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Der Frotteurismus als sexuelle Deviation

Meist fällt diese Form der Störung der Sexualpräferenz kaum auf

Der Frotteurismus ist häufig mit anderen Störungen der Sexualpräferenz verknüpft, meist mit Exhibitionismus und/oder Fetischismus.

Der Frotteurismus ist dadurch gekennzeichnet, dass sich eine Person durch das Reiben und/oder Anschmiegen an eine andere Person in einer großen Menschenmenge sexuelle Erregung erzielt. Bevorzugt geschieht dies in überfüllten öffentlichen Verkehrsmitteln, aber auch bei Konzerten, auf Kirmessen und allen anderen Orten, an denen viele Menschen zusammen kommen.

Störungen der Sexualpräferenz

Gemäß ICD-10 (International Code of Diseases) liegen dem Frotteurismus sowohl eine Paraphilie als auch eine Störung der Sexualpräferenz zugrunde (ICD-10, F65.8).

Die Gruppe der Störungen der Sexualpräferenz ist wesentlich komplexer. Hierzu zählen massive sexuelle Deviationen wie Nekrophilie, Sodomie (= Zoophilie), sexueller Missbrauch und Vergewaltigungen. Störungen der Sexualpräferenz sind dadurch gekennzeichnet, dass entweder sexuelle Ersatzhandlungen vorgenommen und/oder ungewöhnliche Lustobjekte bevorzugt werden, wie es bei den Paraphilien der Fall ist, oder dass sexuelle Kontakte nicht auf gegenseitigem Einverständnis beider Partner beruhen, sondern dass der sexuelle Kontakt durch psychische und/oder physische Gewalt vom Täter erzwungen wird. In letzteren Fällen ist die Störung der Sexualpräferenz gleichzeitig strafrechlich relevant, wie etwa bei (versuchten) Vergewaltigungen, sexueller Nötigung und sexuellem Missbrauch von Kindern.

Paraphilien

Zu den Paraphilien zählen neben dem Frotteurismus auch Exhibitionismus, Fetischismus, Pädophilie, Nekrophilie und Sodomie, da die Form des Lustgewinns sowie des Lustobjekts erheblich von der Norm abweichen. Wie bereits angesprochen, sind auch die Paraphilien teilweise strafrechtlich relevant.

Strafrechtliche und therapeutische Relevanz des Frotteurismus

Da Frotteurismus gerade in einer dicht gedrängten Menschenmenge schwer nachzuweisen ist und sich die betroffenen Frauen auch nicht immer sicher sind, ob derjenige ihnen nicht aufgrund der Menschenansammlung auf engstem Raum unfreiwillig zu nah gekommen ist, erfolgen seltenst Strafanzeigen wegen sexueller Belästigung. Oft spielt – wie bei anderen, wesentlich massiveren Sexualdelikten – auch die Scham der betroffenen Frauen eine Rolle.

Frotteuristen sind selten in psychotherapeutischen Praxen anzutreffen, da sie in den meisten Fällen keinen großen Leidensdruck verspüren und es in ihrem Fall recht leicht ist, die Störung umzudeuten oder zu ignorieren.

In Japan ist man sich des Problems gerade in überfüllten U-Bahnen sehr bewusst. Dort wird der Frotteurismus als Chikan bezeichnet. Um der steigenden Anzahl von frotteuristisch motivierten Annäherungen an Frauen zu begegnen, gibt es zur Rush Hour in den U-Bahnen immer einen Waggon, in dem sich ausschließlich Frauen aufhalten dürfen.

Während die Japaner das Problem durchaus erkannt haben und Abhilfe zu schaffen versuchen, hat das Phänomen des Frotteurismus in den westlichen Industrienationen mittlerweile kaum noch Relevanz (vergleiche oben).

Ursachen für Paraphilien

Hierzu gibt es kein einheitliches Erklärungsmodell. Ähnlich wie bei Exhibitionisten gehen viele Psychologen davon aus, dass Frotteuristen aus irgendeinem Grunde Angst vor Zurückweisung und/oder dem eigentlichen Geschlechtsakt haben und so ihre sexuellen Bedürfnisse durch Ersatzhandlungen zu befriedigen versuchen. Die Gründe für diese Ängste können vielfältig sein – eine tatsächlich erfolgte Zurückweisung durch eine geliebte Person in Kindheit oder Jugend, Beobachtung einer sexuellen Gewalttat im jugendlichen Alter, so dass der Betroffene in der Folge Ekel vor dem Geschlechtsakt entwickelt hat oder andere, prägende Erlebnisse im Kindes- oder Jugendalter, aus der die Bevorzugung des Frotteurismus resultiert. Letzteres geht jedoch nicht immer zwingend mit Ängsten einher.