Neue Hoffnung für Brustkrebs-Patientinnen: eine Therapie, bei der während der Operation nur einmalig bestrahlt wird. Chemotherapie ist nicht nötig.
Die Brustkrebs-Diagnose trifft jährlich in Deutschland rund 60.000 Frauen. Nicht nur die damit verbundene Angst ist eine große Belastung, auch die Behandlung: Auf die Operation folgen Chemotherapie und Bestrahlung mit all den bekannten Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Haarausfall.
Für wen ist die Kurzzeit-Therapie geeignet?
Für viele Frauen, die mit der Diagnose konfrontiert werden, gibt es jetzt eine neue Therapiemöglichkeit. In neun Ländern und 28 Brustkrebszentren wurden insgesamt 2232 Patientinnen für eine Studie gewonnen. Auch der bekannte Gynäkologe und Brustkrebs-Spezialist Prof. Wolfgang Eiermann von der Frauenklinik des Roten Kreuzes in München war mit vielen seiner Patientinnen an der Studie („TARGIT-A“) beteiligt.
Teilnehmen konnten nur Frauen, deren Tumor nicht größer als zwei Zentimeter war und der nicht schon Absiedelungen (Metastasen) gebildet hatte. Außerdem wichtig: Die betroffene Patientin musste die Wechseljahre schon hinter sich haben – es musste also eine gewisse „hormonelle Ruhe“ gewährleistet sein.
Die Brust bleibt erhalten
Bei der Operation wird der bösartige Tumor und zur Sicherheit rund um ihn etwas gesundes Gewebe herausgenommen. Noch auf dem OP-Tisch wird bei der Patientin ein kugelförmiges Bestrahlungsgerät direkt in die Wundhöhle eingeführt, sodass das Gewebe aus nächster Nähe bestrahlt werden kann. Diese Bestrahlung dauert knapp 40 Minuten. Da die Patientin sich noch in Narkose befindet, bekommt sie von dieser ganzen Prozedur nichts mit.
Die Bestrahlung direkt in der Wundhöhle soll bewirken, dass eventuell nicht entfernte Tumorzellen abgetötet werden. Der Hintergrund: Aus Erfahrung wissen die Ärzte, dass Rückfälle (Rezidive) sich fast immer da entwickeln, wo der erste Tumor gesessen hat.
Ein großer Vorteil dieser Operationsmethode: Die Brust bleibt erhalten.
Vorteile der gezielten Bestrahlung
In der bislang längsten Brustkrebsstudie, die an mehreren medizinischen Zentren durchgeführt worden ist, wollte man herausfinden, ob Patientinnen mit Brustkrebs im Frühstadium von solch einer gezielten Einmalbestrahlung gleich im Anschluss an die Tumorentfernung genauso profitieren wie die Brustkrebs-Patientinnen, die mit der herkömmlichen sechswöchigen externen Strahlentherapie behandelt werden.
Die Ergebnisse stimmen alle Studienteilnehmer optimistisch. Vielen behandelten Frauen hat diese Methode geholfen.
Die Vorteile für die Patientinnen sind beachtlich: Eine Chemotherapie mit all ihren gefürchteten Nebenwirkungen entfällt ebenso wie die langwierige und belastende äußere Bestrahlung nach der Operation.
Weiterer Vorteil: Diese Therapie – also Operation, Tumorentfernung, die Entfernung von „Wächter-Lymphknoten“ und die intra-operative Bestrahlung – kann man in einem Tag, also im Grunde auch ambulant durchführen.
Was versteht man unter Wächter-Lymphknoten?
Über das Lymphsystem können bösartige Zellen in andere Gewebe wandern, sich dort ansiedeln und vermehren. So entstehen die gefürchteten Metastasen. Man sagt auch: Der Tumor hat „gestreut“. Die sogenannten Wächterlymphknoten sind die ersten Stationen, an der sich verschleppte Krebszellen absiedeln. Wenn es um einen Tumor im Brustdrüsengewebe geht, dann sitzen die entsprechenden Wächterlymphknoten in der Achselhöhle.
Viele Jahrzehnte hat man bei einer Brustkrebs-Operation sicherheitshalber möglichst viele Lymphknoten aus der Achsel entfernt. Heute geht man schonender vor und entnimmt nur ganz bestimmte Lymphknoten, eben die Wächterlymphknoten. Von diesen weiß man: Sind hier keine Krebszellen zu finden, ist die Wahrscheinlichkeit, dass andere Lymphknoten befallen sind, relativ gering.
Warum kommt diese Methode nicht für alle in Frage?
Die neue Kurzzeit-Behandlung bei Brustkrebs kommt nur bei Patientinnen in Frage, die noch keine Metastasen haben und deren Hormonhaushalt bereits den Wechsel hinter sich hat. Die Gründe: Wenn der Tumor bereits gestreut hat, kommt man nicht ohne Chemotherapie aus. Da Östrogen in vielen Fällen das Tumorwachstum stimuliert, muss bei Frauen vor den Wechseljahren sehr individuell entschieden werden, welchen Behandlungsweg man beschreitet.