In Sachen Buchstadt – Drei Göttinger Verlagshäuser stellen sich vor. Vertreter von drei Verlagen geben Auskunft über ihr Leben und Arbeiten mit Büchern. Die Buchbranche einer kleinen Universitätsstadt: Fakten, Wünsche, Perspektiven.
Die Vertreter von drei Verlagen, die am 23. Juni 2008 ins Literarische Zentrum gekommen waren, um sich mit dem Redakteur Peter Krüger-Lenz über Göttingen als Buchstadt auszutauschen, sind dem Zentrum eng verbunden: Der Steidl-Verlag, vertreten durch Carola Müller, war an der Gründung des Zentrums beteiligt, Verleger Thedel von Wallmoden vom Wallstein-Verlag gehört dem Vorstand an und das Traditionhaus Vandenhoeck & Ruprecht, vertreten durch seine Geschäftsführerin Claudia Glenewinkel, gehört zu den Dauerförderern der Einrichtung.
Fakten zu Göttinger Verlagen
Zunächst erfuhren die Zuhörer einige interessante Fakten: Vandenhoeck & Ruprecht besteht seit 273 Jahren, das Unternehmen wurde also noch vor der Universität gegründet, um die Lehrenden und Studierenden mit Literatur zu versorgen. Steidl verlegt nicht nur Günter Grass, sondern ist auch der größte Kunstbuch-Verlag im deutschen Sprachraum und der größte Fotobuch-Verlag der Welt. Mit nahezu 600 Beschäftigten ist die Buchbranche nach der Universität und der Feinmesstechnik der drittgrößte Arbeitgeber in Göttingen. Weibliche Beschäftigte sind überproportional vertreten, viele von ihnen in Teilzeit. Hier sind im letzten Jahr fast 1.600 Bücher neu erschienen, so dass Göttingen zu den 10 bis 15 bedeutendsten Buchstädten in Deutschland zählt.
Die Öffentlichkeit nimmt die Büchermacher kaum wahr
Erstaunlich, dass die Verlagshäuser dennoch im öffentlichen Bewusstsein fast nicht präsent sind. Kaum jemand weiß, wo sie zu finden sind und welche Werke sie in die Welt hinaussenden. Das wurde zum einen darauf zurückgeführt, dass das Gegenstand selbst, das Buch, Stille und Zurückhaltung erfordert, sich nicht zur lauten Publicity eignet. Zum anderen gibt es zwar hier ein reichhaltiges Biotop interessierter Menschen, aber bisher keinen Ort, an dem die heimische Buchproduktion öffentlich zugänglich, sicht- und anfassbar präsentiert werden kann. Zu diesem Zweck wären die Buchhandlungen geeignet, die den Raum für solche Präsentationen bereitstellen könnten.
Das Produkt Buch vereinigt Geist und Handwerk
Wie es bei der Veranstaltungsreihe „In Sachen“ Tradition ist, hatte jeder der Geladenen einen persönlichen Gegenstand mitgebracht, der mit seiner Tätigkeit verbunden ist: Claudia Müller packte einen Bleisatz aus den 90er Jahren aus, der ihr die Verbindung von geistigem Inhalt und handwerklich geglückter Form symbolisiert, die das Buch ausmacht, auch wenn die Bücher inzwischen nicht mehr in Blei, sondern am Computer gesetzt werden. Thedel von Wallmoden präsentierte einen Fadenzähler, eine starke Lupe mit Mess-Skala, mit der man die Qualität eines Drucks im Detail betrachten kann. „Genau hinschauen“, das sei das Wichtigste bei seiner Arbeit. Carola Müller brachte ein Lesezeichen mit, das ihr ihre Tochter gebastelt hatte, noch bevor sie selber lesen konnte – für sie ein Zeichen für das Begehren, für die Leidenschaft zum Buch, die in den Kindern schon sehr früh geweckt werden sollte.
Sozialprestige hoch – Einkommen gering
Die Realität der Buchbranche wurde so umrissen: Hier klaffen hohes Sozialprestige und geringes Einkommen der Beschäftigten weit auseinander. Nur mit großem persönlichem Idealismus lässt sich das Geschäft des Büchermachens erfolgreich betreiben. In den neuen Vermittlungsformen (Hörbücher, Internet, Lesegeräte) sehen die Verlagsleute keine Bedrohung, sondern eine zeitgemäße Ergänzung zum gedruckten Buch, das sie auch in Zukunft nicht verdrängen werden. Etwas Schönes in der Hand halten und überall hin mitnehmen zu können, das lässt sich eben durch kein anderes Medium ersetzen.