Eine Rede halten ist schwer, eine verfassen nicht minder leicht! Hochzeitsreden sind vom Verfasser ebenso gefürchtet wie bei den Zuhörern. Zu oft langweilen sich dabei gut gelaunte Gäste. Dabei braucht es für eine gute Rede nicht viel.
Wer bei einer Hochzeit eine Rede hält, hat es gleichzeitig leicht und schwer: Leicht, weil die überwiegende Mehrheit der Anwesenden schon viele eintönige Ansprachen erlebt hat und somit eine langweilige Rede erwartet. Schwer, weil es keine langweilige Rede werden soll.
Üblicherweise beschäftigen sich zu einer Hochzeit eingeladene Menschen mit Fragen zum Geschenk und der passenden Garderobe. Ortsunkundige wird noch die genaue Anfahrt interessieren und Allergiker, was es zu essen gibt. Wer bei einer Hochzeit eine Rede halten soll hat ganz andere Sorgen. Vor allem dann, wenn das Reden halten nicht zu den eigenen Hobbies gehört.
Eine Rede wird gesprochen, ein Artikel wird geschrieben
Eine Rede zu schreiben ist ähnlich schwierig und anstrengend wie einen Artikel zu verfassen. Beide Texte brauchen ein Thema und eine Botschaft, die transportiert werden soll. Die Gliederung soll schlüssig und der Text gut verständlich sein. Einen großen Unterschied gibt es aber in der Art der Formulierung. Werden beim Artikeltext Wiederholungen und kurze Sätze als schlechter Stil gewertet so sind diese Dinge bei Reden unumgänglich. Der Zuhörer hat schließlich nicht die Möglichkeit eine Zeile zurückzuspringen oder die Geschwindigkeit situativ und an die persönlichen Bedürfnisse anzupassen. Alle im Publikum haben unterschiedliche Erwartungen an eine Rede und jeder Einzelne nimmt seine Umwelt anders wahr – und eine Rede anders auf.
Somit ist es hilfreich, den Redetext nicht aufzuschreiben sondern aufzusprechen. Geschriebene Sprache sieht anders aus als gesprochene Sprache und viele Verfasser haben Probleme, gesprochene Sprache aufzuschreiben.
Was die gute Rede braucht
Im Internet gibt es viele Tipps, wie man Hochzeitsreden schreibt. Da liest man, dass man Kindheitserlebnisse des Bräutigams erwähnen soll oder ausführen muss, wie sich das Paar kennen gelernt hat. Anekdoten, Persönliches und Humoriges soll in die Rede aufgenommen werden. Wer diesen Tipps folgen möchte, sollte sich jedoch immer fragen, was das Publikum davon hat. Bei jeder Hochzeit gibt es viele Gäste, die das Brautpaar nicht so gut kennen wie Familienangehörige. Dem Brautpaar sind Erzählungen aus Kindheitstagen möglicherweise peinlich und wenn sich mehrere Redner ankündigen ist die Gefahr von Wiederholungen sehr groß.
Zitate dürfen ruhig auch in eine Hochzeitsrede. Dabei ist es sicherlich ratsam, eher sparsam zu sein, da sich niemand eine Zitatensammlung anhören möchte. Zudem erwartet der Zuhörer eine Bewertung des Zitates oder zumindest einen persönlichen Kommentar des Redners. Mit einem oder zwei Zitaten sollte das Auslangen gefunden werden. Im Übrigen sollte die Redezeit mit fünf bis zehn Minuten bemessen sein, damit weder Zuhörer überfordert noch das folgende Programm zeitlich aus den Fugen gerät.
Wer Schwierigkeiten hat, die Rede frei vorzutragen, darf sie auch herunterlesen. Dringend abgeraten wird vom Auswendiglernen. Das hat schon in der Schule nichts gebracht. Zuhörer sind meistens dankbar und lachen niemanden aus, wenn der Redner beim freien Sprechen Fehler macht. Wenn das Gesagte spannend oder interessant ist, werden Fehler oft gar nicht registriert.
Sprechen Sie zum Publikum
Dass eine Hochzeitsrede keine wissenschaftliche Abhandlung und schon gar nicht zu einer Vorlesung über die guten Sitten werden soll, scheint logisch. Dennoch dürfen allgemeine Ansichten durchaus eingebaut werden. Dies hilft einer heterogenen Hochzeitsgesellschaft sogar, zusammenzufinden und Gesprächsstoff für den späteren Abend zu bekommen.
Bei einer Hochzeitsrede ist es jedenfalls entscheidend, nicht allein über das Brautpaar zu sprechen oder über die Hochzeit an sich, sondern zum Publikum. Die Worte, die der Redner spricht, sollen sich an die Anwesenden richten, damit sich diese wertgeschätzt fühlen. Der Anspruch an den Verfasser muss es sein, dass jeder und jede Einzelne etwas aus der Rede für sich persönlich mitnehmen kann. Und schließlich gehört das Brautpaar ja auch zum Publikum.
Den richtigen Zeitpunkt, um eine Hochzeitsrede zu halten, gibt es wahrscheinlich nicht. Es empfiehlt sich, den Wünschen des Brautpaares Rechnung zu tragen. Wenn die Rede zwischen den Menügängen gehalten werden soll, muss das Servicepersonal bzw. die Küche informiert werden. So verhindert man Störungen und klapperndes Geschirr. Die Rede sollte zu einem Zeitpunkt gehalten werden, zu dem sich noch möglichst alle Gäste im Saal befinden, damit der Redner sich nicht fühlt, als stünde er in der Abfertigungshalle am Flughafen.
Unpersönliche Reden sind tabu
Wer gebeten wird, eine Hochzeitsrede zu halten, kann sich geehrt fühlen. Es zeugt von Vertrauen, dass das Wort an die Gäste gerichtet werden darf. Deshalb sollte die Rede nicht abgeschrieben oder im Schnellverfahren verfasst werden. Es gibt nichts Unhöflicheres als eine anonyme Hochzeitsrede und keine schönere Erinnerung an das gelungene Fest, wenn die Rede perfekt war.