, als es auf den ersten Blick scheint. Selbst wenn ein Arbeitsverhältnis von vornherein befristet war (z. B. aufgrund einer Schwangerschaftsvertretung), so kann der Arbeitgeber trotzdem sein Bedauern über das Ausscheiden ausdrücken, wenn er mit der Vertretung zufrieden war. Ist jedoch nur der lapidare Satz zu finden „Das Arbeitsverhältnis war von Anfang an bis zum 30. August 2007 befristet“, heißt das konkret, dass seitens der Vorgesetzten kein Interesse bestand, das Arbeitsverhältnis über die Vertretungszeit hinaus fortzusetzen. Wenn dem Arbeitnehmer lediglich alles Gute und viel Erfolg gewünscht werden, heißt das, dass der Arbeitgeber seinem ehemaligen Mitarbeiter woanders den Erfolg wünscht, den er in dieser Firma nicht hatte. Wird „weiterhin viel Erfolg“ gewünscht, ist dies jedoch positiv zu werten. Besonders negativ sind Schlussformeln wie „Wir wünschen Herrn X. alles Gute, vor allem Gesundheit.“ Dieser Satz besagt nichts anderes als die Tatsache, dass der Mitarbeiter überdurchschnittlich oft (ggf. unter fadenscheinigen Vorwänden) krank gefeiert hat.
Der Hinweis, warum ein Arbeitsverhältnis endet (Befristung, Eigenkündigung des Mitarbeiters usw.), gehört auf jeden Fall in ein qualifiziertes Arbeitszeugnis. Der Satz „Das Arbeitsverhältnis endet in beiderseitigem Einvernehmen“ wird branchenspezifisch unterschiedlich bewertet. Auch wenn damit lediglich gemeint sein sollte, dass ein Aufhebungsvertrag geschlossen wurde, weil der Mitarbeiter vor Ablauf der regulären Kündigungsfrist eine andere, besser dotierte Arbeitsstelle gefunden hat, so bewerten gerade Wirtschaftskanzleien den Satz eher so, als wenn durch den Aufhebungsvertrag eine verhaltensbedingte Kündigung seitens des Arbeitgebers vermieden werden sollte. Aufhebungsverträge können jedoch auch geschlossen werden, wenn Arbeitsplätze abgebaut werden. An dieser Stelle hängt es von der Branche ab, wie eine u. U. geschlossene Aufhebungsvereinbarung bewertet wird und selbstverständlich vom Inhalt des übrigen Zeugnisses. Ein gutes, in sich stimmiges Zeugnis wird normalerweise nicht durch eine Aufhebungsvereinbarung abgewertet.