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Der Ackerschachtelhalm

Ein uraltes Heilkraut, Wie wirkt Ackerschachtelhalm?

Seine quirlförmigen, saftig grünen Triebe sind unverkennbar. Als Putzmittel und Heilkraut ist das Zinnkraut seit der Antike bekannt.

Der Schachtelhalm gehört zu einer uralten Pflanzenfamilie. Im Karbon vor 350 Millionen Jahren wuchs er in riesigen Sumpfwäldern und bildete die Grundlage für unsere Steinkohle. Dagegen sind die heute lebenden Schachtelhalme Zwerge. Sie kommen nur auf der nördlichen Erdhalbkugel vor. Im Gegensatz zu seinen riesigen Vorfahren ist der Ackerschachtelhalm kein Sumpfbewohner. Er wächst als Pionierpflanze in Unkrautgesellschaften auf Äckern, Wiesen oder in Wäldern.

Pferdeborste und Zinnkraut

Schon im alten Rom wusste man um die Heilkraft des Ackerschachtelhalms. Der Naturforscher Plinius der Ältere nannte ihn Equisetum arvense. Übersetzt bedeutet das in etwa „Pferdeborste vom Acker“. Damit beschreibt der Römer das raue, harte Gefühl der Stängel in der Hand. Die Zähigkeit und Widerstandsfähigkeit der Schachtelhalmtriebe nutzen die Frauen im Mittelalter auf ihre Weise. Wohlhabende Personen benutzten Essgeschirr aus Zinn. Um es nach dem Essen von Speiseresten zu säubern, rieben die Mägde Teller und Platten mit Knäulen aus Schachtelhalmstängeln ab. Auf Wandertour in Wald und Feld kann man die „Pferdeborste“ des Plinius als Schwammersatz benutzen. Einfach eine Handvoll Kraut ausreißen und mit dem handgerechten Knäuel Töpfe und Becher ausreiben.

Volkstümliche Bezeichnungen

In Mecklenburg und der Altmark nennt man den Ackerschachtelhalm wegen seiner Ähnlichkeit mit einem Pfeifenrohr Pipenstal = Pfeifenstil. Daher leiten sich auch die Bezeichnungen in Ostfriesland (Hollpiepen = Hohlpfeifen) oder Ostpreußen (Dunkelpfeifen) ab. Die Bewohner des Hunsrück verglichen die gegliederten Triebe mit einer Nadelbüchse. Sie nennen sie daher Spengelbüchse („Spengel“ bedeutet Nadel). In anderen Regionen vergleicht man die Sprosse gern mit dem Schwanz verschiedener Tiere, besonders der Katze. Kattensteert oder Kattenswans nennen die Altmärker das Kraut. Kattstart ist sein pommerscher Name. In Schlesien und Nordböhmen heißt der Schachtelhalm Kattenzahl. Namen wie Zinnkraut, Zinngras, Zinnheu oder Scheuerkraut erinnern an den Gebrauch der Schachtelhalme zum Putzen von Geschirr, besonders von Zinnkannen, Zinntellern und Weberschiffchen. Anderswo gab es den Glauben, der Genuss der Pflanze sei für Kühe tödlich. Pferde hingegen würden sie vertragen. So entstand der Spruch: „Der Pferde Brot – der Kühe Tod“. Und im Gebiet der unteren Weser trägt der Schachtelhalm den Namen Koodod = Kuhtod.

Keine Blütezeit

Schachtelhalme blühen nicht, denn sie gehören zu den Sporenpflanzen. Zuerst schieben sich zu Beginn des Frühjahres unscheinbar braune Kolben aus der Erde. An ihrem Ende sitzen die Sporangienähren. Nach der Reife verwelken sie. An derselben Stelle treiben jetzt die sterilen Laubtriebe aus. Hellgrün und quirlig mit rauen, harten Ästen bestanden, sind sie der typische Ackerschachtelhalm. Von ihnen leitet sich auch sein Name ab. Denn die einzelnen Abschnitte des Triebes sind wie Schachteln ineinander gesteckt. Mit wenig Mühe lassen sie sich auseinander ziehen. Im Untergrund verbreitet sich das Kraut durch sein Rhizom. Dieser bleistiftdicke Wurzelersatz schiebt sich in bis zu einem Meter Tiefe durch die Erde. Wie die überirdisch wachsenden Triebe ist auch das Rhizom auffällig mit Knoten gegliedert. Hier entspringen die eigentlichen Wurzelorgane und gehen die Triebe ab.

Gesundheit pur

Schon in der Antike war die heilende Wirkung des Ackerschachtelhalms bekannt. Häufig wird seine blutstillende Eigenschaft genannt. Nach Plinius soll diese so stark sein, dass es genüge einen Zweig des Krauts in der Hand zu halten. Dann würde die Blutung aufhören. Ab dem Mittelalter steht dann die diuretische (=den Harnweg stimulierende) Wirkung des Krautes im Mittelpunkt des Interesses. Der bekannte Pfarrer Sebastian Kneipp macht die Wirkung des Schachtelhalms einem großen Publikum bekannt. Er empfiehlt es sowohl zur innerlichen Anwendung bei Grieß- und Steinleiden sowie zur äußeren Anwendung bei Blutungen oder offenen Wunden. Die Heilwirkung beruht zum Großteil auf dem extrem hohen Kieselsäuregehalt. Die Asche verbrannter Triebe des Schachtelhalms kann bis zu 97 Prozent SiO2 enthalten. Daneben enthält das Kraut Alkaloide, Flavonoide und Saponoide.

Rezepte für die Küche

Ackerschachtelhalm ist nicht nur in der Medizin, sondern auch in der Küche ein nützliches Kraut. Hier verwendet man jedoch nur die braunen, kolbenförmigen Triebe. Sie werden vorsichtig geschält. Dann kann man mit ihnen zum Beispiel ein Omelette füllen. Klein geschnitten und gemeinsam mit Pilzen in Öl gedünstet ergeben die Kolben einen schmackhaften an den Herbst erinnernden Snack.

Was der Arzt empfiehlt

Bekannter als seine kulinarischen Vorzüge ist die Heilwirkung des Ackerschachtelhalms. Der Ackerschachtelhalm besitzt jedoch giftige Verwandte. So besteht für unerfahrene Sammler die Gefahr der Verwechselung. Wer auf Nummer Sicher gehen will, der erhält das getrocknete Kraut in der Apotheke. Ansonsten enthalten die frischen, grünen Triebe des Frühsommers die meisten Inhaltsstoffe. Gut getrocknet und luftdicht verpackt kann man sie das gesamte Jahr benutzen.

Kur bei Erkrankungen der Harnorgane

Ein Esslöffel Kraut mit einer Tasse Wasser fünf Minuten kochen. Zehn Minuten ziehen lassen, abseihen und mit 2 Glas Wasser dreimal täglich trinken.

Abkochung bei Entzündungen, Ekzemen und Wunden

Ein Esslöffel getrocknetes Kraut 20 Minuten in einem Viertel Liter Wasser leicht kochen. Eine Mullbinde mit dem Sud tränken. Die feuchte Binde auf die kranke Stelle legen. Mit einer Plastikfolie und einer weiteren Mullbinde umwickeln. Mehrmals täglich die Wickel erneuern.

Warnung!

Ohne die Betreuung durch einen Arzt sollte man den Schachtelhalm nicht über einen längeren Zeitraum anwenden. Ganz darauf verzichten sollten Patienten mit eingeschränkter Nieren- und Herztätigkeit. Im Zweifel immer erst den Hausarzt konsultieren.