Glucosamin-Hydrochlorid & Chondroitin-Sulfat bieten keinen Schutz. GAIT-Zusatz-Studie: Eine Nahrungsergänzung mit Glukosamin und/oder Chondroitin schützt den Gelenkknorpel nicht besser vor degenerativen Prozessen als ein Scheinpräparat.
Den Abbauprozess des Knorpels verhindern zu können, dies wäre das erste Ziel einer jeden Arthrose-Therapie und scheint momentan noch ein therapeutischer Wunschtraum zu sein. Viele Arthrose-Patienten hoffen durch eine Nahrungsergänzung mit den so genannten Chondroprotektiva Glucosamin-Hydrochlorid und Chondroitin-Sulfat die degenerativen Prozesse im Gelenk verhindern zu können – die Substanzen Chondroitin und Glucosamin sind Bestandteile des Gelenkknorpels. Die Hoffnung vieler Arthrose-Patienten wurde durch die 2006 veröffentlichte erste GAIT-Studie ernüchtert: Scheinpräparate wirkten genauso gut gegen Arthrose-Schmerzen und Beschwerden am Gelenk. Eine signifikante Verbesserung zeigte sich scheinbar nur für eine Untergruppe der Studienteilnehmer, bei Arthrose-Patienten mit mittelschweren bis schweren Schmerzen. Da nicht schlüssig war, wieso nur diese beiden Untergruppen der Patienten von der Präparate-Kombination Chondroitin und Glucosamin profitierten, wurden 572 Arthrose-Patienten aus diesen beiden Gruppen zu einer 18-monatigen Anschlussstudie eingeladen.
GAIT-Zusatz-Studie – Osteophyten & Gelenkspalt
Dr. Allen D. Sawitzke von der University of Utah School of Medicine und seine Mitarbeiter untersuchten im Rahmen der GAIT-Zusatz-Studie die Daten von 572 Arthrose-Patienten, insgesamt 581 Knie. Die Patienten zeigten radiologische Veränderungen vom Grad zwei oder drei nach dem so genannten Kellgren/Lawrence-Score (KL-Score), der auch von der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und orthopädische Chirurgie zur Klassifikation empfohlen wird. Radiologische Zeichen der Arthrose können im Frühstadium fehlen: Bei einem KL-Score von zwei sind jedoch im Röntgenbild Osteophyten erkennbar: hier bildet sich „Knochengewächs“ neu, welches die Beweglichkeit einschränken kann. Beim KL-Score von drei liegt zusätzlich noch eine Verschmälerung des Gelenkspaltes vor. Nach den Studienkriterien musste diese mindestens zwei Millimeter betragen.
Placebo, Celecoxib, Chondroitin & Glucosamin
Jeder der Studienteilnehmer des Glucosamine/Chondroitin Arthritis Intervention Trials erhielt nach einer zufälligen Auswahl als Nahrungsergänzung über eine Dauer von 18 Monaten täglich entweder:
- dreimal 500 Milligramm Glucosamin-Hydrochlorid,
- dreimal 400 Milligramm Chondroitin-Sulfat,
- dreimal 500 Milligramm Glucosamin-Hydrochlorid und 400 Milligramm Chondroitin-Sulfat,
- 200 Milligramm Celecoxib
- oder ein Scheinpräparat (Placebo).
Das auch in Deutschland zugelassene Medikament Celecoxib diente in der GAIT-Studie quasi als aktive Kontrolle. Da es als so genannter selektiver COX-2-Hemmstoff nur die Entzündung hemmt, sollte es nicht den Abbau des Knorpels aufhalten, nur Schmerzen lindern.
Placebo oder Präparat – keine signifikanten Unterschiede
Die fünf Studienarme wurden statistisch ausgewertet: Zwischen den fünf Gruppen gab es keine signifikanten Unterschiede. Nahmen die Patienten Celecoxib ein, schmälerte sich der Gelenkspalt durchschnittlich um 0,111 Millimeter, in der Placebo-Kontrolle um 0,166 Millimeter. In der Chondroitin-Gruppe verschmälerte sich der Gelenkspalt nur um 0,013 Millimeter, dies war jedoch statistisch nicht signifikant. Bekamen die Studienteilnehmer Chondroitin und Glucosamin in Kombination, stieg die Schmälerung auf 0,194 Millimeter über den Placebo-Wert, Chondroitin alleine konnte die Arthrose auch nicht stoppen (0,107 Millimeter).
Ein Hoffnungsstrahl durch den Gelenkspalt?
Die erste GAIT-Studie zeigte, dass Chondroitin und Glucosamin alleine oder in Kombination nicht den Schmerz im Arthrose-Patienten-Kollektiv gegenüber dem Scheinpräparat lindern kann, ähnliches gilt auch für homöopathische Heilmittel. Nur die Untergruppe der Arthrose-Patienten der Zusatzstudie mit mittelschweren bis schweren Schmerzen profitierte scheinbar von der Kombination aus Chondroitin und Glucosamin. Gerade diese Patienten weisen jedoch mit 0,194 Millimeter die stärkste Schmälerung des Gelenkspaltes auf. Trotzdem ist nach Ansicht der Autoren die Therapie nicht endgültig widerlegt: Normalerweise sollte nämlich mit Scheinpräparaten eine wesentlich höhere Verschmälerung des Gelenkspaltes auftreten – 0,4 Millimeter hatte man erwartet, nur 0,166 Millimeter beobachtet. Nur deshalb, so mutmaßen die Autoren, sei der Unterschied zu Chondroitin und Glucosamin nicht signifikant. Dann müsste aber auch das Medikament Celecoxib schwächer wirken, wenn man dieser Logik folgt: Es lindert normalerweise nur Schmerzen, und sollte nicht den Abbauprozess des Knorpels aufhalten können – Arthrose-Patienten dürfen auf weitere Studien gespannt sein.