Besser gesagt als getan: „Verhalten zum Wohl des Kindes“. Die Lebenssituation verändert sich, Mutter und Vater bleibt man. Das eigene Leben neu zu ordnen – dazu gehört auch, die Elternrolle und das Wohl des Kindes wahrzunehmen.
Sich nach einer Trennung mit der veränderten Lebenssituation abzufinden und wieder neu zu orientieren, fällt niemandem leicht.
Wenn Eltern sich trennen, ist die seelische Belastung noch größer. Man legt zwar die Partnerrolle ab, aber Mutter und Vater bleibt man einen Leben lang. Das gemeinsame Kind macht den Expartner zu einem festen Bestandteil auch des zukünftigen Lebens, ob man das nun will oder nicht.
Das eigene Leben wieder in den Griff zu bekommen und neu zu ordnen, erfordert viel Kraft und Energie. Dabei auch dem Kind gerecht zu werden, kann zu einer Gratwanderung werden, die Mutter und Vater eine enorme Leistung abverlangt.
Eltern bleiben
Um die Elternrolle weiterhin wahrzunehmen, müssen zum Wohle des Kindes Regelungen getroffen und Kompromisse geschlossen werden. Immer wieder muss man sich neu auseinandersetzen, sich gegenseitig informieren und absprechen. Gerade zu Anfang kein einfaches Unterfangen. Trauer und Zorn nagen noch zu sehr an der Seele.
Sich dem Kind zuzuwenden, ohne es mit Gefühlen aller Art zu überschütten, es in Entscheidungen miteinzubeziehen, ohne es zu überfordern, sind Gratwanderungen, die mit darüber entscheiden, wie das Kind die veränderte Lebenssituation bewältigt.
Die Welt der Kinder und das Verhalten der Eltern
Vorschulkinder beziehen in ihrem magischen Denken alles auf sich und glauben, Schuld an der Trennung zu sein, weil sie irgendetwas „Schlimmes“ gedacht, gesagt oder getan haben. Voller Angst, nun zur Strafe von allen verlassen zu werden, klammern sie sich verzweifelt an den übrig gebliebenen Elternteil.
Sie brauchen sehr viel Geduld und Zuwendung. Und sie brauchen die absolute Gewissheit, von beiden Eltern geliebt zu werden. Die kleinste – im Zorn unbedacht geäußerte – Andeutung, dass ihre kleine Person irgendetwas mit dem Streit oder gar der Trennung der Eltern zu tun haben könnte, stürzt sie in noch tiefere Verzweiflung.
Grundschulkinder, die gerade eben ihre Fähigkeit, mitzufühlen und mitzuleiden, entdeckt haben, befinden sich in einem ganz anderen Dilemma. Sie lieben Mutter und Vater und empfinden gleichzeitig eine große Wut auf sie. Ihre Wut macht ihnen aber auch Angst, denn sie sehen sehr wohl den Kummer ihrer Eltern und leiden mit ihnen. Und: Sie möchten beide Eltern behalten und lieben dürfen.
Sollen sie eine Entscheidung darüber treffen, bei welchem Elternteil sie zukünftig leben möchten, geraten sie in einen gravierenden Loyalitätskonflikt, der sie maßlos überfordert. Einerseits fühlen sie sich verpflichtet, Partei zu ergreifen, andererseits möchten sie niemandem weh tun. Und sie möchten keinesfalls die Beziehung zu dem anderen Elternteil gefährden oder ihn sogar ganz verlieren.
Für sie ist es wichtig, nicht in die Querelen der Eltern mit einbezogen zu werden. Als Ansprechpartner, bei dem man sich über seinen Expartner ausweint, sich über dessen Fehler, dessen „Schlechtigkeiten“ beschwert, sind Kinder grundsätzlich nicht geeignet. Sie sind damit gänzlich überfordert und dieser zusätzlichen seelischen Belastung nicht gewachsen.
Ein offenes und ehrliches Gespräch über das, was an praktischen und organisatorischen Dingen gerade ansteht, wird ihrem Bedürfnis, ernst genommen zu werden, eher gerecht. Das Kind fühlt sich dann einbezogen in wichtige Entscheidungen – und nicht mehr so ganz hilf- und nutzlos.
Spürt es zudem, dass es okay ist, beide Eltern zu lieben und zu beiden einen liebevollen, intensiven Kontakt haben zu dürfen, bleiben ihm viele seelische Qualen erspart.
Elternrolle – Kindrolle
Das Kind braucht einfach Zeit – so wie die Erwachsenen auch –, um die neuen Lebensumstände akzeptieren und damit umgehen zu können. Wenn Eltern es schaffen, ihre eigenen Verletzungen und Kränkungen möglichst von ihm fern zu halten, erleichtern sie ihm, das eigene kleine Leben wieder neu zu ordnen. Damit haben sie schon sehr viel für das Wohl ihres Kindes getan.
Das ist manchmal besser gesagt, als getan. Aber die Elternrolle wahrzunehmen, bedeutet auch, das Kind in seiner Rolle zu belassen.