Depression – keine schlechte Laune

Vielen Betroffenen fehlt die Einsicht, erkrankt zu sein. Seit die Depression mehr in den Fokus des öffentlichen Interesses rückt, steigt die Zahl der entsprechenden Arztkontakte. Doch viele Betroffene verdrängen die Erkrankung.

Noch nicht einmal vier Uhr morgens. Der Blick auf den Wecker bestätigt, was man nicht anders erwartet hat. Genau wie am Tag zuvor. Und an dem davor, und dem davor auch. Man ist müde, fühlt sich wie gerädert, ersehnt die Erlösung durch den Schlaf – und findet sie doch nicht. Dabei hätte man noch mehr als zwei Stunden Zeit – aber die wird zugebracht mit Grübeln. Die Gedanken ziehen ihre Bahnen in endlosen Schleifen, kehren irgendwann zum Ausgangspunkt zurück und beginnen eine neue Runde. Von Entspannung keine Spur.

Wem diese Erfahrung bislang erspart geblieben ist, der kann sich glücklich schätzen. Denn chronische Ein- und Durchschlafstörungen gehören zu den klassischen Symptomen einer Depression. Nota bene: Hier ist nicht von schlechter Laune die Rede. Die nämlich ist am nächsten Morgen verflogen. Hier ist die Rede von einer chronischen Depression mit Krankheitswert.

Symptome der Depression

Eine solche geht einher mit Symptomen wie dem oben beschriebenen, ferner mit Antriebs- und Appetitlosigkeit, sozialer Isolation, Selbstabwertung, Schwarzsehen und Zukunftsängsten. Gequält von solchen Befindlichkeiten neigen Betroffene bei schweren Depressionen häufig dazu, ihren Selbstmord zu erwägen, um endlich erlöst zu werden von der schwarzen Brühe, von der sämtliche Gedanken und Gefühle getränkt sind.

Dabei sind Depressionen mit durchaus guter Prognose behandelbar – vorausgesetzt allerdings, man geht zum Arzt. Hier jedoch liegt das Problem, denn den meisten Betroffenen fehlt die Krankheitseinsicht. Zwar leiden sie in ihrem Alltag an den oben beschriebenen Symptomen, sind jedoch weit davon entfernt, sich für krank zu halten. Zähne zusammenbeißen, mag es dann zuweilen heißen, oder auch: „Da mußt Du jetzt durch!“ – „Nein, musst Du nicht!“

Depression als gesellschaftliches Tabu

Die Zahl der an Depression Erkrankten in den Arztpraxen nimmt zu, was nicht daran liegt, dass immer häufiger Menschen daran erkranken. Im Gegenteil: Man nimmt an, dass die Rate der Erkrankungen konstant bleibt. Aber die gesellschaftliche Stigmatisierung von Gemütserkrankungen wird zunehmend aufgehoben, weil sie von den Medien als Thema entdeckt wurde. Dies ebnet den Betroffenen den Weg in die Praxen. Momentan schätzt man, dass trotzdem nur etwa 40% der Erkrankten wegen ihrer Depression einen Arzt aufsuchen.

Ursachen der Depression

Was sind die Ursachen einer Depression? Unter naturwissenschaftlichem Aspekt ist die Frage schnell beantwortet: Eine Depression ist die Folge eines Ungleichgewichts der Botenstoffe Noradrenalin und Serotonin, die für den Informationsaustausch zwischen den Nervenzellen zuständig sind. Gerät das Gleichgewicht aus den Fugen, wird der Informationsaustausch gestört – mit dem bekannten Ergebnis: siehe oben.

Ansätze zur Behandlung der psychischen Erkrankung

Von daher begründet sich auch der Behandlungsansatz, dieses stoffliche Ungleichgewicht mit der Gabe von Medikamenten zu beheben.

Ein zweiter Ansatz richtet sich auf die Bearbeitung der konkreten Krankheitsauslöser und Dispositionen. Zu letzteren zählen Vererbung sowie frühkindliche Erfahrungen emotionalen Mangels. Auslöser können die Trennung vom Partner sein, der Verlust eines Kindes, sozialer Abstieg infolge Arbeitslosigkeit, stetige Kränkung, lebensbedrohliche Erkrankungen – alle Ereignisse also, die als existentiell bedrohlich wahrgenommen werden. Alle aufgeführten Faktoren – von der Vererbung einmal abgesehen – lassen sich in Psychotherapien unterschiedlichster Ausprägung bearbeiten, mit dem Ziel, ihnen den traumatischen Charakter zu nehmen.

Ein dritter Ansatz besteht in körperlicher Betätigung. Insbesondere mit Ausdauersportarten wie Jogging, Walking oder Radeln erzielt man eine allgemeine Aufhellung der Befindlichkeit, die über ein angenehmes Körpergefühl vermittelt wird. Darüber hinaus überwindet man auf diese Weise die Antriebslosigkeit, was schon für sich genommen für neuen Antrieb sorgt.

Kombination der Ansätze

Die genannten Ansätze werden in der Regel kombiniert; sie zu gewichten und an den jeweiligen Patienten anzupassen, darin besteht die Kunst des Arztes. Wenn dieser seine Kunst beherrscht, dann wird über kurz oder lang der Wecker seine ursprüngliche Funktion wieder wahrnehmen können: Den Schläfer aus einem gesunden Schlaf zu holen.

 

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