Lange Zeit wurde der Lehm aus Wohnhäusern verbannt. Man ersetzte ihn durch industriell hergestellte Baumaterialien wie Zement oder Gips. Heute erlebt er eine Renaissance.
Noch bis in die fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts war Lehm der Baustoff, der in Deutschland wohl am meisten verwendet wurde – weltweit ist er dies heute noch. Oft wurde er vor Ort aus den Baugruben für das Kellergeschoss gewonnen und direkt für den Aufbau von Wänden, die Ausfachung von Fachwerken, als Schüttung für Zwischendecken oder zum Verputzen von Wänden und Decken weiter verarbeitet. Lehm war damit günstig bzw. oft kostenlos zu haben und hatte den Vorteil, dass er gut zu verarbeiten und immer wieder zu verwenden war – eine Eigenschaft, die ihn bis heute von allen gängigen Baumaterialien unterscheidet. Auf Holz hatte er eine auf natürliche Art konservierende Wirkung und durch sein hohes Gewicht konnte er immens viel Wärme speichern und wirkte so sommers wie winters temperaturausgleichend.
Zweifelhafte Segnungen durch industrielle Baustoffe
Im Zuge der flächendeckenden Versorgung von Heim- und Handwerkern mit Baumärkten, wie sie im vergangenen Jahrhundert vonstatten ging, hielten auch die zweifelhaften Segnungen industriell gefertigter Baumaterialien Einzug in die Behausungen der Menschen. In blindem Fortschrittsglauben fiel dieser Tendenz so unter anderem auch der Jahrtausende alte Baustoff Lehm zum Opfer. Ab Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts ersetzte man den Lehm in den Häusern Zug um Zug mit modernen Baustoffen, wie Zement, Gips und ähnlichem. So nahm man dem Verputz oder dem Wandaufbau unter anderem die Fähigkeit, zu „atmen“ – das heisst, mittels Diffusion feuchtigkeitsregulierend auf ein gesundes Wohnklima einzuwirken. Das Gleiche geschah im Übrigen mit der Verwendung von Farben auf Kunststoff- oder Acrylbasis. Der Einsatz dieser industriell gefertigten Produkte machte die Wände immer dichter und das Wohnen immer unangenehmer – vermehrte Schimmelbindung ist letztlich die vielfach sichtbare der gesundheitsgefährdenden Folgen dieser Entwicklung.
Renaissance eines historischen Baumaterials
In den vergangenen Jahren lässt sich aber allmählich eine Umkehr feststellen: Landauf, landab besinnen sich Bauherren und Heimwerker auf den urgesunden Lehm als Baumaterial zurück. Lehmwände haben die Eigenschaft, die Raumluft, die sie umgeben, auf einem für Menschen sehr angenehmen Feuchtigkeitsniveau von etwa 50 – 60 % Luftfeuchtigkeit zu halten. Überschüssige Feuchtigkeit nehmen die Wände auf und geben sie in trockeneren Zeiten (z. B. während der Heizperiode) wieder wohldosiert an die Raumluft ab. Außerdem lässt sich Lehm verhältnismäßig gut verarbeiten. Und sollte die kreative Wandgestaltung dem ästhetisch-kritischen Auge des Betrachters nicht standhalten, kann das Material einfach wieder von der Wand entfernt, erneut in Wasser eingesumpft und wieder als Putz verwendet werden.
Lehmprodukte – fix und fertig oder zum selbermachen
Heute lassen sich Lehmputz, Lehmsteine und weitere Lehmbauprodukte in feinster Qualität bei entsprechenden Anbietern kaufen. Wer aber in der Nähe eine Tongrube oder eine Ziegelei hat und sich zutraut, den Lehm selbst zu verarbeiten, kann enorm viel Geld sparen. Lehm ist deutschlandweit in vielen Böden vorhanden. Oft lässt sich daher passender Lehm bereits aus dem Bauaushub für den Keller gewinnen. So spart man sich nicht nur die teure Entsorgung des Aushubs, sondern auch die Anschaffungskosten für Wand- und Verputzmaterialien und schafft ein gesundes Wohlfühlklima im neuen oder frisch renovierten Heim.
Noch ein kleiner Hinweis zum Schluss: Damit die excellente Diffusionsfähigkeit des Lehms erhalten bleibt, sollten Sie ihn idealerweise mit Kalkkaseinfarben anstreichen – ein einfaches Rezept zur Herstellung umweltfreundlicher Kalkkaseinfarben finden Sie hier.