Fünf Jahre lang litt Yvonne W. (31) an unruhigen Beinen. Die Medikamente, die sie dagegen bekam, hatten starke Nebenwirkungen. Erst eine neue Therapie konnte ihr helfen.
Als Yvonne W. (31) aus Berlin mit ihrem heute 5-jährigen Sohn schwanger war, konnte sie plötzlich nicht mehr ruhig sitzen. „Wenn ich abends vor dem Fernseher saß, begannen meine Beine zu wackeln!“ erinnert sie sich. Selbst nachts hörten die unkontrollierten Bewegungen ihrer Beine nicht auf: „Ich strampelte mir die Decke weg und meine Beine zuckten so heftig, dass sogar mein Mann schon genervt war! So richtig schlafen konnte ich nicht mehr!“ Kein Wunder, dass Yvonne tagsüber immer müde war.
Sie dachte, die Krampfadern seien schuld
Zunächst glaubte die Sachbearbeiterin, ihre Krampfadern wären schuld an den ungewöhnlichen Symptomen. Doch auch nachdem ihr Anfang 2004 die Krampfadern gezogen wurden, hielten die Beschwerden an. „Ich bin dann von Arzt zu Arzt gezogen, aber keiner konnte mir helfen. Noch nicht einmal eine Hirnstrommessung beim Neurologen brachte die richtige Diagnose. Zum Schluss hieß es, ich hätte eine verspätete Wochenbettdepression und bekam Antidepressiva!“ Dabei war ihr Sohn Hendric damals bereits ein halbes Jahr alt! „Kein Wunder, dass die Medikamente nicht anschlugen!“
In einer Frauenzeitschrift las Yvonne kurz darauf über das Krankheitsbild Restless Leg Syndrom, RLS. „Da wurde haargenau beschrieben, was ich hatte, aber ich dachte, ich kann das gar nicht haben, dazu wäre ich noch zu jung!“ Dass Yvonne tatsächlich an RLS litt, kam erst 2007 bei einer weiteren Untersuchung zu Tage: „Ich war ja ständig müde! Daher dachte ein Lungenfacharzt, ich hätte vielleicht nachts Atemprobleme und schickte mich in ein Schlaflabor. Gleich nach der ersten Nacht war den Ärzten dort klar: Mit meiner Atmung war alles okay. Es waren meine zuckenden Beine, die mich nicht zur Ruhe kommen ließen!“ Zum ersten Mal sprach ein Arzt den Verdacht auf RLS aus – vermutlich ausgelöst durch die Hormonumstellung in der Schwangerschaft.
Das Restless Leg Syndrom (RLS)
Bei dem Restless Leg Syndrom (RLS) handelt es sich um eine Nervenerkrankung. Sie äußert sich durch Missempfindungen in den Beinen und den Drang, sie ständig zu bewegen. Die Symptome treten am häufigsten am Abend und in der Nacht auf. Etwa 10 Prozent der Bevölkerung sind davon betroffen, Frauen doppelt so häufig wie Männer.
Die Beschwerden treten immer dann auf, wenn der Körper zur Ruhe kommt, also abends oder nachts. Meist ist es ein Ziehen, Zucken oder Kribbeln in den Beinen, das als sehr unangenehm empfunden wird. Diese Missempfindungen werden erst durch Bewegung erträglich.
Da sich die Beine der Patienten ausgerechnet in Ruhephasen „selbständig“ machen, kommt es zu Schlafstörungen und Schlafmangel. Nach einiger Zeit sind die Betroffenen ständig müde und zermürbt, was zu einer körperlichen und seelischen Erschöpfung führen kann.
Die Ursachen des RLS sind noch nicht geklärt. Wahrscheinlich beruht die Krankheit auf einem Defekt bei der Übertragung von Nervensignalen. Möglich sind genetische Ursachen.
