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Das Anti-Müller-Hormon weist den Weg

Über 40: Wenn man trotz Babywunsch nicht mehr schwanger wird

Viele kinderlose Frauen über 40 wünschen sich nichts sehnlicher als noch Mutter zu werden. Was die wenigsten wissen: Es gibt ein Hormon, das ihre Fruchtbarkeit anzeigt.

Im Leben von Marina O. (Name von der Redaktion geändert) hat bisher eigentlich alles ziemlich gut geklappt. Nach dem Abitur hat sie Wirtschaftswissenschaften studiert und schnell einen Job gefunden, der ihr viel Freude bereitet. Seit vielen Jahren ist sie für ein großes Softwareunternehmen im süddeutschen Raum tätig. Sie ist viel unterwegs, verdient gut, ihre Altersvorsorge ist perfekt abgesichert. Sie hat einiges Geld „auf die hohe Kante“ gelegt und leistet sich pro Jahr mindestens zwei Urlaube. Seit dem Jahr 2003 ist sie glücklich verheiratet.

Mit 35 Jahren ist sie in den Hafen der Ehe eingefahren; heute ist sie 42 Jahre alt. Bei der Hochzeit waren sie und Ehemann Stefan (44) sich einig, dass sie das Leben erstmal noch genießen wollten. Mehrere Jahre reisten sie gemeinsam durch die Welt. „Doch irgendwann war da das Gefühl, dass ein Kind in unserem Leben fehlt“, erzählt Marina O. Sie weiß es noch ganz genau: Es war der Tag ihres 40. Geburtstags, als sie sich fragte: „Will ich immer so weiter machen? Mit dem Job, den Reisen? Oder gibt es da noch etwas anderes im Leben?“ Sie führte lange Gespräche mit ihrem Mann, ihren Eltern und einigen guten Freunden. Am Ende stand für sie und Stefan fest: „Wir wollen ein Kind!“ Doch heute weiß sie: Wenn das mit über 40 so einfach wäre. Seit zwei Jahren versucht sie verzweifelt, schwanger zu werden. Doch es will partout nicht klappen. Jetzt hat sie es ganz aufgegeben.

Ärztin diagnostiziert niedriges AMH

Ihr Frauenarzt hat sie an ein Kinderwunschzentrum in ihrer Heimatstadt überwiesen. Dort wurde sie eingehend untersucht. Dabei stellte sich heraus: Marina ist rundum gesund und topfit. Doch ein Wert ließ ihre Gynäkologin aufhorchen: Und zwar der des so genannten AMH, des „Anti-Müller-Hormons“. Marinas Wert liegt bei 0,2 ng/ml. Das ist laut Marinas Gynäkologin sehr, sehr niedrig. Bei der geschlechtsreifen Frau wird AMH in den Granulosazellen heranwachsender Follikel im Eierstock produziert. Zwischen dem AMH-Spiegel und der Anzahl reifungsfähiger Eizellen besteht ein direkter Zusammenhang. Ärzte können heutzutage anhand des AMH diagnostizieren, wie groß die Chance einer älteren Frau ist, noch schwanger werden zu können. Durch das AMH kann der Arzt eine Aussage über die Funktion der Eierstöcke einer Frau treffen. Mit zunehmendem Alter sinkt der AMH-Spiegel der Frau entsprechend ihrem schwindenden Vorrat an Reserven im Eierstock ab.

Künstliche Befruchtung – ja oder nein?

Bis zum Alter von etwa 30 Jahren verfügt eine gesunde Frau über einen hohen gleichbleibenden AMH-Wert. Nach dem 30. Lebensjahr fällt der Spiegel jedoch stetig auf nicht mehr messbare Werte während der Wechseljahre ab. Marinas AMH-Wert ist zu niedrig, als dass sie noch eine Chance hätte, auf natürlichem Wege schwanger zu werden. Davon ist Marinas Gynäkologin überzeugt. So stehen Marina und Stefan nun vor der Frage der künstlichen Befruchtung (In-Vitro-Fertilisation).

Marina weiß: Die künstliche Befruchtung bedeutet eine starke gesundheitliche und seelische Belastung. Erst die hormonelle Stimulation mit wochenlangen Hormonspritzen, dann die Gewinnung ihrer Eizellen, die extern im Reagenzglas mit dem Samen ihres Mannes befruchtet werden. Dies ist mit einem Eingriff in ihren Körper verbunden. Bei der Befruchtung im Reagenzglas ist keineswegs gesichert, dass auch wirklich „überlebensfähige“ Embryos entstehen, die man der Frau einsetzen könnte. Und selbst wenn – ob sich der Embryo nachher auch in der Gebärmutter einnistet, steht auf einem ganz anderen Blatt. Oft dachte eine Frau schon, dass sie schwanger sei. Nach kurzer Zeit jedoch wurde der Embryo von ihrem Körper wieder abgestoßen. Passiert ist das erst vor wenigen Monaten der franko-kanadischen Sängern Celine Dion, die ihre Schwangerschaft bereits öffentlich bekannt gegeben hatte – und kurze Zeit später eingestehen musste, dass sie sich zu früh gefreut hatte.

Kinderlos bleiben

Extrem niedrige AMH-Werte, wie bei Marina der Fall, lassen auch die Chancen einer künstlichen Befruchtung sinken. Das heißt zwar nicht, dass man es nicht versuchen sollte. Allerdings: Bei einem AMH-Wert unterhalb der Nachweisgrenze von 0,1 ng/ml ist eine In-Vitro-Fertilisationsbehandlung laut einer Studie nicht mehr sinnvoll, da die Eierstöcke zu erschöpft sind. Marina rät nach ihren Erfahrungen: „Man kann nur an die Frauen appellieren, dass sie rechtzeitig entscheiden, ob sie ein Kind haben wollen oder nicht“. Sie selbst hat sich dazu entschlossen, als kinderlose Frau durchs Leben zu gehen. Bei dem Gedanken, keine eigenen Kinder zu haben, ist sie allerdings sehr traurig.