Lichtmangel kann zu tiefer Verstimmung führen. Winterdepressionen stellen eine Unterform der Depressionen dar, die durch das verminderte Lichtangebot in der dunklen Jahreszeit entstehen, aber gut therapierbar sind.
Viele Menschen reagieren auf den Beginn des Herbstes alljährlich mit einem deutlichen Stimmungseinbruch und einer gewissen November-Melancholie, auch als Winter-Blues bezeichnet. Sie benötigen ein paar Wochen, um sich an die dunkle Jahreszeit zu gewöhnen und trauern vielleicht warmen Sommerabenden auf der Terrasse, luftig leichter Kleidung und üppigem Grün nach. Wenn dann jedoch der Winter mit Schnee und Eis vor der Tür steht, sind sie längst wieder quietschfidel und freuen sich beispielsweise auf die Adventszeit. Einige leiden hingegen unter der verminderten Sonneneinstrahlung mehr als andere und zeigen dabei Symptome einer depressiven Krise:
Niedergeschlagenheit und Müdigkeit, manchmal Appetitlosigkeit oder (bedeutend häufiger) Heißhunger, insbesondere auf Süßigkeiten beziehungsweise kohlenhydratreiche Nahrung. Dazu kommen meistens Schlafstörungen und Rückzugstendenzen sowie eine allgemeine Kraft- und Freudlosigkeit. Man fühlt sich ausgelaugt und antriebsarm, schwach und frustriert. Alltagsanforderungen, die noch einige Wochen zuvor mühelos bewältigt wurden, bringen einen plötzlich an die Grenze der Belastbarkeit oder sogar weit darüber hinaus.
Serotonin und Melatonin
Schuld daran ist ein aufgrund des verminderten Lichtangebotes ausgelöster Mangel des Gehirnbotenstoffs Serotonin, der für die reibungslose Informationsübermittlung von einer Gehirnzelle zur nächsten zuständig ist und antriebssteigernd wirkt, sowie eine Störung des Melatoninhaushaltes. Dieses Hormon, das hauptsächlich nachts ausgeschüttet wird, fördert das Einschlafen und wird bei Tageslicht abgebaut. In der dunkleren Jahreszeit kann der Körper überschüssiges Melatonin jedoch tagsüber nicht ausreichend abbauen, was zu Müdigkeit und Antriebsarmut führt. Die innere Uhr des Menschen ist durcheinander, und das hormonelle Gleichgewicht im Gehirn stimmt nicht mehr.
Verschwinden die Symptome im Frühjahr wieder, spricht man von einer Winterdepression (oder saisonal abhängigen Depression), die eine Unterform der Depressionen darstellt.
Spaziergänge, 2500 Lux und Schokolade
Betroffenen wird geraten, sich bei jedem Wetter (!) täglich mindestens eine Stunde im Freien zu bewegen – ein Tipp, der eigentlich immer beherzigt werden kann. Ideal wäre dabei leichtes Joggen oder Walken, aber auch flotte Spaziergänge oder Touren mit dem Rad bringen den Organismus in Schwung. Entscheidend ist dabei der Umstand, dass auch die dickste Wolkendecke noch genügend Sonnenlicht durchlässt, um auf den Organismus einzuwirken. In schwerwiegenderen Fällen kann die tägliche Lichteinwirkung mit künstlichem Licht ergänzt werden. Eine spürbare Gemütsaufhellung wird erreicht, wenn wenigstens 2500 Lux (entsprechend der Helligkeit von 2500 Kerzen) auf der Netzhaut ankommen. Dafür gibt es spezielle Lampen (ohne UV-Licht), die schon nach wenigen Tagen eine wohltuende Wirkung entfalten. Eine halbe Stunde täglich vor dieser Lampe – am besten morgens – kann die Depression vertreiben oder zumindest abmildern.
Übrigens: Auch Schokolade hebt die Stimmung!
Johanniskraut
Eine weitere Maßnahme ist die Therapie mit Johanniskraut, der bekanntesten Mittsommerpflanze. Der Name geht auf den Johanni-Tag (24. Juni) zurück. Schon Paracelsus wusste ihre Heilkraft und Wirkung auf depressive Gemüter zu schätzen. Entscheidend sind eine hohe Dosierung und eine kontinuierliche Verabreichung über mehrere Monate. Wer bereits Erfahrungen mit Winterdepressionen machen musste, sollte mit der Einnahme beginnen, bevor der nächste Herbst vor der Tür steht – am besten in Absprache mit dem Arzt, denn auch Johanniskraut ist ein Medikament, das Nebenwirkungen hervorrufen kann.
Außerdem sollte eindeutig geklärt werden, ob tatsächlich lediglich eine saisonal bedingte Depression vorliegt oder die Krankheit sich unter Umständen rein zufällig im Herbst/Winter zeigt und gegebenenfalls durch Lichtmangel verstärkt wird. Depressionen sind eine schwerwiegende Erkrankungen, die dringend psychologische und psychiatrische Hilfe erforderlich machen.