Die schizotype Störung ist im Gegensatz zur Borderline-Störung noch ziemlich unbekannt. Auch weiß man über diese Störung noch relativ wenig. was ist eine schizotype störung?
Dabei ist sie vom Schweregrad her mindestens vergleichbar. Die Betroffenen leiden unter vielfältigen neurotischen und teilweise psychotischen Symptomen. Jedoch sollte die Störung trotz vieler überlappender Symptome und der Namensähnlichkeit nicht mit Schizophrenie verwechselt werden.
Wie häufig tritt die schizotype Störung auf?
Geschätzt wird, dass etwa 3% der Bevölkerung von dieser Störung betroffen sind. Damit wäre der Anteil der Betroffenen sogar höher als derjenigen, die unter dem Borderline-Syndrom leiden, deren Anteil auf 2% der Gesamtbevölkerung geschätzt wird. Jedoch muss man bedenken, dass nach dem ICD-10, des hier gebräuchlichen Diagnosesystems, Vorsicht bei der Diagnose empfohlen wird, da es noch nicht ganz ausgereift ist, was die schizotype Störung betrifft. Nach dem ICD-10 weist die schizotype Störung noch zu viele Überschneidungen mit ähnlichen Störungen auf und lässt sich daher nur schwer von diesen abgrenzen. Recht häufig treten die schizotype und die Borderline-Störung gemeinsam auf und zwar in bis zu 50% aller Fälle.
Worunter leiden die Betroffenen genau?
Den Betroffenen gelingt es aufgrund mangelnder sozialer Kompetenzen und Ängsten oft nicht, sich beruflich zu etablieren und sozial zu integrieren. Verfügen sie über eine außergewöhnliche Begabung in einem bestimmten Bereich, können sie in einigen Fällen eine berufliche Nische für sich finden, in der sie ihre Fähigkeiten gut einbringen können und keine zu hohe Anforderungen an ihre soziale Kompetenz gestellt werden. Leider gibt es solche Nischen in der modernen Arbeitswelt kaum noch. Die Betroffenen sind deswegen häufig nicht in der Lage, selbst für ihren Lebensunterhalt zu sorgen und damit auf die Unterstützung sozialer Systeme oder Familie und Verwandte angewiesen. Dadurch fällt wieder eine wichtige Integrationsmöglichkeit weg, die soziale Isolation der Betroffenen verstärkt sich und wirkt sich negativ auf deren Selbstwertgefühl aus.
Die Betroffenen leiden sehr darunter, dass sie, außer nahen Verwandten, oft keine engen Freunde haben. Meistens wurden sie schon in der Kindheit gemobbt und fühlten, dass sie anders als andere sind. Das liegt zum einen an ihnen selbst, da Menschen mit schizotyper Störung häufig abstoßend auf andere Menschen wirken. Es fällt ihnen zum Beispiel schwer, ein ungezwungenes Gespräch zu führen. Es kann passieren, dass sie gar nichts sagen oder sie fallen gleich mit der Tür ins Haus, erzählen gleich von sehr persönlichen Dingen, Krankheiten etc. Auch die äußere Erscheinung wirkt nicht immer ansprechend. Der ungewöhnliche Kleidungsstil lässt sich oft nicht einmal irgendeiner subkulturellen Strömung zuordnen und leider mangelt es nicht selten an notwendiger Körperhygiene. Hinzu kommt ein chronisches Misstrauen der Betroffenen, so dass sie gerne von sich aus ihre Mitmenschen auf Abstand halten.
Typisch für die Betroffenen sind auch seltsame Überzeugungen, die sich meistens ebenfalls keiner subkulturellen Glaubensrichtung zuordnen lassen. Gar nicht selten denken die Betroffenen, sie verfügten über bestimmte parapsychologische Fähigkeiten, zum Beispiel andere Menschen oder Situationen mit Hilfe ihrer Gedanken beeinflussen zu können. Diese Vorstellungen erinnern schon sehr stark an Schizophrenie, doch sind diese Überzeugungen meistens nicht so fest wie die von Schizophrenen. Die Betroffenen mit schizotyper Störung sind sich in der Regel nicht ganz sicher, ob sie mit ihren seltsamen Überzeugungen richtig liegen.
