In einem Industriegebiet der Stadt Teltow hat die Firma carbonSolutions eine kontinuierliche Anlage zur Hydrothermalen Carbonisierung konzipiert, aufgebaut und seit Oktober 2010 in Betrieb. Mit dieser Anlage lassen sich feuchte organische Reststoffe kontinuierlich in Braunkohle umwandeln. Das so gebundene Kohlendioxid kann die Atmosphäre in spürbaren Quantitäten vom Treibhausgas Kohlendioxid entlasten.
Das Prinzip der Hydrothermalen Carbonisierung
Das Prinzip der Hydrothermalen Carbonisierung ist am Schnellkochtopf einfach erklärt. In ihm verdampft Wasser durch den erhöhten Druck erst bei etwa 115°C. Dadurch werden Kartoffeln viel schneller gar, Fleisch wird zarter und manche Köstlichkeit von Oma entsteht in diesem schon lange bewährten Schnellkochtopf.
Nun könnte der Garprozess bei noch höherer Temperatur noch schneller ablaufen. Doch werden Kartoffeln bei etwa 180°C gegart, dann wird das Resultat den Gourmet nicht überzeugen. Aus dem Topf kommt ein bräunlicher oder schwarzer Eintopf. Und das passiert, weil sich Kohlehydrate, also Zucker im weiteren Sinne, beim Kochen in überheißem Wasser ab Temperaturen von etwa 160°C aufspalten. Dabei geben sie Wasser ab und im Wasser bleibt ein Feststoff, der guter Braunkohle recht ähnlich ist. Die Biomasse im Topf ist hydrothermal carbonisiert worden.
Hydrothermale Carbonisierung ist ein alter Hut
Diesen Vorgang hat der spätere Nobelpreisträger Friedrich Bergius bereits 1913 in seiner Habilitationsschrift beschrieben. 2006 griff Prof. Markus Antonietti am Max-Planck-Institut (MPI) für Kolloid- und Grenzflächenforschung diesen Ansatz wieder auf. Denn die hydrothermale Carbonisierung ist mit nahezu allen Stoffen pflanzlichen Ursprungs möglich. Das umfasst den Rasenschnitt, den herbstlichen Laubsegen an den Straßen, den Inhalt der „braunen Tonne“ und ansonsten kaum verwertbaren Klärschlamm.
Der Nutzen des Verfahrens
Die hydrothermalen Carbonisierung (HTC) erschließt eine neuartige Verwertungsmöglichkeit für feuchte und auch meist nur schwer zu trocknende Stoffe, die heute wenig effizient oder gar nicht genutzt werden. Aus biologischen Abfällen wird in dem Prozess der hydrothermalen Carbonisierung ein Wertstoff, der einen großen Teil des in der Biomasse vorhandenen Kohlenstoffs bindet. Das Endprodukt ist steril, kann als CO2-neutraler Brennstoff oder in stofflichen Anwendungen, beispielsweise zur Verbesserung von Ackerböden, genutzt werden. Und so wird gar Kohlenstoffdixoid effektiv aus der Atmosphäre entfernt. Denn wenn die pflanzlichen Reste verrotten, dann geht der in ihnen gespeicherte Kohlenstoff wieder als Kohlenstoffdioxid in die Luft.
Die Entwicklung von carbonSolutions
Das Prinzip Schnellkochtopf ist zwar simpel, aber für Anlagen im industriellen Maßstab wenig attraktiv. carbonSolutions (CS) ging mit zwei Zielen ans Werk. Einmal sollte der Prozess entscheidend beschleunigt werden, zweitens muss er in einem kontinuierlichen Verfahren erfolgen.
carbonSolutions hat in enger Zusammenarbeit mit dem Potsdamer Max-Planck-Institut die größte kontinuierlich arbeitende Anlage zur Hydrothermalen Carbonisierung in Europa entwickelt und gebaut. Hierbei wurde der Entwicklungsschritt von der Grundlagenforschung im Labor hin zu einem technischen Prozess vollzogen.
Die entwickelte Technologie baut auf den Erkenntnissen der am Max-Planck-Institut durchgeführten Grundlagenforschung auf. Die für diesen Prozess erforderliche Zeit konnte von acht bis zwölf Stunden auf rund 90 Minuten geschrumpft werden. Das hat Auswirkungen auf die Anlagengröße. Die kann bei gleichem Durchsatz erheblich kleiner dimensioniert werden. Auch der Energiebedarf für den Prozess konnte erheblich abgesenkt werden. So wird das umsetzende Gut nur auf rund 160°C erhitzt und die im Prozess entstehende Abwärme weitgehend genutzt. So ist der Energieeinsatz rechnerisch auf rund 15 Prozent des Heizwertes der gewonnenen Kohle gesenkt worden. Die in Teltow aufgebaute Anlage hat eine Kapazität von 10.000 bis 12.000 Tonnen nasser Bioabfälle pro Jahr. Sie läuft seit Oktober 2010 und hat die Erwartungen der Erbauer wohl voll erfüllt.