In Zeiten vermehrter Infektionen ist eine stabile Blutzuckereinstellung das A und O eines Diabetikers. Hilfestellung hierfür bieten praxisnahe Tipps.
Es ist ein stetiges Auf und Ab der Gefühle, eine ungemeine Anstrengung für Körper und Seele, wenn der Blutzuckerverlauf aufgrund eines Infektes plötzlich aus der Bahn gerät. Ist man doch eigentlich schon geschwächt genug, wenn grippale Infekte, Fieber oder auch Magen-Darm-Infekte einen aus der Bahn werfen, so hat man als Diabetiker in der Regel das doppelte Päckchen zu tragen. Denn schließlich ist es nicht nur der eigentliche Krankheitsverlauf, der schlapp, müde und kraftlos macht. Viel schlimmer erscheint in solchen Situationen die damit einhergehende Problematik schwerer Zuckerentgleisungen.
Das bedeutet, dass man gerade jetzt ganz besonders auf sich achten muss. Alle körperlichen Reaktionen, welche man als Begleiterscheinungen einer Zuckerentgleisung deuten könnte, müssen ernst genommen werden. Dies erscheint jedoch gerade im Moment besonders schwer. Denn wenn man krank ist, stehen Müdigkeit, Schlappheit, Zittern, Schweißausbrüche und Schwindelgefühle ja regelrecht auf der Tagesordnung.
Zuckerentgleisungen bestmöglich vorbeugen
Der wohl wichtigste Punkt, um den Blutzuckerverlauf sicher im Griff zu halten, sind sehr regelmäßige Blutzuckerkontrollen – am besten alle 3 Stunden. Dies bietet die Möglichkeit, einen rapiden Blutzuckeranstieg rechtzeitig zu bemerken und ihm entgegenzuwirken.
Einen ebenso hilfreichen Überblick bietet die lückenlose Dokumentation aller Insulingaben, aufgenommener BE’s, wie auch entsprechende Vermerke über Fieber oder Erbrechen. Diese straffe Blutzuckerüberwachung kostet mit Sicherheit einige Überwindung – vor allem, wenn man eigentlich nur schlafen möchte. Jedoch hilft diese besondere Achtsamkeit, sich vor schlimmen Unterzuckerungen oder gefährlichen Übersäuerungen des Körpers zu schützen. Und sicher ist auch der Partner in den meisten Fällen hilfsbereit zur Stelle, wenn eine schnelle Blutzuckermessung samt Dokumentation erforderlich ist.
Anpassung der Insulindosis
Als einen besonders kritischen Punkt bei Krankheiten empfinden sicher die meisten Betroffenen die selbstständige Anpassung der Insulindosis. Denn um diese möglichst perfekt anpassen zu können, bedarf es einiger Hintergrundinformationen über die körperlichen Reaktionen, die unterschiedliche Krankheitsbilder hervorrufen können.
- Isulinanpassung bei Fieber
Erhöhte Temperaturen treiben auch den Zucker in die Höhe. Der Körper kämpft angestrengt gegen einen Infekt und zeigt dementsprechend auch dieselben Reaktionen wie bei starken Stresssituationen im Alltag: der Blutzucker steigt. Demzufolge muss sowohl die Dosis des Basalinsulins als auch die des Mahlzeiteninsulins erhöht werden. Als Faustregel kann man sagen, dass beide Insuline pro Grad Fieber um etwa zehn bis zwanzig Prozent erhöht werden sollten.
- Isulinanpassung bei leichten grippalen Infekten
Bei leichten grippalen Infekten ohne Fieber, welche sich lediglich durch Schnupfen und Halsschmerzen äußern, reicht es mitunter aus, lediglich das Korrekturinsulin zu erhöhen, ohne die Dosen von Basal- und Mahlzeiteninsulin zu verändern. Grundlage sind jedoch auch hier sehr gewissenhafte, regelmäßige Messungen.
- Insulinanpassung bei Magen-Darm-Infekten
Am schwersten ist das Blutzucker-Handling sicherlich bei Magen-Darm-Infekten. Denn meist kann man kaum etwas essen, ist sich nicht sicher, was man bei sich behält und traut sich aus Angst vor Unterzuckerungen kaum, überhaupt Insulin zu spritzen.
Diese instinktive Scheu vor dem gewohnten Mahlzeiteninsulin ist nicht ganz verkehrt. Denn schließlich kann man sich während eines solchen Infekts nie ganz sicher sein, wie viele der berechneten Kohlenhydrate am Ende wirklich im Körper bleiben. Aus diesem Grund kann es vorübergehend durchaus sinnvoll sein, das kurz wirksame Insulin lediglich zum Korrigieren erhöhter Werte zu spritzen.
Ebenso hilfreich ist es, bei eingenommenen Mahlzeiten erst etwa eine halbe Stunde nach dem Essen zu spritzen. Denn erst dann kann man wirklich sicher sagen, wie man das Essen vertragen hat.
- Basalinsulin niemals ganz weglassen
Eine ganz wichtige Regel bei der selbstständigen Anpassung der Insulindosierung ist die Aufrechterhaltung des Basalinsulins. Denn auch wenn man beispielsweise während eines Magen-Darm-Infekts das Gefühl hat, man würde keinerlei Insulin benötigen, so ist dies eine trügerische Annahme. Denn das Basalinsulin ist lediglich dafür da, um die Körperfunktionen ohne eine Erhöhung des Blutzuckers aufrecht zu erhalten. Demzufolge wird die Basalrate auch ohne Nahrungszufuhr dringend benötigt.
Ein Absetzen des Basalinsulins hätte zur Folge, dass der Blutzucker, der ohnehin steigen würden, aufgrund der krankheitsbedingten Stresshormone im Körper rapide zur Ketoazidose (Übersäuerung des Körpers) führen könnte.
Schnelle Helfer bei Unterzuckerungen
Natürlich kann man noch so achtsam um die Blutzuckerwerte während eines Infektes bemüht sein – und trotzdem schleichen sich ab und zu niedrige Werte ein. Im Normalfall kein Problem – Traubenzucker, süße Säfte oder ein paar Gummibärchen helfen schnell.
Doch was, wenn sich der Magen beim bloßen Gedanken an etwas Süßes umdreht? Gar nicht so einfach diese Situation – denn hier ist Geschicklichkeit gefragt. Meist hilft es, Tee je nach Vorliebe mit Honig oder Traubenzucker zu süßen und ihn in ganz kleinen Schlucken zu trinken. Dies ist sehr wichtig – denn trinkt man die Tasse zu schnell, so kann es durchaus passieren, dass der Magen wieder rebelliert.
Für einen solchen Fall gibt es Glukagonspritzen, welche bei Ärzten und in der Apotheke als so genannte Notfall-Sets bekannt sind und gerade Unterzucker-gefährdeten Diabetikern gern vorsorglich verschrieben werden. Das enthaltene Glukagon regt die Niere zur Ausschüttung von Zucker aus ihren Zuckerspeichern an, so dass die Blutzuckerwerte innerhalb von etwa 10 Minuten wieder deutlich ansteigen. Doch natürlich sollte der Blutzucker weiterhin stabil bleiben. Dies ermöglicht beispielsweise der Verzehr von Schokolade, welche den Zucker durch den erhöhten Fettanteil verzögert abgibt.