Nicht selten leiden die Betroffenen noch unter weiteren Symptomen, die einer Psychose sehr ähneln. In diesen sogenannten quasipsychotischen Episoden können auch akustische, visuelle oder andere Halluzinationen auftreten. Es kommt zu verzerrter Wahrnehmung bestimmter alltäglicher Ereignisse. Die Betroffenen beziehen dann zum Beispiel bestimmte Fernsehsendungen oder Liedtexte, die zufällig im Radio laufen, auf sich. Es kann auch zu Derealisations- und Depersonalisationserlebnissen kommen. Anders als bei Psychotikern bilden sich die Symptome jedoch auch ohne Medikamenteneinnahme wieder zurück. Diese Episoden dauern gewöhnlich nur mehrere Stunden oder maximal mehrere Tage.
Diagnostische Kriterien nach dem ICD-10
Obwohl die schizotype Störung im Verlauf einer Persönlichkeitsstörung gleicht, wird sie nach dem ICD-10, dem in unserem Sprachraum üblichen Diagnosesystem, nicht unter den Persönlichkeitsstörungen aufgeführt, sondern man findet sie in derselben Kategorie wie die schizophrenen und wahnhaften Störungen. Fünf der folgenden Kriterien müssen vorhanden sein, damit die Störung diagnostiziert werden darf:
- Beziehungsideen
- seltsame Überzeugungen oder magische Denkinhalte, die nicht mit Normen subkultureller Gruppen übereinstimmen
- ungewöhnliche Wahrnehmungserfahrungen
- seltsame Denk- und Sprechweise
- Argwohn und paranoide Vorstellungen
- inadäquater und/oder eingeschränkter Affekt
- Verhalten oder äußere Erscheinung sind seltsam, exzentrisch oder merkwürdig
- Mangel an engen Freunden außer Verwandten ersten Grades;
- ausgeprägte soziale Angst, die nicht mit zunehmender Vertrautheit abnimmt und eher mit paranoiden Vorstellungen als mit negativer Selbstbeurteilung zusammenhängen.
Welche Ursachen führen zu der Entstehung einer schizotypen Störung?
Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass die schizotype Störung häufiger in Familien auftritt, in denen ein oder mehrere Mitglieder an Schizophrenie erkrankt sind. Bei Untersuchungen konnte festgestellt werden, dass Patienten mit schizotyper Störung ähnliche Auffälligkeiten im kognitiven Bereich, in der sozialen Interaktion und in der Informationsverarbeitung aufweisen wie schizophrene Patienten. Auch die Erziehung spielt eine Rolle. In der Regel konnten Patienten mit schizotyper Störung kein vertrauensvolles Verhältnis zu ihren Eltern aufbauen, weil diese sich abweisend, unberechenbar oder demütigend dem Kind gegenüber verhielten.
Behandlungsmöglichkeiten der schizotypen Störung
Ein großes Problem bei der Behandlung der schizotypen Störung besteht darin, dass die Betroffenen nur selten von sich aus professionelle Hilfe aufsuchen. Ihr Misstrauen gegenüber Psychotherapeuten und psychiatrischen Einrichtungen ist sehr groß und leider manchmal durchaus berechtigt. Meistens wenden sich die Betroffenen erst dann an einen Therapeuten oder eine psychiatrische Institution, wenn sie von anderen dazu gedrängt werden oder wenn die Betroffenen unter weiteren psychischen Problemen wie Depressionen oder Suchtverhalten leiden.
Zur Behandlung des Störungsbildes liegen bisher nur wenige Daten vor. Zuerst sollte der Therapeut versuchen, eine vertrauensvolle Beziehung zu dem Patienten aufzubauen. Im besten Fall wird dadurch eine positive Beziehungserfahrung ermöglicht, die im Kontrast zur erlebten sozialen Isolation steht. Soziale Interaktionsfähigkeiten können durch soziales Kompetenztraining verbessert werden. Außerdem sollte über das Risiko zur Entwicklung psychotischer Episoden aufgeklärt und mit dem Patienten besprochen werden, welche Frühwarnzeichen diese ankündigen können. Neuroleptika oder Antidepressiva sollten nur bei akuten depressiven oder psychotischen Episoden eingesetzt werden. Sie eignen sich nicht zur Behandlung der schizotypen Störung. Psychotherapie sollte, ähnlich wie bei anderen Persönlichkeitsstörungen, die Therapiemethode der ersten Wahl sein.