Das Burnout-Syndrom ist keine Modekrankheit – sie kann zur Volkserkrankung werden, denn der Leistungsdruck nimmt in Beruf und Gesellschaft immer mehr zu.
Aufgrund des erhöhten Leistungsdrucks der heutigen Gesellschaft passt sich der menschliche Organismus den alltäglichen Anforderungen an, interpretiert diese individuell, stellt darauf sein vegetatives Nervensystem ein und passt die hormonellen Vorgänge an. Daraus entsteht eine dauerhafte “Habacht”-Stellung,. Aus dieser permanenten Anspannungsfähigkeit resultiert die Leistungsbereitschaft, die wiederum notwendig ist, den Anforderungen heutzutage gerecht zu werden. Die persönliche Sicht des Loslassens, des Erholens und die damit verbundene Fähigkeit zur Regeneration geraten immer mehr zur Nebensächlichkeit, bis sie schließlich völlig außer acht gelassen werden. Das Verhältnis zwischen An- und Entspannung verschiebt sich zu Gunsten des Leistungsniveaus und wird somit zur Normalität – die auf Dauer gesehen jedoch krank macht, denn der Erschöpfungszustand des Körpers ist nur noch eine Frage der Zeit. So nimmt das Burnout-Syndrom schleichend seinen Lauf.
Der Teufelskreis des Burnout-Syndroms
Die hormonelle “Neuausrichtung” fördert die ständige Aktivierung leistungssteigernder Hormone (Adrenalin, Noradrenalin, Cortisol), wobei sich bei Fortschreiten des Burnout-Syndroms die Produktion verringert – Unlust und Antriebsarmut stellen sich ein.
Durch die hohe Leistungsanforderung ändert sich die Stoffwechsellage, d.h. Energie wird vermehrt aus Kohlenhydrate gewonnen wodurch , daraus entstehen v. a. katabole (abbauende) Prozesse, was den Baustoffbedarf enorm erhöht und über die Cholesterinwerte deutlich gemacht wird. Diese eigentlich für Notfallsituationen vorgesehenen Mechanismen werden zum Dauerzustand.
Die Bauchspeicheldrüse wird mehr belastet, die Insulinproduktion steigt, was über Jahre zur Insulinresistenz wie beim Diabetes führen kann. Im Gegenzug wird die Produktion der entspannungs- und schlaffördernden Hormone wie Serotonin und Melatonin stark eingeschränkt. So zieht das Burnout-Syndrom seine Kreise, nimmt nach und nach alle Organe ein, bis der Körper restlos erschöpft ist.
Neurologische Anpassungserscheinungen des Körpers sind ein erhöhter Grundtonus der Muskulatur, Verdauungsstörungen und Sexualitätsprobleme. Magnesiummangel tritt in Folge der erhöhten Energieanforderung auf und Kaliumfehldisposition führt zur herabgesetzten Zellregeneration.
Sind die Ressourcen schlussendlich aufgebraucht, kann der Körper den Anforderungen nicht mehr gerecht werden, das Gefühl, ausgebrannt zu sein, macht sich breit. Angst der Überforderung überkommt den Menschen und aufgrund der hormonellen Situation kommt es zu einem depressiven Zustand, die Folge eines Burnout-Syndroms.
Die Harvard School of Public Health geht davon aus, dass Depressionen im Rahmen chronischer Erkrankungen bis 2020 den zweiten Platz hinter den koronaren Erkrankungen einnehmen werden, während sie 1990 noch auf dem vierten Platz lagen.
Auswirkungen der Anpassungsreaktionen
Die ständig gelieferten hormonellen und neurologischen “Informationspakete” und die daraus resultierenden Mechanismen werden im Hirnstamm gespeichert. Es erfolgt eine Anpassung an die permanente Leistungsbereitschaft des Körpers beim Burnout-Syndrom, d.h. die Muskulatur, Drüsen und Organe werden auf die Anforderungen eingestellt. Aufgrund der dauerhaften Beanspruchung der Muskulatur (ständig unter Spannung) und der Organe (erhöhter Blutdruck, flache Atmung, Verdauungsstörungen, Magen-Darm-Geschwüre, Reizdarmsyndrom, Infektanfälligkeit) verändert sich schließlich die Körperhaltung. Muskuläre Dysbalancen und Gelenkfehlstellungen, deren Folge Entzündungen oder unphysiologische Abnutzungserscheinungen sind, machen sich am Bewegungsapparat bemerkbar.
Durchbrechen der Bewegungsmuster
Um aus dem antrainierten Bewegungsmuster der ständigen Anspannung beim Burnout-Syndrom auszubrechen, reicht es nicht einfach, ein Kraft- und Ausdauertraining zu absolvieren, denn die erzielte Leistungssteigerung würde in denselben angepassten Informationsbahnen im Hirnstamm ablaufen, d.h. Muskulatur und Organe, die aufgrund der täglichen Anforderungen sowieso schon maximalkräftig beansprucht sind, werden dahingehend noch weiter trainiert. Somit bleibt alles beim Alten, nur auf höherem Kraft- und Ausdauerniveau.
Unterstützende Hilfe aus dem Burnout
Um aus dem Kreislauf des Verspannungsmusters zu entkommen, muss der Körper erst einmal wieder umprogrammiert werden, d.h. neben der Neuordnung des Lebensalltags ist es wichtig, die im Hirnstamm angepassten Bewegungsmuster neu auszurichten. Der Körper des Bournout-Erkrankten, v.a. die Muskulatur, muss lernen, sich wieder zu entspannen. Für die angespannte Muskulatur ist es elementar, über Bewegung eine verbesserte Entspannungsfähigkeit zu signalisieren. Dabei spielt Dehnung eine wichtige Rolle. Die Bewegungsausführung wird nach der Anspannung harmonischer, die Durchblutung verbessert und nachfolgend die Regenerationsfähigkeit der Zellen gesteigert. Organe und Drüsen können wieder besser zwischen angespannten und entspannten Impulsen unterscheiden und werden somit wieder an ihre natürliche Aufgabenanforderung herangeführt.
Darauf aufbauend sind die koordinativen Bewegungsabläufe unbedingt zu trainieren. Hierbei sind v.a. die beugenden und streckenden Informationen wichtig, um die Körperhaltung des Burnout-Kranken aufzurichten. Auch sie spielt eine große Rolle für die Organe, z.B. für die Lunge, um die Atmung zu vertiefen, daraus folgt eine verbesserte Sauerstoffzufuhr.
Nach Verinnerlichung von ausgiebigen Dehnungsprogrammen und Koordinationstraining kann mit Kraft und Ausdauer begonnen werden, um die energetischen Ressourcen auf der Basis eines neuen Bewegungsmusters zu trainieren.
Ohne das Durchbrechen der sich durch Leistungsdruck angeeigneten Verhaltensmuster durch die Umstellung des Alltags, Entspannungsfähigkeit und Koordination, ist der Weg aus der Burnout-Situation erschwert, im Gegenzug kann richtiges Trainieren unterstützend positiv wirken.