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Die Liebe im 18. Jahrhundert

Die Ehe wird zur Herzensangelegenheit. Das 18. Jahrhundert stellte die Weichen zu einem Liebeskonzept, das heute als romantische Liebe selbstverständlich ist. Sexualität und Persönlichkeit wurden wichtig.

Gesellschaftliche Veränderungen im 18. Jahrhundert führten zu einer Verschiebung von Liebe und Identität im semantischen System. Über Jahrhunderte hinweg war die Familie wirtschaftlicher Zweckverbund. Ökonomische Interessen waren für Eheschließungen ausschlaggebend. Emotionale Komponenten und sexuelle Harmonie der Ehepartner waren im Haushalt von mehreren Generationen und Bediensteten unter einem Dach nicht von Wichtigkeit.

Die Emanzipation der Bürger gegenüber der Aristokratie, die in der Französischen Revolution ihren Höhepunkt fand, führte zu einer Aufwertung des Individuums. Der durch Geburt privilegierten Aristokratie musste man Werte entgegensetzen, die aus eigener Kraft errungen werden konnten. Wichtig war eine sichtbare Ausprägung einer komplexen Persönlichkeit durch Bildung, Leistung und Tugend.

Die Ehe als Herzensangelegenheit

Die Konzentration auf Individualität und Persönlichkeit bedingte eine Aufwertung psychologischer Komponenten. Die Hervorhebung psychischer Stärken brachte eine verstärkte Emotionalisierung mit sich. Neben wirtschaftlichen Überlegungen wurde es für eine Heirat immer wichtiger, sich zu der jeweiligen Person auch hingezogen zu fühlen.

Durch die im Zuge der Industrialisierung vollzogene Trennung von Arbeit und Familie wurde dieser Trend zur Ehe als Ort geistiger und emotionaler Gemeinschaft durch die Verbannung wirtschaftlicher Faktoren aus dem familiären Umfeld begünstigt. Doch Intensivierung und Emotionalisierung durften noch nicht zu weit gehen. Im Zeitalter der Vernunft war die Liebe eine von Reflexion überwachte Angelegenheit. Das Christentum mit dem Anspruch der Disziplinierung menschlicher Triebe spielte hier noch eine große Rolle. Dennoch wurde die Sexualität durch die Ehe als Herzensangelegenheit in der Beziehung immer wichtiger.

Der Partner als Spiegel der eigenen Persönlichkeit

Das Aufbrechen der Standesschranken und der hierarchischen Ordnung führte zu einer funktionalen Differenzierung. Bereiche wie Wirtschaft, Politik, Recht und Wissenschaft wurden komplexer und standen durch Trennung von Familie und Arbeit immer mehr autonom neben dem Bereich der Familie. Die Beziehung wurde immer mehr zum Rückzugsraum, und die Partnerschaft diente immer mehr der Stabilisierung des Individuums.

Bei erhöhter gesellschaftlicher Differenzierung und bei immer größerer Relevanz der Persönlichkeit wurde die Wahrscheinlichkeit, einen passenden Partner zu finden, geringer, da auch die Auswahlkriterien immer zahlreicher und komplexer wurden. Dies begünstigte die Vorstellung der Liebe als Schicksal. Immer mehr achtete man darauf, dass der Partner von der Persönlichkeit her zu seiner eigenen individuell ausgestalteten Persönlichkeit passte. Sich im Partner selbst zu erkennen, wurde immer wichtiger.

Im 18. Jahrhundert wurd ein Zusammenhang zwischen Glück, Identität und Liebe hergestellt. Dennoch war man noch weit vom romantischen Liebeskonzept heutiger Ausprägung entfernt. Noch konnte man nur von Trends reden, vom Trend, die Persönlichkeit des Partners als Spiegelbild seiner selbst zu sehen, vom Trend, die Liebe als Schicksalsmacht zu bewerten, und vom Trend, der Sexualität in der Ehe immer mehr Bedeutung zukommen zu lassen. Aber noch wurden viele Ehen aus wirtschaftlichen Interessen heraus geschlossen und die Leidenschaft von gesellschaftlichen Konventionen im Zaum gehalten.