Yvonne konnte erstmals wieder durchschlafen
Nachdem die Ärzte im Schlaflabor RLS vermuteten, gaben sie ihr für die zweite Nacht ein Medikament dagegen. „Es hat sofort angeschlagen und ich habe in dieser Nacht geschlafen wie lange nicht mehr!“ Von nun an bekam Yvonne regelmäßig Medikamente verschrieben, die ihr auch zur ersehnten Nachtruhe verhalfen. „Doch mein Magen rebellierte nach kurzer Zeit und ich bekam unglaubliche Schmerzen. Außerdem nahm ich an Gewicht zu!“ Als die ehemals 73 Kilo schwere Yvonne mit 30 Jahren bereits über 88 Kilo wog, suchte sie im Internet nach Alternativen für die medikamentöse RLS-Behandlung. „Ich wollte diese Tabletten nicht ein Leben lang einnehmen! Außerdem wollen mein Mann und ich noch ein Kind – dazu müsste ich die starken Medikamente ohnehin absetzen!“
Behandlung von RLS nach dem Prinzip der Ohr-Akupunktur
Bisher konnte RLS nur medikamentös behandelt (z.B. mit L-Dopa, Opiaten oder Benzodiazepinen), aber nicht geheilt werden. Doch durch Zufall stieß Yvonne im Internet auf den Berliner Arzt Dr. Bernd Walter. Er behandelt das Restless Leg Syndrom seit etwa zwei Jahren nach den Prinzipien der Ohr-Akupunktur. Dazu implantiert er Titannadeln von der Größe einer Stecknadelspitze in bestimmte Akupunkturpunkte am Ohr. Diese Punkte sind über Hirnnerven mit den sogenannten Basalganglien im Gehirn verbunden, in denen der Neurotransmitter Dopamin produziert wird.
Obwohl die Rolle des Dopamin beim RLS nicht geklärt ist, führt die Reizung dieser Zentren zu einer Besserung oder vollständiger Beschwerdefreiheit der bisher unheilbaren Krankheit. Selbst bei Menschen, bei denen die Therapie zunächst nicht anschlug, führte eine Nachbehandlung mit wenigen Nadeln meistens doch noch zum Erfolg.
Anwendungsbeobachtungen bestätigen deutliche Verbesserungen der Symptome
Im Rahmen einer Anwendungsbeobachtung in der Praxis von Dr. Walter wurden mit dieser Methode rund ein Drittel der Patienten vollständig geheilt, weitere 40 Prozent verzeichneten eine deutliche Besserung der Beschwerden. Über die Hälfte der mit der Nadelimplantation behandelten Patienten konnten ihre Medikamente absetzen.
„Ich habe Anfang 2008 lange mit Dr. Walter telefoniert und mir das Verfahren erklären lassen“, erzählt Yvonne. Doch lange war sie sich nicht schlüssig, ob sie es damit versuchen wollte. „Zum einen zahlt das die Kasse nicht und zum anderen riet mein Neurologe ab.“ Erst ein halbes Jahr später überwog bei Yvonne der Wunsch, es einmal mit den Akupunkturnadeln zu versuchen. „Was hatte ich denn schon zu verlieren? Schaden konnte das Verfahren ja auf keinen Fall!“
Nadelimplantation gegen RLS
Im November 2008 ließ sich Yvonne von Dr. Walter behandeln. „In jedes Ohr hat er zehn Nadeln gesetzt!“ Noch war Yvonne skeptisch, ob ihr das helfen würde. „Als ich am gleichen Abend zu Hause fernsehen wollte, achtete ich ständig auf meine Beine!“ Sonst konnte Yvonne ohne Medikamente keine fünf Minuten lang still sitzen, doch anscheinend war der Spuk vorbei! „Auch in der Nacht blieben meine Beine ruhig.“
Yvonnes Ärzte zeigten sich verdutzt. „Sie meinten, das wäre bestimmt ein Placebo-Effekt!“ Doch auch jetzt, ein halbes Jahr später, hat Yvonne keine Beschwerden. Stattdessen hat sie das Übergewicht, das ihr die Medikamente beschert hatten, abbauen können. „Ich bin so froh, dass ich jetzt keine Tabletten mehr einnehmen muss!“ fasst sie ihre Erfahrungen mit der neuen RLS-Therapie zusammen. „Und spätestens im Sommer will ich wieder schwanger werden!“
Bislang wird die neue Behandlungsmethode nur von ihrem Entdecker, Dr. Walter in Berlin, durchgeführt. Eine Behandlung kostet – je nach verwendeter Nadellänge – um die 1.200 Euro.