Delfintherapie ist als Alternativtherapie in, aber nicht wissenschaftlich belegt, für die Tiere eher qualvoll, und außerdem gibt es billigere Alternativen.
Menschen haben seit jeher eine Faszination für Delfine. Delfinarien erleben derzeit wieder einen Boom. Angebote für Therapien mit Delfinen nehmen zu. Viele klassische Delfinarien ersetzen damit ihr mittlerweile in Schieflage geratenes Unterhaltungs-Image und können damit ihren wirtschaftlichen Profit sogar noch erhöhen. Die Delfintherapie (dolphin-assisted therapy, DAT) vor allem mit autistischen und Down Syndrom-Kindern gibt ihnen wieder Auftrieb. Ob zu Recht ist eine andere Frage.
Die Erfinderin distanziert sich von der Delfintherapie
Ende der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts arbeitete die Verhaltenstherapeutin Dr. Betsy Smith mit Delfinen und geistig behinderten Kindern. Diese Arbeit wurde von Dr. David Nathanson, Psychologe in Florida, weitergeführt, der ebenfalls beobachtete, dass das Schwimmen mit Delfinen Angst, Stress und motorische Unruhe dämpft und einen Zugang zum abgekapselten Innenleben seelisch kranker Kinder öffnen kann. Damit erfand er die „Delfintherapie“, die sehr schnell erfolgreich vermarktet wurde. Bezeichnend ist allerdings, dass sich Frau Smith inzwischen aus ethischen Gründen vehement davon distanziert.
Auch Richard O’Barry, der ehemalige Delfintrainer von Flipper, dem berühmten Fernseh-Delfin, kämpft seit 1970 gegen die Schattenseiten der Delfintherpaie. Für die Tiere selbst sind Delfinarien nämlich alles andere als heilsam. Delfine legen normalerweise mehrere hundert Kilometer am Tag zurück und tauchen bis zu 500 Meter tief. Im Delfinarium müssen sie auf extrem begrenztem Raum existieren, die Betonmauern reflektieren ständig ihre Echolotlaute, mit Hilfe derer sie sich orientieren, sie werden dadurch irritiert und verkümmern. Chemisch aufbereitetes Wasser und UV-Strahlung schädigen die empfindliche Haut der Tiere und können Geschwüre verursachen. Sie stehen nicht nur unter ständiger ärztlicher Aufsicht, sondern auch ständig unter Antibiotika. Bis sich die wilden Delfine an die toten Fische als Nahrung und Dressurmittel gewöhnen, müssen sie in manchen Fällen mit Magensonden zwangsernährt werden.
Kurzfristiger Effekt der Therapie vor allem durch die Urlaubssituation
Durch die Informationen von Tierschützern waren die Delfinarien in Verruf gekommen, die ihr Zirkus-Image flugs gegen ein neues Therapie-Image tauschten und teuer verkauften. Was den etwaigen Erfolg ausmacht, ist schwer zu belegen. Die „Urlaubssituation“, Florida, Sonne, Meer, die freiere Bewegung im Wasser und vieles mehr spielt da mit. Die Kinder kommen aus ihrem alltäglichen Stress heraus, es bemühen sich Therapeutinnen den ganzen Tag um sie, all das garantiert schon eine kurzfristige Besserung. Auch die Eltern sind entspannter, alles das ist natürlich ein „heilsames“ Erlebnis für die Kinder. Doch was der Delfin zusätzlich bringt, ist schwer zu beweisen.
Delfintherapie wissenschaftlich nicht belegt
Ein anhaltender Effekt der Delfintherapie konnte wissenschaftlich nicht belegt werden, die Kritik häuft sich, die Schutzprojekte auch. Dafür müssen betroffene Familien einen horrenden Preis für die Therapie bezahlen. Diese bringt zwar ein intensives, freudiges, aber doch kurzfristiges Erlebnis, und zu Hause ist dann wieder alles wie vorher. Kurzfristige Verbesserungen des Befindens werden berichtet, sind aber nicht eindeutig auf die „Therapie“ durch die Delfine zurückzuführen. Vergleichbare Erfolge können jedenfalls auch durch Therapien mit artgerecht gehaltenen domestizierten Tieren (Hunde, Pferde) erzielt werden. Sie kosten einen Bruchteil der Delfintherapie und können in der Umgebung des Kindes durchgeführt und auch weitergeführt werden. Dadurch werden eine längere Therapie und ein anhaltender Erfolg möglich.
Oft wird auch die Behauptung aufgestellt, dass sich Delfine besonders für kranke Menschen interessieren, das wird durch neue Studien widerlegt. Die Beobachtungen der Delfine während Therapiesituationen zeigen vielmehr, dass die Tiere unter Stress stehen und dass sie sogar versuchen, den Menschen auszuweichen.
Delfine können aggressiv werden
Nicht zu unterschätzen ist das Unfallrisiko für Menschen, die sich auf einen nahen körperlichen Kontakt mit den Delfinen einlassen. Delfine werden immer so friedlich dargestellt, auch das entspricht nicht immer den Tatsachen. Delfine sind Wildtiere, die besonders wenn sie unter Stress stehen, sehr aggressiv werden können. Die Therapie ist somit auch nicht ganz ungefährlich. Berichtet wurden Knochenbrüche, innere Verletzungen, gefährliche Wunden und sogar Todesfälle. Auch die Gefahr der Übertragung von Krankheiten (Pilzerkrankungen, Salmonellen, etc.) kann nicht ausgeschlossen werden.
Gefangen für ein grausames Leben
Fast alle Show- und „Therapie“-Delfine lebten vorher wild und frei im offenen Meer. Sie wurden brutal gefangen und aus ihrem Familienverband herausgerissen. Besonders grausam sind die Treibjagden vor den Küsten Japans.
Viele der für Delfinarien vorgesehenen Tiere sterben schon während des Transports in die Gefangenschaft. Die anderen überleben die Strapazen auch meist traumatisiert und müssen für den Rest ihres Lebens endlose Kreise in engen Betonbecken drehen. Diese Monotonie steht in krassem Gegensatz zu ihrem Leben in freier Wildbahn.
Völlig ungewohnt sind auch die tote Nahrung, die dauernde Anwesenheit von Menschen und der Mangel an Rückzugsmöglichkeiten. All das bedeutet einen enormen Stress für die Tiere. Diese unnatürliche Lebensweise führt zu chronischen Krankheiten, einer geringen Lebenserwartung und einer hohen Jungtiersterblichkeit.
Deklaration gegen Therapien mit Wildtieren
Delphine in Gefangenschaft sind zwar zum Teil gezähmt, aber niemals domestiziert.
Unter dem Patronat der Weltgesundheitsorganisation WHO hat die Weltorganisation der Mensch-Tier-Organisationen IAHAIO 1998 in Prag eine viel beachtete Deklaration verabschiedet. Darin wird gefordert, dass für Therapien mit Tieren strenge Auflagen zu erfüllen sind und einzig und allein domestizierte Tiere verwendet werden dürfen. Sie hat sich damit klar und bewusst von Therapien mit nicht-domestizierten Tieren wie Delfinen distanziert.
Petition für die Delfine
Deshalb hat OceanCare gemeinsam mit anderen Organisationen eine Petition gegen den Neubau von Delfinarien und den Handel mit Delfinen und Walen in Europa initiiert, die am 31. August 2010 den zuständigen Stellen der EU überreicht werden soll.