Sie haben ein kluges Kind und sagen ihm das auch? Tun Sie es lieber nicht, empfehlen Neurobiologen von der Columbia University nach einem Test.
Gescheite Kinder hören gern, dass sie klug, begabt, clever und intelligent sind. Kaum Eltern, die sich Gedanken darüber machen, wie ein solch freundlich gemeinter Zuspruch langfristig auf ihr Kind wirken kann. Die amerikanischen Autoren Po Bronson und Ashley Merryman nehmen das Thema in ihrem Buch „10 schockierende Wahrheiten über Erziehung“ aufs Korn. Und haben Erstaunliches festgestellt.
Schlechte Leistungen in der Schule bei intelligenten Kindern
Ich bin gescheit, denken die betreffenden Kinder, also muss ich mich nicht anstrengen. Das hat natürlich Folgen. Denn auf einmal grübeln Lehrer und Eltern über den Leistungsabfall des Kindes. Dabei kommt der auf einfache Weise zustande. Wenn den genannten Kindern etwas auf Anhieb nicht gelingt, werfen sie das Handtuch. Und packen künftige Aufgaben, die ihnen schwerfallen, gar nicht erst an. Mehr noch, gerade weil ihr Denkapparat so blendend arbeitet, begreifen sie schnell, dass es für sie zwei bedeutsame Kategorien gibt: Dinge, die ihnen von Natur aus leichtfallen und Dinge, die ihnen nicht liegen.
Eine Studie von Neurobiologen der Comlumbia University zeigt, dass ein großer Teil begabter Kinder ihre Fähigkeiten deutlich unterbewerten. Also setzen sie sich leichtere Ziele. Denn, was können sie von sich selbst schon erwarten? Und wo liegt nun das Problem? Wenn Mutter und Vater die Zweifel ihres Kindes gewahr werden, ermutigen sie sie normalerweise mit Zuspruch. Sie sagen: „Das kannst du doch! Du bist doch so klug!“ Leicht gesagt, gut gemeint, aber falsch.
Klugheit zu oft zu loben bringt Kinder auf den falschen Weg
Laut einer Umfrage der Columbia University halten 85 Prozent aller amerikanischen Eltern es für wichtig, ihren Kindern deren Klugheit auch bewusst zu machen. Da werde gelobt, was das Zeug hält, machen die Autoren Bronson und Merryman deutlich: Kinder bekämen von ihren Eltern einen Zettel in der Brotbox mit aufmunternden Sprüchen mit in die Schule. Jungs erhielten Baseballkarten geschenkt, wenn sie ihren Teller leer äßen und Mädchen eine Maniküre, wenn sie brav ihre Hausaufgaben machten.
Aber kann es wirklich falsch sein, dem eigenen Kind zu sagen Du bist ein kluges Mädchen? Ja, besagen die Forschungsergebnisse. Denn es komme ganz entscheidend auf die Wahl der richtigen Worte bei dem Lob an. Kindern ständig zu sagen, wie intelligent sie seien, sporne sie eben nicht zur Leistung an. Es wurde sogar als eigentliche Ursache ausgemacht, dass sie hinter ihren Möglichkeiten zurückblieben.
Die Behauptung basiert auf einem Test, den die Wissenschaftler der Columbia University vorgenommen haben. Das Verfahren war schlicht und verlief in drei Schritten.
Eltern entscheiden durch ihre Wortwahl über Erfolg und Misserfolg des Kindes
Schritt 1 des Tests: 400 Fünftklässler von 20 Schulen bekamen einfache Rätselfragen vorgelegt, Nahezu alle Schüler konnten diese leicht beantworten. Danach teilten die Wissenschaftler die Schüler nach dem Zufallsverfahren in zwei Gruppen ein.
- Die Schüler der einen Gruppe wurden dafür gelobt, dass sie so intelligent seien, und zwar mit dem Satz: „Du bist aber gut im Rätsellösen!“
- Die andere Gruppe wurde dafür gelobt, wie sehr sie sich angestrengt hatten. Hier wurde gesagt: „Du hast dir aber große Mühe gegeben!“
Das Lob in nur einem Satz. Die Forscher hatten den Verdacht, dass dieser schon den Unterschied machen könnte.
Kinder, die oft für ihre Klugheit gelobt wurden, wollen sich keinesfalls blamieren
Schritt 2 des Tests: Die Kinder konnten wählen – schwierige oder einfache Rätsel. Ihnen wurde gesagt, dass man bei den schwierigen mehr nachdenken müsse, aber eine Menge lernen würde. Der andere Test hingegen sei genauso leicht wie der erste. Und was taten die Kinder? Die für ihre Anstrengung gelobt worden waren, entschieden sich zu 90 Prozent für die schwierigen Rätsel. Die für ihre Intelligenz gelobten Kinder wählten in der Mehrheit den leichten Test, sie gingen auf Nummer sicher.
Aha. Wenn also Kinder für ihre Intelligenz gelobt werden, dann vermittelt man ihnen, worauf es vermeintlich ankommen soll: gut dazustehen und jedes Fehlerrisiko auszuschließen. Im Test hatten sich diese Kids genau so verhalten: Sie hatten sich entschieden, gut dazustehen und keine Blamage zu riskieren.
Kinder, die für ihre Anstrengung gelobt wurden, zeigen bessere Leistungen
Schlussrunde 3: Schwierige Rätsel für alle Fünftklässler. Keine Wahlmöglichkeit. Der Test war anspruchsvoll, entwickelt eigentlich für siebte Klassen. Das Ergebnis bestätigte die Annahme der Forscher. Die Kinder, die für ihre Anstrengung gelobt worden waren, werteten ihren Misserfolg lediglich als Zeichen ungenügender Konzentration. Sie waren im Nachhinein sogar von dem Test begeistert. Die „gescheiten“ Kinder hatten ebenfalls keinen Erfolg und schauten ganz unglücklich drein. Sie sahen in ihrem Scheitern den Beweis für ihre Unfähigkeit.
Fazit der Wissenschaftler: den Einsatz des Kindes betonen
Eltern und Lehrer sollten beim Loben den Einsatz des Kindes betonen. Das vermittle den Schülern die Botschaft, Einfluss nehmen zu können. Sie verstünden dann, dass Erfolg etwas ist, was sie selbst zu steuern imstande seien. Die Betonung der angeborenen Intelligenz hingegen nehme Kindern die Einflussmöglichkeiten. Mit derartigem Lob entwickelten sie keine Strategie, mit Misserfolgen umzugehen.