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Der Arzt als Sachverständiger im gerichtlichen Verfahren

Wenn der Begriff Rechtsmedizin aufkommt, denken die meisten Menschen sofort an Gerichtsmediziner, Leichen und Tötungsdelikte. Aber die Rechtsmedizin nimmt einen wesentlich größeren Anteil in der Kriminalistik ein, als man denken mag. Einer alten Definition nach ist Rechtsmedizin die Anwendung medizinischer Kenntnisse für Zwecke der Rechtspflege. Dies beinhaltet die Untersuchung der Entstehung, die Diagnostik und die Beurteilung rechtlich relevanter Einwirkungen auf den menschlichen Körper.

Rechtsmedizinische Untersuchungen

Es werden sowohl Einwirkungen auf den toten, als auch auf den lebenden Körper untersucht. Das können Verletzungen, Vergiftungen, aber auch krankheitsbedingte Einwirkungen sein, denn auch das vorsätzliche Infizieren mit einem Virus oder Bakterium ist ein strafrechtlich relevantes Verhalten. Die Rechtsmedizin (früher auch Gerichtliche Medizin genannt) versucht mittels dieser Untersuchungen festzustellen, was tatsächlich passiert ist. So findet der Rechtsmediziner sein Einsatzgebiet nicht ausschließlich bei der Untersuchung von mutmaßlichen Gewaltverbrechen. Auch bei Unfällen, bei dem eine Versicherungssumme gezahlt werden soll, kommt ein Rechtsmediziner oft als Gutachter zum Einsatz. Hier muss er untersuchen, ob die Verletzung bei dem geschilderten Geschehen entstanden sein kein, oder ob eventuell eine Eigenverletzung vorliegt. Aber auch bei der Beurteilung von Fahrtüchtigkeit und Schuldfähigkeit wird er zurate gezogen. Somit ist die Rechtsmedizin eine der bedeutendsten forensischen Hilfswissenschaften.

Arzt – Patientenverhältnis bei Gewaltverbrechen

Aber auch jeder Allgemeinmediziner, der sich nicht auf die Rechtsmedizin spezialisiert hat, wird nicht selten als Sachverständiger in rechtlichen Fragen auftreten. Wichtig zu wissen ist dies besonders für Menschen, die sich nach einem Gewaltverbrechen an ihren Arzt wenden. Dieser wird in aller Regel die Verletzungen dokumentieren wollen, um sie in einem etwaigen Strafverfahren als Beweismittel einfließen lassen zu können. Besonders Frauen, die ihrem Mann oder Lebenspartner zum Opfer gefallen sind, wollen dies aber oft nicht. Sie haben Angst, dass eine Strafanzeige ihren Partner nur noch mehr in Rage bringen könnte. Jedoch handelt es sich auch bei dieser ärztlichen Behandlung um einen Patientenvertrag bei welchem die Schweigepflicht gilt. Das bedeutet, dass sich ein Opfer keine Sorgen zu machen braucht, dass die dokumentierten Verletzungen ohne Zustimmung weitergeleitet werden. Bei Delikten dieser Art handelt es sich nämlich in der Regel um sogenannte Antragsdelikte. Die Körperverletzung zum Beispiel wird gemäß §230 Absatz 1 StGB nur auf Strafantrag verfolgt, sofern kein öffentliches Interesse vorliegt. Man kann also die Verletzungen ohne Angst dokumentieren lassen. Denn möglicherweise entscheidet man sich einige Zeit später doch noch Anzeige zu erheben. In diesem Fall kann man den Arzt von seiner Schweigepflicht entbinden oder auch direkt bei der Kriminalpolizei eine eigenhändig unterschriebene Einwilligungserklärung abgeben, dass der Arzt in diesem Fall Auskunft geben darf. Wenn man sich nicht zu einer Anzeige entscheidet, werden die Beweismittel unter Verschluss gehalten. Jedoch sollte man in solchen Fällen immer einen Arzt aufsuchen. Denn nur die Dokumentation durch einen Arzt hat erhebliche Beweiskraft vor Gericht.