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Der derzeitige Fachkräftemangel

Der Fachkräftemangel in der deutschen Wirtschaft ist mit Händen greifbar und wird sich in Zukunft verstärken. Besprochen werden diverse Lösungsansätze.

Der „Unternehmensbarometer“ des DIHK aus dem August  hat in diesem Jahr 1600 Unternehmen zu folgendem Thema befragt: „Mitarbeiter dringend gesucht! Fachkräftesicherung – Herausforderung der Zukunft“. Die Ergebnisse dieses Barometers lassen aufhorchen:

Einen deutlichen Fachkräftemangel gab es schon in den beiden Krisenjahren 2014 und 2015. Mit Beginn des neuen Aufschwungs im Jahr 2016 verstetigt sich dieser Mangel an Fachkräften noch deutlicher. Beobachter dieser Situation gehen davon aus, dass sich dieser Fachkräftemangel durch den deutlichen Konjunkturaufschwung des Jahres 2016 noch entscheidend verschärfen wird. Dieser Mangel an fachlich besonders ausgebildetem und versiertem Personal wird nun noch massiver ausfallen, als bisher befürchtet. Zwischen 20 – 50% der befragten Unternehmen haben entweder schon dauerhaft oder zunehmend größere Probleme offene Fachstellen entsprechend den Anforderungen zu besetzen.

Der Mangel an Fachkräften macht sich auf allen Qualifikationsebenen deutlich. Mehr als 50% der Teilnehmer dieses Barometers gaben an, dass besonders die offenen Stellen im Bereich der Abschlüsse, die einer Weiterbildung entstammen, wie zum Beispiel Meister und die verschiedenen Fachwirte, entweder gar nicht oder nur unbefriedigend besetzt werden können.

Der „Unternehmensbarometer“ spricht selbst davon, dass sich die Situation im Fachkräftebereich „verschärfen“ wird, insbesondere „im Bereich der Hochqua­li­fizierten“, wo das Fehlen dieses besonderen Fachpersonals bis 2015 bei nahezu 50% erwartet und befürchtet wird. In allen anderen beruflichen Gruppierungen wird ein Mangel von immerhin noch 43% erwartet.

Das einzige Mittel, das den betroffenen Unternehmen bleibt, ist die Weiterbildung der eigenen Mitarbeiter. Diesen Lösungsansatz wählen mehr als die Hälfte (51%) der betroffenen Unternehmen.

Die erfreulich positive Entwicklung der deutschen Konjunktur fordert somit etliche Unternehmen im Bereich der Fachkräfte gleichzeitig heraus. Der demographische Wandel vertieft diese Situation um ein Vielfaches. Hochgerechnet auf die Gesamtheit der Unternehmen sind 70% aller Unternehmen in Deutschland davon betroffen, dass sie ihre offenen Stellen kaum noch oder nur unzureichend mit Fachpersonal besetzen können. Dabei stehen die Unternehmen im Osten derzeit am deutlichsten vor dieser Hürde und Problematik (25%), gefolgt vom Norden (20%), Süden (19%) und Westen (18%). Auffällig hierbei ist, dass der demographische Wandel, der im Osten der Republik am eklatantesten wahrnehmbar ist, sich nun ganz deutlich auch auf dem Arbeits- und Fachkräftemarkt bemerkbar macht. Den Osten haben aus den unterschiedlichsten Gründen viele jüngere und gleichzeitig fachlich gut ausgebildete Menschen in Richtung Westen verlassen. Die Anderen blieben der Region treu. Dies hat den Durchschnitt statistisch betrachtet deutlich verlagert und die Herausforderungen für den Arbeitsmarkt und für die betroffenen Unternehmen in ungeahnte Höhen schwellen lassen. Der Mangel an Fachpersonal ist mit Händen zu greifen. Er wird sich noch weiter verschärfen.

