X

Die Droge Alkohol

Kleine Kulturgeschichte einer Massendroge. Über den Alkohol, seine Geschichte, seinen Siegeszug in Mitteleuropa und die Gefahren des Missbrauchs.

Wie Koffein und Nikotin, so ist auch der Alkohol in unseren Breiten zur Volksdroge avanciert. Seine geschichtlichen Wurzeln führen zurück bis in prähistorische Zeiten. Aus Mesopotamien stammen die ältesten geschichtlichen Hinweise auf alkoholhaltige Getränke. Durch die Sumerer, welche nach der Überlieferung schon vor ca. 4000 Jahren Bier gebraut haben, lernten die Ägypter die Wirkungen dieses durch Gärung entstandenen Getreidesaftes kennen. Dasselbe gilt für den Wein, dessen Verwendung gleichwohl schon in der hebräischen und in der griechischen Mythologie erscheint. Schilderungen von Zechgelagen finden sich bei Homer gleich mehrfach (in der „Ilias“ sowie in der „Odyssee“ tauchen derlei Beschreibungen auf). Die Araber entdeckten mit der Destillation ein Verfahren zur Konzentration von Alkohol – die ersten Spirituosen waren somit verfügbar. Hierher stammt auch der Name Alkohol (was soviel bedeutet wie „das Feinste von etwas“).

Der Alkohol und das Christentum

Doch auch im frühen Christentum war man nicht zimperlich im Umgang mit der Droge Alkohol, – zumeist in Form von Wein (in der katholischen Religionsgemeinschaft hat man ihn sogar in den Rang eines Sakramentes erhoben). Angefangen bei den schon fast sprichwörtlichen Trinkorgien der Römer über die exzessiven Zechgelage der Germanen bis hin zum aufkommenden Rationalismus im 17. und 18. Jahrhundert. Während der Alkoholrausch im Mittelalter noch ein selbstverständlicher Bewusstseinszustand war, wurde der Alkohol fortan vermehrt durch Koffein ersetzt – allerdings nur im Bürgertum – während er innerhalb der unteren Schichten der Bevölkerung auch weiter einen großen Raum einnahm.

Prohibition mit gegenteiligen Effekten

Mit der beginnenden Industrialisierung und der damit verbundenen Verschärfung von Klassenkonflikten im 19. Jahrhundert nahm die Alkoholproblematik allerdings bis dahin ungekannte Dimensionen an. Einerseits wurde in vielen Fabriken kostenlos Branntwein an die Arbeiter ausgeschenkt, damit sie täglich zwölf bis fünfzehn Stunden härtester körperlicher Arbeit bei minimaler Entlohnung durchhalten konnten. Andererseits wurden allmählich auch Stimmen laut, die diese Entwicklung wegen des physischen Suchtpotentials des Alkohols äußerst kritisch beurteilten. In den USA führte dieser Umstand zum Aufkommen sogenannter „Mäßigkeitsbewegungen“ und gipfelte schließlich in der Alkoholprohibition im Jahre 1917. Allerdings kehrte sich der Effekt des Totalverbots alsbald in sein Gegenteil um: massenhaft entstanden Schwarzbrennereien, wohlorganisierte Schmuggler- und Dealerbanden etablierten sich und damit die sogenannte „organisierte Kriminalität“ in Amerika. So musste das Verbot von Alkohol im Jahr 1933 wieder aufgehoben werden. Auch in Finnland, wo die Prohibition der Droge 1919 eingeführt wurde, musste man das entsprechende Gesetz 1931 wieder streichen, nachdem es sich als totaler Fehlschlag erwiesen hatte. Seitdem setzt man, mit mehr oder weniger mäßigem Erfolg wie bei Koffein, auf eine Besteuerung des Alkohols.

Aktuelle Tendenzen des Alkoholkonsums

Derzeit ist Alkoholmissbrauch gerade im Umfeld aktueller Trinkgewohnheiten von Jugendlichen ins Rampenlicht gesellschaftlicher Debatten getreten. Während die Marketingabteilungen der Alkoholhersteller mit der Einführung von Alco-Pops gerade die jugendliche Zielgruppe verstärkt ins Auge gefasst haben, machen Flat-Rate-Parties und das reihenweise Auftreten von Alkoholvergiftungen bei Jugendlichen vermehrt Schlagzeilen. Bedauerlicherweise scheint der Trend weg von alkoholischen Getränken als Genussmittel hin zum Alkoholexzess zu gehen – weg vom Gebrauch hin zum Missbrauch also. Dabei ist der Missbrauch im Gegensatz zum reinen Genuss, der erste Schritt hin zu Kontrollverlust und letztlich zur Sucht. Wie die folgenden Ausführungen zeigen, sollte die Droge Alkohol unter diesem Aspekt nicht unterschätzt werden.

Wirkungen und Nebenwirkungen

Zu Wirkungen und Nebenwirkungen des Alkohols wäre vieles zu sagen; aus Gründen der Übersichtlichkeit hier jedoch nur eine kurze Aufzählung der körperlichen und psychischen Hauptfolgen (in dieser Reihenfolge):

Erwiesenermaßen schädigt anhaltender Missbrauch von Alkohol das gesamte Nervensystem (wozu auch das Gehirn zu rechnen ist), den Magen-Darm-Trakt, die Leber, das Herz, die Bauchspeicheldrüse, die Speiseröhre, das ungeborene Kind im Mutterleib (Alkoholembryopathie) und führt zu Impotenz. Die schlimmsten psychischen Erkrankungen sind das Delirium tremens (Desorientierung, Stimmenhören, Halluzinationen und daraus entstehende Ängste, unter Umständen tödlicher Verlauf), die Korsakowsche Krankheit (Verlust des Kurzzeitgedächtnisses, völlige Desorientierung, Vergessenes wird durch Erfundenes ersetzt, schwierige und langwierige Therapie), der Alkoholwahn (Paranoia, krankhaftes Misstrauen und grundlos übertriebene Eifersucht oft in Verbindung mit gewalttätigen Wutausbrüchen etc.) und die Alkoholhalluzinose (durch Wahnvorstellungen gekennzeichnete Geisteskrankheit). Eine Überdosis Alkohol kann tödlich sein.