Trennung der Eltern – eine Krisensituation im Leben von Kindern. Wenn Eltern sich trennen, stehen Kinder meist hilflos vor den Emotionen der Eltern – und ihren eigenen. Gravierende Veränderungen erschüttern die Fundamente ihres Lebens.
Krisensituationen erlebt ein Mensch im Laufe seines Lebens mehr oder weniger oft. Immer sind sie verbunden mit Stress, extremen Emotionen wie Trauer oder Zorn, mit Abschiednehmen und Neuorientierung.
Trennung und Scheidung der Eltern ist eine davon. In sie geraten Kinder ohne eigenes Dazutun.
Im Wechselbad der Gefühle
Der Konflikt der Eltern steht im Vordergrund. Das Kind hat nicht die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen auf den Verlauf des Geschehens. Doch oftmals wird es in die Geschehnisse mit einbezogen: Es erlebt Streit, emotionsgeladene Auseinandersetzungen, lautes Türenknallen und bittere Tränen hautnah mit. Es fühlt sich dem Geschehen hilflos ausgeliefert – und manchmal – je nach Alter –, auch mitschuldig daran.
Es befindet sich in einem Wechselbad der Gefühle: zwischen der Angst, dass ein Elternteil die Familie verlässt und der Hoffnung, dass alles wieder gut wird.
Gravierende Veränderungen erschüttern die Lebensfundamente
Wird die Trennung dann tatsächlich vollzogen, bedeutet dies für das Kind eine Katastrophe. Die Fundamente seines bisherigen Lebens werden grundlegend erschüttert. Der „Verlust“ eines geliebten Elternteils ist schon schmerzlich genug. Auch das Mitleid oder die Wut gegenüber dem dagebliebenen Elternteil zehrt an den Kräften der Kinder. Ohnmächtig stehen sie vor den Emotionen ihrer Eltern – und vor ihren eigenen.
Aber die Trennung der Eltern zieht weitere, gravierende Veränderungen mit sich. Nahezu alle Lebensbezüge von Kindern sind betroffen. Häufig wird ein Umzug erforderlich, Kontakte zu Freunden oder Verwandten brechen ab oder müssen erst neu gestaltet werden. Die Aufnahme in einer Kindertageseinrichtung wird unumgänglich oder es findet ein Wechsel der Betreuungsinstanz und/oder Schule statt. Materielle Einbußen müssen in Kauf genommen werden.
Das Kind muss all diese Veränderungen seiner emotionalen, sozialen und äußeren Lebenswelt verarbeiten und sich den unterschiedlichsten, neuen und unbekannten Situationen stellen.
Hilflosigkeit auf allen Seiten
Dies erfordert vom Kind eine enorme Leistung. Meist wird es kaum oder gar nicht in die anstehenden Entscheidungsprozesse miteinbezogen, was das Gefühl der eigenen Hilflosigkeit noch verstärkt.
Bewältigungsstrategien und spezifische Verhaltensweisen von Kindern in Trennungssituationen sind individuell sehr unterschiedlich. Sie hängen auch vom Alter der Kinder ab und natürlich in hohem Maße vom Verhalten der Eltern. Von ihrem Umgang miteinander und ihrer Fähigkeit, mit der kindlichen Not, mit den Gefühlen und Bedürfnissen des Kindes umzugehen.
Sicherlich wollen Eltern grundsätzlich das Beste für ihr Kind. Sie wollen ihm nicht schaden, noch wollen sie ihm weh tun. Aber eine Partnerschaft zu beenden mit allem, was dazu gehört wie Wut, Trauer, Abschiednehmen vom bisherigen Leben und gleichzeitig eine funktionierende Elternschaft aufrecht zu erhalten, stellt sie vor eine kaum zu bewältigende Aufgabe.
Sie befinden sich selbst in einer Krisensituation. Ihre eigene innere Not verhindert oftmals ein einfühlsames und behutsames Eingehen auf die Nöte der Kinder. Solange die Elternrolle nicht unabhängig vom Beziehungsstress, von aufgestauten und/oder unterdrückten Gefühlen gegenüber dem Expartner wahrgenommen werden kann, muss sie unzulänglich bleiben. So sind Eltern oft ratlos und unsicher, sie stehen den Problemen ihrer Kinder hilflos gegenüber.
In diesen so ausweglos erscheinenden Situationen ist die Belastung auf allen Seiten sehr groß. Schnell kommt es zu Überforderungen und dem Gefühl, mit seinen Sorgen und Nöten mutterseelenallein zu sein.
Mögliche Hilfen
Es gibt sicherlich Eltern, die eine Trennung ohne allzu große Verletzungen hinter sich bringen. Die es schaffen, souverän miteinander umzugehen. Die ihr Kind in Entscheidungen mit einbeziehen und ihm weiterhin verlässliche, liebevolle und stabile Eltern sind. Seltene „Glücksfälle“ für alle Beteiligten.
Beratungsstellen, Mediatoren, Treffen für Alleinerziehende und Präventivgruppen für Kinder aus Scheidungsfamilien sind Anlaufstellen, die Eltern und Kindern in Krisensituationen begleiten und helfen können, wieder zu sich oder auch zueinander zu finden.
Aber auch Freunde und Verwandte können unschätzbare Dienste leisten, wenn sie einfach nur da sind, zuhören, tatkräftig unterstützen, wenn es um ganz alltägliche und pragmatische Hilfen geht.