Existenzgründung – ein Überblick zur persönlichen Realisierung des eigenen Standbeins. Grundlegendes, Wissenswertes und Fördermöglichkeiten.
Die Dynamik des Arbeitsmarktes führt auch zur Veränderung der individuellen Arbeitsmarktsituation. In Zeiten wirtschaftlicher Notlagen wollen sich viele Menschen nicht mit den Aussichten von Langzeitarbeitslosigkeit und Hartz IV zufrieden geben. Eine Geschäftsidee schwirrt in einigen Köpfen, aber sowohl Zweifel wie auch das fehlende Know-how lassen die potentielle Bereitschaft sinken. Welche Hintergründe muss man kennen, wenn man mit der Absicht spielt sein eigener Chef zu werden?
Selbstständigkeit – ein großes Abenteuer
Seit der Einführung der ICH-AG ist die geförderte Arbeitsmarktpolitik für viele der Schritt in die Eigenständigkeit. Das Fördermodell wurde weiterentwickelt und belebt den Arbeitsmarkt durch eine Vielzahl frischer Ideen und Konzepte. Im vergangenen Jahr entschieden sich fast 70 Prozent der Neugründer für ein Unternehmen im Bereich der Dienstleistungen (Quelle: DIHK). Damit waren aber nicht ausschließlich die Bereiche IT und Internet fokussiert, sondern vielmehr auch Dienstleistungen im Handel sowie zahlreiche freie Berufe.
Wer darf gründen?
Nicht jeder kann ein Unternehmen gründen! Kinder und Personen, die nur beschränkt geschäftsfähig sind, werden ausgeschlossen. Ansonsten darf jeder Bürger deutscher Staatsangehörigkeit sowie aus den Mitgliedsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums seine berufliche Selbstständigkeit in die Hand nehmen. Das Recht zu gründen ist dabei nicht vor einem Amt oder sonstiger Institution abhängig, das Grundgesetz verbrieft die Berechtigung.
Welche Fördermöglichkeiten gibt es?
Wer seine Arbeitslosigkeit mit dem Schritt in die Selbstständigkeit beenden möchte, wird von den Agenturen für Arbeit gefördert. Empfänger von ALG-I können bei der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit mit dem sogenannten Existenzgründungszuschuss gefördert werden. Mindestens 90 Tage Anspruch auf das Arbeitslosengeld-I sind hierfür notwendig. Die Bezuschussung im Falle von ALG-II, das sogenannte Einstiegsgeld, wird individuell und in Abhängigkeit von der monatlichen Regelleistung ermittelt. Für arbeitslose Personen ohne Leistungsbezug gibt es die Möglichkeiten der Unterstützung seitens regionaler Gesellschaften für Arbeit und Wirtschaftsförderung sowie der KfW-Bank. Letzere bieten auch dem Existenzgründer aus ALG-I und ALG-II einige Möglichkeiten.
Was beinhaltet der Gründungszuschuss?
Der Existenzgründerzuschuss wird für neun Monate und in Höhe des zuletzt gewährten Arbeitslosengeldes gezahlt. Zusätzlich werden 300 Euro zur sozialen Sicherung gezahlt. Nach Ablauf der Bewilligungsdauer kann der Gründungszuschuss für weitere sechs Monate in Höhe von 300 Euro gewährt werden, Voraussetzung dafür ist das Erzielen von Einnahmen aus der Selbstständigkeit.
Streitthema Rentenversicherung
Die Selbstständigkeit als Weg aus der staatlichen Rentenversicherung? Nicht so einfach. Einige Gründungsberufe sind verpflichtet der staatlichen Rentenversicherung beizutreten. Dazu zählen Selbstständige in Heil- und Pflegeberufen, aber auch Lehrtätigkeiten. Zulassungspflichtige Handwerker und Unternehmer, die mehr als 5/6 des Einkommens von nur einem Kunden erhalten, zahlen ebenso 19,9 Prozent des Einkommens in die gesetzliche Rentenversicherung. Künstler und Publizisten haben die Möglichkeit einen Antrag zur Aufnahme der Künstlersozialkasse zu stellen. Bei Aufnahme würden Renten-, aber auch Kranken- und Pflegeversicherung hier zu einem moderateren Satz gezahlt werden.
Gibt es Absicherung vor potentieller Arbeitslosigkeit?
Innerhalb des ersten Monats der Existenzgründung ist es möglich, die freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung bei der Arbeitsagentur zu beantragen. Der (noch) erschwingliche monatliche Beitrag beträgt derzeit 17,89 Euro in den alten und 15,19 Euro in den neuen Bundesländern. Das Versicherungspaket wird auch im kommenden Jahr angeboten, die Beiträge könnten aber in einem Zweistufenpaket bis um den vierfachen Satz angehoben werden. Das dazu im Bundeskabinett besprochene Gesetz ist noch nicht verabschiedet, sodass sich die Details noch ändern können.
Existenzgründung – wo anmelden?
Die Art des Unternehmens und der Finanzierung ist ausschlaggebend für diesen Punkt. Erfreulicherweise gibt es Auskunft bei den Industrie- und Handelskammern, die in jeder größeren Stadt zu finden sind. Aber auch Existenzgründungsunternehmungen können (kostenpflichtige!) Anlaufstellen sein. Bei der Gründung aus der Arbeitslosigkeit vermitteln die Agenturen für Arbeit die ersten Schritte und geben Hinweise, welche Anmeldungen relevant sind.
Die Zahl der Existenzgründungen nimmt in sogenannten wirtschaftlich schlechten Zeiten deutlich zu, da viele Arbeitslose den Schritt in die Selbstständigkeit als einzigste Alternative sehen. Studien der Industrie- und Handelskammern ergaben, dass nach fünf Jahren mehr als rund 60 Prozent von ihrem Gründungsprojekt existieren konnten. Da die Umfragen leider die Gründe der Aufgabe der Existenz nicht ermittelten, muss nicht automatisch davon ausgegangen werden, dass alle anderen Gründer mit ihrer Idee gescheitert sind. Vielmehr ist nicht jeder geeignet, sein „eigener Chef“ zu sein und konnte dem Angebot einer Festanstellung nicht widerstehen.
Jeder kann Existenzgründer werden und das geschickte Ausnutzen von Fördermöglichkeiten kann dabei helfen, die Einstiegshürde nicht übermäßig hoch zu gestalten. Wer seine Idee prüfen möchte, findet Rat bei der IHK sowie den Agenturen für Arbeit. Wer sich intensiv auf die Gründung vorbereitet, erhöht die Chancen des eigenen Erfolgs deutlich. Als Checkliste können die hier beschriebenen sieben wichtigsten Fakten zur Existenzgründung dienen.