Eine genauere Betrachtung der statistischen Angaben innerhalb des „Unternehmensbarometers“ macht auf eine wichtige Differenzierung innerhalb des Fachkräftemangels aufmerksam, die in der öffentlichen Wahrnehmung nicht immer verstanden wurde: der tatsächliche Akademikermangel in der unmittelbaren Zukunft, darf nicht nur allein auf den Bereich der Akademiker mit einem universitären Abschluss bezogen werden. Noch eklatanter scheint der Mangel der Akademiker, akademisch Gebildete und Fachkräfte zu sein, die über einen Abschluss als Meister, Fachwirte oder vergleichbaren Abschlüssen verfügen. Während 50% der Stellen mit einem Master oder einem anderen universitären Abschluss, nicht oder teilweise nicht besetzt werden können und 52% der Stellen mit einem Bachelor oder FH-Abschluss, sind es schon ganze 57% der Stellen, bei denen ein Fachwirt, ein Meistertitel oder ein anderer Abschluss dank einer Weiterbildung erwartet wird und derzeit nicht oder teilweise nicht besetzt werden kann. Das bedeutet ganz konkret: der Fachmangel der unmittelbaren Zukunft wird am Stärksten in jenen Betrieben wahrgenommen werden, die den hochqualifizierten und die hochqualifizierte MeisterIn, FachwirtIn oder vergleichbaren Abschlüssen benötigen, die mittels einer Weiterbildung erworben werden. Anders und ganz konkret ausgedrückt: die Herausforderungen sind bei den benötigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit verschiedensten Weiterbildungsabschlüssen am dringendsten, weil 57% im Dienstleistungssektor und gleichermaßen 57% im Industrie- und Bauwesen solche Stellen nicht oder teilweise nicht besetzen können. Immerhin noch 50% dieser hochqualifizierten Stellen sind derzeit nicht oder teilweise nicht im Handel zu besetzen. Die Nöte in den geringer- oder geringstqualifizierten Stellenbesetzungen sind deutlich geringer, sie liegen in der Gesamtschau bei etwa 25%.

Was bedeuten diese Zahlen und Statistiken aber nun ganz konkret? Der Mangel an Arbeitskräften wird in Zukunft noch ansteigen, der Mangel an qualifizierten und höchstqualifizierten Arbeitskräften wird um ein Vielfaches ansteigen. Betriebe und Unternehmen stehen in unmittelbarer Zukunft vor der großen Herausforderung, wie sie diese offenen Stellen für Fachkräfte, die sich einfach nicht ad hoc besetzen lassen, dennoch so schnell und so qualifiziert wie möglich mit adäquatem Personal besetzen, um selber nicht dauerhaften unternehmerischen Schaden zu nehmen. Dies trifft besonders auf mittelständische und große Unternehmen zu, die auch international Aufträge akquirieren. Im europäischen und im weltweiten Wettbewerb macht sich ein solcher Mangel auf Dauer eklatant deutlich und untergräbt die Wettbewerbs- und Wachstumschancen dieser Betriebe und Unternehmen. Somit wird plötzlich aus diesem Mangel an Arbeitskräften auch eine Standortfrage mit internationalen Bezügen.

Engpässe und ein Mangel an Fachkräften führen somit einerseits zu einem gesamtwirtschaftlichen, andererseits aber auch zu einem konkret betrieblich spürbaren Verlust der Wertschöpfung. Darauf wies das „Institut der deutschen Wirtschaft Köln“ (IW) bereits im Jahr 2007 hin. „Muss eine Stelle unbesetzt bleiben, so entsteht dem Unternehmen und mithin der Volkswirtschaft ein Wertschöpfungsverlust. … Für eine Branche des Verarbeitenden Gewerbes beläuft sich dieser Wert beispielsweise auf 66.002 Euro, für die Logistik auf 58.086 Euro und für die Unternehmensnahen Dienstleistungen auf 91.025 Euro.“

Um diesem bedrohlichem und folgereichem Fachkräftemangel zu begegnen, bleibt allen Unternehmen nur eine realistische Möglichkeit: deutliche und verstärkte Konzentration insbesondere auf den Bereich Weiterbildung, aber auch auf die ebenfalls nicht unwichtigen Pfeiler Ausbildung, Beschäftigung von Mitarbeitern, die auch älter als 55 Jahre sind, Angebote zu einer Vereinbarkeit zwischen Beruf und Familie, die betriebsinterne Integration von Migranten und nicht zuletzt falls notwendig auch in einzelnen Fällen auch die Anwerbung von Fachkräfte im Ausland. Es macht großen Sinn zuerst eine inländische Lösung zu suchen, um alle Möglichkeiten und Chancen im Inland auszuschöpfen.