Der Reschensee ist ein Stausee, dessen Anlage gegen den großen Widerstand der Betroffenen durchgedrückt wurde. Heute ist er eine Touristenattraktion.
Der Reschensee, italienisch Lago di Resia, ist ein Stausee in der Umgebung des Reschenpasses. Er liegt in der Gemeinde Graun und ist sechs Kilometer lang und an den breitesten Stellen etwa einen Kilometer breit. 120 Millionen Kubikmeter Wasser kann er maximal fassen und 250 Millionen Kilowattstunden liefert das von ihm gespeiste Kraftwerk alljährlich.
Am Reschenpass gab es bis zu der ersten Stauung 1950 drei Seen: den Reschensee, den Mittersee oder Grauner See und den Haidersee. Mit der Stauung wurden Reschen- und Mittersee vereint und es versanken das ganze Dorf Graun und ein großer Teil des Dorfes Reschen unter den Fluten des Stausees. Das waren 163 Häuser und 523 Hektar fruchtbarer Boden. Nur der aus dem Reschensee ragende Kirchturm von Graun zeugt von den überfluteten Orten.
Die Anlage des Stausees
Schon 1920 entstand ein Plan zur Anlage eines Stausees für ein Wasserkraftwerk am Reschensee. Da war ein Stauziel von 5 Metern vorgesehen. 1939 wurde diese Planung entscheidend modifiziert. Nun wurde ein Stauziel von 22 Metern gesetzt. Der Reschen- und der Mittersee würden in dem Staussee aufgehen. Diese Planung wurde auf ungewöhnliche und sogar im faschistischen Italien ungesetzliche Art durchgezogen. Vor Ort wurde alles getan, damit die Betroffenen keine Einsprüche formulierten. Dann konnte die Planung des Stromerzeugers Montecatini zu einem Projekt im nationalen Interesse werden. Die betroffenen Grundbesitzer wurden zur Stärkung der nationalen Industrie zwangsweise enteignet. Realersatz gab es nicht.
Der Zweite Weltkrieg führte dazu, dass die Realisierung der Pläne von 1939 ins Stocken geriet. 1943 wurden die Arbeiten eingestellt. Die betroffenen Bewohner atmeten auf und hofften auf ein stilles Ende für das ehrgeizige Projekt. Doch der Energieversorger grub die alten Pläne wieder aus. Zur Bestürzung, der betroffenen Bevölkerung erschienen am 20. März 1947 zwei Vertreter von Montecatini in Graun und gaben bekannt, dass die Arbeiten zur Verwirklichung des Staudammprojektes wieder aufgenommen und bis 1949 abgeschlossen werden. Es begann ein Kampf gegen dieses Projekt, den die betroffenen Menschen verloren. Die Arbeiten wurden fortgesetzt und im Sommer 1950 wurden die geräumten Gebäude auf dem zukünftigen Seegrund gesprengt Das betraf die Dörfer Graun ganz und Reschen teilweise sowie die uralten Weiler Arlund, Piz, Gorf und Stockerhöfe. Allein der aus dem 14. Jahrhundert stammende romanische Turm der Kirche von Graun blieb stehen. Denn der stand unter Denkmalschutz. Dann wurde der See angestaut. Bei maximaler Füllung nimmt seine Fläche 677 Hektar ein. Ab 1973 wurden durch die Südtiroler Landesregierung umfangreiche Sanierungsmaßnahmen rund um den See durchgeführt. Dabei wurden rund 35 Hektar Kulturfläche zurück gewonnen worden.
Der Reschensee heute
Die Wunden, die mit der Anlage des Stausees in die Landschaft um den Reschenpass geschlagen wurden, sind bis heute nicht verheilt. Aber inzwischen gehört der angestaute Reschensee doch zu der touristischen Infrastruktur um Reschen. So veranlasst der aus dem Wasser ragende Kirchturm viele Autofahrer zu einem Fotostopp auf dem gebührenpflichtigen Parkplatz am See.
Der Weg um den Reschensee ist inzwischen eine rege genutzte Strecke. Wanderer, Walker und Läufer sind hier manchmal in Massen unterwegs. Dann zieht es Angler hier hinauf. Felchen, Forellen, Barsche und Hechte sind in dem Stausee zu Haus. Am Westufer des Sees ist die Talstation einer Sechser-Gondel zum familienfreundlichen Skigebiet Schöneben mit einer breiten und flachen Piste.
Andere Besucher kommen wegen des Windes. Der bläst hier oben mit großer Zuverlässigkeit und beachtlicher Stärke. Das macht hier vom Wind abhängige Sportarten möglich. Im Sommer kommen die Kitesurfen. Im Winter ist der zugefrorene See ein Treff der Eissegler, Snowkiter und Eissurfer aus ganz Europa. So werden die Internationalen Deutschen Snowkitemeisterschaften hier oben ausgetragen.