Interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Gynäkologe und Psychiater. Häufig suchen Frauen mit Depressionen zuerst den Gynäkologen auf. Gerade zu Beginn der Menopause ist diese Erkrankung keine Seltenheit. Eine passende Therapie ist wichtig.
Der Gynäkologie gilt heute vielfach als „Hausarzt“ der Frau. Dies bedeutet, dass Patientinnen mit depressiven Symptomen zuerst den Arzt/die Ärztin ihres Vertrauens, den/die Gynäkologen(in) aufsuchen, vor allem dann, wenn eher körperliche Symptome im Vordergrund stehen.
„Gerade Patientinnen mit Symptomen einer Hormonstörung oder Patientinnen am Beginn der Menopause leiden oft relativ heftig unter Stimmungsschwankungen, mangelndem Selbstwertgefühl, unter einer Konzentrations -und/oder Antriebsstörung, an einer labilen Gemütslage. Manchmal können diese Veränderungen auch den Krankheitswert von Depressionen aufweisen. Dieses rechtzeitig zu erkennen, gegen zu steuern und eine entsprechende Therapie anzubieten, ist die vorrangige Aufgabe der Frauenärzte“ so Univ. Prof. Dr. Christine Kurz, Gynäkologin und Endokrinologin am AKH-Wien.
Zusammenarbeit zwischen Psychiatern und Frauenärzten
„Gegen eine Depressionsbehandlung beim Gynäkologen ist sicherlich nichts einzuwenden“, sagt auch der Leiter der Psychiatrischen Abteilung am Krankenhaus Neunkirchen, der Psychiater Univ.-Prof. Dr. Christian Simhandl. „Allerdings sollten Patientinnen mit schweren Depressionen und Suizidalität zum Psychiater überwiesen werden.“
Um starke Beschwerden zu lindern, plädiert Simhandl für die rasche Einleitung einer antidepressiven Therapie. „Depression ist ein klares Krankheitsbild, und das ist auch klar zu kommunizieren.“ Die Depression ist heute eine sehr gut behandelbare Erkrankung. Mit der richtigen Medikation und einer klaren Zielformulierung wird die Patientin schon nach wenigen Tagen Erleichterung spüren. „Eine antidepressive medikamentöse Therapie gehört in die Hände des Spezialisten, des Psychiaters. Allerdings wäre eine entsprechende Schulung zur Verbesserung der interdisziplinären Zusammenarbeit für Frauenärzte wünschenswert“ so Kurz.
Zielvereinbarungen treffen
„Das Ziel ist natürlich, dass die betroffenen Patientin innerhalb mehrerer Wochen völlig symptomfrei wird“, hält Simhandl fest. Zielvereinbarungen, wie etwa die regelmäßige Einnahme der antidepressiven Medikation, das ebenso regelmäßige Erscheinen in der ärztlichen Ordination sowie eventuell notwendige Umstellungen im Lebensstil müssen immer gemeinsam mit der Patientin getroffen werden. „Nur dann kann die notwendige Compliance und Adherance erreicht werden“, sagt Simhandl.
Keine müde machende Wirkung von SSRI
Liegt ein depressives Syndrom vor, sind Antidepressiva laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) Mittel der ersten Wahl. Dazu gehören etwa Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI), die den Vorteil haben, dass sie nicht müde machen: „Diese Medikamente wurden für Menschen entwickelt, die im Arbeitsleben stehen“, erläutert Simhandl. SSRI wirken aktivierend, stimmungsaufhellend und angstlösend. „Wichtig ist es, die Patientin darauf aufmerksam zu machen, dass sie ein bisschen Geduld haben muss“, so Simhandl weiter. „SSRI schaffen zwar bereits in wenigen Tagen Erleichterung, die volle Wirkung tritt allerdings erst nach einigen Wochen ein.“
Kombination aus Therapie und Medikation
Wichtig für Frauen, die unter depressiver Symptomatik leiden: Nur ein Arztbesuch, eine umfassende Diagnostik sowie eine adäquate Therapie können dazu beitragen, dass die Belastungen der Depression rasch wieder nachlassen. Die therapeutischen Möglichkeiten reichen dabei von Antidepressiva bis zur Verhaltenstherapie. Experten empfehlen bei mittleren und schweren Depressionen eine Kombination aus beiden Therapieformen. Übrigens: Antidepressiva machen nicht abhängig und sie verwandeln den Betroffenen auch nicht in einen gefühllosen Zombie. Vielmehr stellen Antidepressiva das normale Gefühlserleben wieder her. Und die Verhaltenstherapie unterstützt dabei, krankmachende Faktoren im Leben zu vermindern, zu ändern oder ganz zum Verschwinden zu bringen.