Erstmalig wurden Photorezeptor-Proteine im menschlichen Gehirn lokalisiert. Neue Hoffnung für Depressive?
Auf dem Jahreskongress der Skandinavischen Physiologen-Gesellschaft, die vom 12.-14. August in Norwegen stattfand, präsentierten Forscher der Universität von Oulu präsentierten neue Erkenntnisse zur Lichtempfindlichkeit des menschlichen Gehirns.
In Studien lokalisierten sie das OPN3 Protein in allen 18 untersuchten Gehirnabschnitten. Es ist bekannt als lichtempfindliches Photorezeptor-Protein. Da die untersuchten Gehirnareale hauptsächlich für die Produktion und Speicherung von Serotonin und Melatonin verantwortlich sind, beeinflussen sie die Stimmung, den Schlaf und die Entstehung von Depressionen. Diese lichtempfindlichen Proteine wurden zum ersten Mal außerhalb des visuellen Systems im Gehirn gefunden.
Eine neue Lichttherapiemethode bringt Licht über das Ohr ins Gehirn
„Die Studien zeigen, dass wir über Gehirnzellen verfügen, die direkt auf Lichtexposition reagieren. Diese Ergebnisse sind sehr ermutigend, besonders für eine neue Lichttherapiemethode, Licht über den Ohrkanal an das Gehirngewebe zu senden”, fasst Professor, PhD, Seppo Saarela, Chef der Abteilung Biologie an der Universität von Oulu zusammen.
Diese Ergebnisse machte sich die finnische Firma Valkee zunutze, die daraufhin ein Headset entwickelten, das die Lichttherapie direkt über den Ohrkanal zum Gehirn kanalisiert, um dort Stimmungsschwankungen oder zirkadianen Rhythmusstörungen, wie beispielsweise beim Jetlag, vorzubeugen oder zu behandeln.
„Das menschliche Gehirn ist größtenteils lichtempfindlich. Die gefundenen Photorezeptor-Proteine wandeln Lichtreize in neuronale Signale um. Wenn man Licht über den Ohrenkanal direkt zu diesen Gehirnabschnitten leitet, wird eine sofortige Reaktion der lichtempfindlichen Zellen hervorgerufen”, kommentiert Juuso Nissilä, Mitbegründer und Leiter der Valkee-Forschungsabteilung das medizinische Gerät, das in der CE-Klasse II (a) für medizinische Geräte zertifiziert ist.
Die Wirkung wurde in Studien bestätigt
Auf dem 11. IFMAD (International Forum for Mood and Anxiety Disorders) in Budapest vom 9.-11. November präsentierten die Wissenschaftler der Universität von Oulu klinische Studien zum Valkee. „Wir haben bereits mit früheren Studienergebnissen belegt, dass das menschliche Gehirn lichtempfindlich ist. Diese zwei neuen klinischen Studien zeigen, das über den Ohrenkanal auf die photosensitiven Abschnitte zugeführtes Licht saisonal abhängige Depression (SAD) sehr effektiv heilen und ihr vorbeugen kann.”, so Juuso Nissilä.
„90% der Patienten reagierten positiv auf die über das Ohr an das Gehirn zugeführte Lichttherapie. Bei traditioneller Lichttherapie beträgt die Responderrate ca. 60%”, sagt Professor Markku Timonen, MD, PhD, der leitende Wissenschaftler der beiden Studien an Universität von Oulu. Und auch Professor Timo Takala, MD, PhD, Chefarzt des Oulu Deaconess Institute, bestätigt: „Diese beiden Studien belegen, dass die Applikation von therapeutischem Licht über den Ohrkanal eine wichtige Anwendungsmethode in der nächsten Zukunft werden wird, um saisonale abhängige Depression zu behandeln.“
Die Studiendetails
In der ersten Studie konnten bei 92% der Testpersonen, die an schwerer saisonaler affektiver Depression litten, eine völlige Symptomfreiheit nach 4-wöchiger Anwendung erreicht werden. Die Lichtdosis wurde 8-12 Minuten an fünf Tagen in der Woche in der Klinik appliziert. Die Zeit der täglichen Anwendung wurde nach individuellem Belieben variiert.
In der zweiten, randomisierten und kontrollierten Studie nahmen 89 Testpersonen mit schwerer Form der SAD teil. Die Gruppe wurde in drei Untergruppen unterteilt, die zwar alle die gleiche Anwendungszeit von 12-min täglich absolvierten, aber nach Lichtintensität unterschieden wurden (1,4,9 Lumen). Die Responderrate war in der Gesamtgruppe 74-79% für SAD und 47-62% für Angst (nach 4 Wochen wurden im Minium lBDI-21 und HAMA Score um 50% reduziert). Die tägliche Anwendungszeit wurde auf morgens nach dem Aufwachen festgelegt.
Über das Headset
Das Valkee Bright Light Headset kanalisiert die Lichttherapie über den Ohrkanal direkt zum Gehirn, um Stimmungsschwankungen vorzubeugen oder zu heilen. Die Basis hierfür ist die Erkenntnis, dass die Augen nicht die einzige Möglichkeit sind, um Licht an das Gehirn zu übertragen: Über den Ohrkanal, wo die Schädeldecke am dünnsten ist, kann es direkt dorthin gebracht werden, wo es benötigt wird.
Als Nebenwirkungen wurden Schlaflosigkeit und Kopfschmerzen angegeben. Sie können jedoch nach Herstellerangaben reduziert werden, wenn das Gerät zu einer anderen Tageszeit angewendet wird. So muss der Anwender selbst herausfinden, wann ihm die Exposition mit einer Extraportion Licht gut tut. Ein weiterer Vorteil des Geräts: Das Headset ist im Handel frei erhältlich und kann problemlos zuhause angewendet werden. Ein Nachteil ist sicher der Preis: derzeit kostet es € 199,00.