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Die Orthomolekulare Medizin

Prävention und ergänzende Behandlung durch Vitalstoffausgleich. Macht die Orthomolekulare Medizin nur Werbung für Nahrungsergänzungsmittel oder handelt es sich um eine seriöse Alternative?

Bis heute gilt die alte Volksweisheit: Vorbeugen ist besser als heilen. Denn trotz aller Anstrengungen der modernen Medizin haben die chronisch degenerativen Erkrankungen zugenommen. Dazu zählen unter anderem die Herz-Kreislauferkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall, Diabetes mellitus, Krebs und Rheuma. Veränderte Lebensumstände und -bedingungen begünstigen jedoch nicht nur chronische Krankheiten, sondern auch psychische und mentale Störungen.

Hier kann die Präventivmedizin einsetzen und äußerst effektiv und erfolgreich die Entwicklung vieler Erkrankungen trotz bestehender Risiken verhüten. Neben einer gesunden Ernährung, regelmäßiger körperlicher Bewegung, dem Vermeiden von Schadstoffen wie Rauchen, Alkohol und Drogen gehört der Ausgleich von Vitalstoffdefiziten und die Vorsorge mit Nahrungs-ergänzungsmitteln zu den Säulen einer aktiven Gesundheitsvorsorge. Nichts anderes ist die Orthomolekulare Medizin.

Was steckt hinter dem Begriff?

Dieser Begriff ist mittlerweile fast sechzig Jahre alt, aber noch relativ unbekannt – leider auch bei Ärzten. „Ortho“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet „richtig, gut“. „Molekular“ (lat.) nennt man den „Baustein von Substanzen“. Gemeint sind damit Nahrungsbestandteile, von denen wir heute wissen, dass sie gesund erhalten oder sogar heilen können. Geprägt wurde der neue Medizinzweig von dem Biochemiker Linus Pauling, der mit seinen Forschungen die medizinische Chemie revolutionierte. Er deutete molekulare Strukturen komplexer Substanzen vollkommen neu und erhielt dafür 1954 den Nobelpreis. Danach widmete sich Pauling ausschließlich der Erforschung von Krankheiten und deren Heilstoffen auf molekularer Ebene.

Sekundäre Pflanzenstoffe

Auch wenn sich viele unter Orthomolekularer Medizin nichts vorstellen können, ist in den vergangenen Jahrzehnten auch der breiten Bevölkerung bewusst geworden, wie wichtig Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente und essentielle Fettsäuren für den menschlichen Organismus und damit für unsere Gesundheit sind. Eine weitere Stoffgruppe kam dabei in den Fokus der Öffentlichkeit: die (sekundären) Pflanzenstoffe.

Dabei handelt es sich um die Inhaltsstoffe von Pflanzen, die weder zu den Vitaminen, noch zu den Mineral- oder Ballaststoffen zu rechnen sind und die auch keine Kalorien liefern. Zwischenzeitlich wurden etwa 10.000 dieser sekundären Pflanzenstoffe bekannt. Oft handelt es sich bei ihnen um Farbstoffe, die Pflanzen oder Früchte eingelagert haben, um Fraßfeinde abzuwehren oder Nützlinge anzulocken. Was diese Stoffe für die menschliche Gesundheit bedeuten, ist den Wissenschaftlern erst in den letzten Jahren klar geworden: Pflanzenstoffe verhindern Krankheiten oder lindern sie. Das wurde in vielen Studien bestätigt.

Lycopin – das Rot der Tomate

Lycopin, um nur ein Beispiel zu nennen, ist ein sekundärer Pflanzenstoff, der unter anderem in Tomaten vorkommt und für ihre rote Farbe sorgt. In der jüngsten Vergangenheit erwiesen sich gerade Tomaten wegen ihres Lycopingehaltes als wirksamen Schutz gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Weitere Studien belegen ein vermindertes Risiko, an Prostatakrebs oder Darmkrebs zu erkranken, vorausgesetzt, die Probanden aßen mindestens zweimal in der Woche Tomaten. Frauen mit hohen Lycopinwerten im Blut litten auch deutlich seltener an Brustkrebs als Frauen mit niedrigem Lycopinspiegel.

Nahrungsergänzungsmittel in der Orthomolekularen Medizin

Wie dieses Beispiel zeigt, sind neben den bekannten Vitaminen und Mineralstoffen auch die sekundären Pflanzenstoffe für unsere Gesundheit von großer Bedeutung. Doch selbst ein ausgewogener Speiseplan kann heutzutage nicht mehr alle notwendigen Vitalstoffe in ausreichender Menge liefern. Die Lebensmittel stammen von nährstoffarmen Böden und sind oftmals künstlich gereift. Das bedeutet, dass sie wesentlich weniger Mineralstoffe, Vitamine und Pflanzenstoffe entwickeln. Dies führt zu einer schlechten Versorgung mit Selen, Folsäure, den Vitaminen A, C, D, Zink und vielen anderen mehr.

Zwischenzeitlich gibt es aber eine Reihe von Firmen, die diese Stoffe als Nahrungsergänzungsmittel anbieten. Im Sinne der Orthomolekularen Medizin hat der gezielte Einsatz von Vitalstoffen drei wesentliche Zielsetzungen:

  • Ausgleich von Nährstoffdefiziten
  • Individuelle Gesundheitsoptimierung
  • Hochdosierter Einsatz mit pharmakologischer Wirkung

Der rechtzeitige Einsatz von Nahrungsergänzungsmitteln und Vitalstoffen gilt als eine wichtige vorbeugende Maßnahme, aber auch als komplementäre Behandlungsmöglichkeit, wenn sich eine Krankheit bereits manifestiert hat. Kranke Menschen haben einen noch höheren Vitalstoffbedarf. Zudem haben viele Nährstoffe in hoher Dosierung, die über den Ausgleich von Defiziten hinausgehen, zusätzlich eine pharmakologische Wirkung und können entsprechend wirkungsvoll eingesetzt werden.

Orthomolekular Medizin als Eigentherapie?

Wirklich gute Nahrungsergänzungsmittel sind relativ teuer und werden in den seltensten Fällen von den Krankenkassen bezahlt. Das verhindert vielfach den gefährlichen, weil wahllosen Griff in x-beliebige Pillendosen. Vorsichtige Vitamin C- und Zinkgaben bei einer beginnenden Erkältung oder die Einnahme von Soja-Isoflavonen in den Wechseljahren sind sichere, sanfte und wirkungsvolle Mittel, die sich jeder selbst verordnen kann. Die Entscheidung hingegen, ob ein Patient hochdosierte Vitamin-C-Injektionen bekommen soll, bleibt beim Orthomolekularmediziner.